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„Hallo Frau Nachbar“

Ein Tag der Feste: Vom Kulturflohmarkt „FlohZinn“ über den Nachbarschaftsmarkt „Hallo Frau Nachbar“ zum „Holsten Brauereifest“.

Startschuss für den Nachbarschaftsmarkt in den Schanzenhöfen: Das Team von Hallo Frau Nachbar schmückt von Mai bis September jeden ersten Sonntag im Monat die Backsteingebäude mit bunten Fähnchen und lokale Anbieter bauen ihre Waren auf. Der Markt ist eine Plattform für Selbstgemachtes und Handgefertigtes sowie Treffpunkt zum Frühstücken, Kaffeetrinken, Mittagessen, für Kinderspiele oder einen Klönschnack mit den Nachbarn.

Ab 12 Uhr hört man vom Brauereigelände an der Holstenstraße Musik herüberschallen. Beim 5. Holsten Brauereifest spielen am 2. und 3. Mai viele Bands, unter anderem Stefan Gwildis & Band sowie Caught Indie Act. Der Eintritt ist frei.

Südlich der Elbe ist auch derbe was los. In den Hallen und auf dem Hof der Wilhelmsburger Zinnwerke wird beim FlohZinn von 9 bis 17 Uhr gefeilscht, gespielt und geschmaust. Der Comicbus ist vor Ort, es gibt einen DJ- und Seemannsgarn-Battle. Außerdem spielt Tornado Rosenberg Gitarre und das Team der Kaffeeklappe von Volker von Witzleben backt wieder vieeeel Kuchen.

 

„Hoppla, wir leben!“

Die Hansestadt im Film: Im Abaton stellt Joachim Paschen seine filmische Zeitreise ins erste Hamburger Nachkriegsjahr vor.

Vor genau 70 Jahren, am 3. Mai 1945, war der Krieg in Hamburg vorbei. Die „Festung Hamburg“ kapitulierte und ergab sich der britischen Armee. Hoppla, wir leben!, ist das Motto einer filmischen Zeitreise in das Hamburg vor 70 Jahren, die das Abaton-Kino zeigt. Die Kurzfilme und Wochenschauen, entstanden unmittelbar nach Kriegsende, zeigen eine schwer zerstörte Stadt, in der sich langsam neue Aktivitäten regen. Joachim Paschen vom Film- und Fernsehmuseum Hamburg hat diese Collage von Bildern, Plakaten, Radiosendungen und Filmausschnitten zusammengestellt und führt in der Matinee durch das Programm, das in eindrucksvollen Bildern an das Ende des Krieges und den wirtschaftlichen und kulturellen Neubeginn in der Hansestadt erinnert.

 

Hamburg im Film

Im Abaton laufen Kurzfilme, die Hamburg vor 70 Jahren zeigen, kurz nach Ende des Weltkrieges. Zum Programm gehören auch Bilder und Plakate.

„Hoppla, wir leben!“ ist das Motto einer filmischen Zeitreise in das Hamburg vor 70 Jahren. Werfen wir einen Blick zurück: Der Weltkrieg war vorbei, die halbe Stadt lag in Schutt und Asche. Nun hieß, es neu anzufangen, Hamburg und das eigene Leben wieder aufzubauen. Im Abaton werden eine Reihe an filmischen Zeitdokumenten gezeigt. Die Kurzfilme und Wochenschauen, entstanden unmittelbar nach Kriegsende, zeigen eine schwer zerstörte Stadt, in der sich neue Aktivitäten regen, nachdem am 3. Mai 1945 die „Festung Hamburg“ kapituliert und sich den britischen Befreiern ergeben hat. Ein Rahmenprogramm aus Bildern, Plakaten und Radiosendungen komplettiert das Historienstück zum wirtschaftlichen und kulturellen Neubeginn in der Hansestadt. Zur Matinee kommt Jochen Paschen vom Film- und Fernsehmuseum Hamburg, er führt durch den Abend.

 

MC Melodee

Erst Amsterdam und dann der Rest der Welt: Die junge Holländerin mischt den Mojo Club mit ’90s Rap und jeder Menge Mic-Power auf.

Bescheiden ist sie nicht: In der Künstlerbio von MC Melodee heißt es trocken, sie sei die „heißeste europäsiche Frau am Mic“ geworden, nachdem sie 2007 ihr erstes Album auf dem japanischen Label Handcuts aufgenommen hatte. Sicher ist: Sie will es wissen! Als Frontfrau der Hip-Hop-Truppe La Melodia ist sie an der Seite von Oh No, Guilty Simpson, Percee P and DJ Romes durch Europa getourt. Danach blieb ihr Ruf auch international nicht ungehört. Nach dem Motto „Erst Amsterdam und dann die ganze Welt“ wagte die Holländerin den großen Sprung. Und landete komfortabel, unter anderem bei Q-Tip & Rich Medina’s Night Open at Santos Party House in den USA, danach auch in Japan, Afrika und Indonesien.

Mit dem Producer Cookin’ Soul verwirklichte sie mit dem Mixtape Check Out Melodee (2012) ein erstes Solo-Projekt. Es folgten weitere Alben, EPs, Collaborations, darunter mit Bootie Brown von The Pharcyde, Oh no, Chuck Inglish und Smiff n Wessum – um ein bisschen Namedropping zu betreiben; auf jeden Fall handfeste MCs. Stilistisch fühlt sie sich dabei eher im Rap der 1990er zu Hause als im Hier und Jetzt mit seinen ausgefeilten Sample-Fragmenten. Nun ist sie mal wieder in Europa und beehrt uns in Hamburg. Zusammen mit Resident Renegades of Jazz gibt’s im Mojo von ihr ordentlich was auf die Ohren.

Text: Nik Antoniadis

 

ByteFM Tanzclub

Von Evergreens bis Neverseens: ByteFM lädt mit gewohnt farbenfrohem Programm zu einer langen Nacht an Bord der MS Stubnitz.

Von Afrobeat bis Roots Reggae, von Punkrock bis Doo Wop: Seit Jahren liefert der preisgekrönte Hamburger Radiosender ByteFM aus dem Bunker in der Feldstraße frei Haus Pralinen für die Ohren, frisch gebacken von ein paar Dutzend handverlesenen Konditoren, Musikkennern, Musikmachern und Musikliebhabern. Zwei von ihnen, Marcus Maack (der, wenn er nicht gerade Software entwickelt, als Mitglied der WobWob!-Crew Dancehall-DJs an die Elbe holt) und Sebastian Hampf (der musikalisch für jede Schweinerei zu haben ist, solange sie groovt), begeben sich am 2. Mai als Botschafter des Senders an Bord der MS Stubnitz, und mit ihnen kommt der ByteFM Tanzclub. Im Plattenköfferchen haben sie alles von Evergreens bis Neverseens. Alles tanzbar. Alles ByteFM.

Text: Nik Antoniadis

 

Gefundenes Fressen

Samy Deluxe mc-fiziert das Karoviertel: In seinem neuen Restaurant gibt es jede Menge Saftiges vom Grill, auch vegetarisch. Zeit für einen Test

Der Hamburger Rapper Samy Deluxe sorgt für Beef im Karoviertel. Im übertragenen wie im wörtlichen Sinn: Einerseits kommt in seinem neuen Restaurant Gefundenes Fressen das Rindfleisch genauso wie Hühnchen, Lamm und Schwein direkt vom Grill auf die Teller und an die Spieße. Andererseits hat das BBQ Deluxe-Lokal auch für verstärkte Hipster-Angst gesorgt. Er werde aber das Viertel sicher nicht gentrifizieren, kontert der Rapper in seinem Onetakewonder-Videoclip, das er zur Eröffnung herausgebracht hat, „höchstens mc-fizieren“. Naja, mal sehen. Wobei – die hippen People sind ja längst da, jetzt sitzen sie eben auch im Gefundenen Fressen. Das tut dem Menü keinen Abbruch, es gibt jede Menge Feines vom Grill wie den Bratwurst-Wrap mit hausgemachter Bratwurst, gegrillter Zucchini und Paprika, Salatblättern, Wiesenkräutern und feinem Senftopping; außerdem verschiedene Veggie-Varianten. Wer abends kommen will, sollte sicherheitshalber vorbestellen. Aber auch der Mittagstisch lohnt sich; da gibt’s auf jeden Fall Beef, aber keinen Stress mit Sitzplätzen.

Text: Julia Braune

 

„Willkommen auf Deutsch“

Immobilienpreise und Asylbewerber: Der Dokumentarfilm im 3001 Kino zeigt den ernüchternden Alltag deutscher Flüchtlingspolitik.

Die Formalien zum Film sagen eigentlich schon alles: „Deutschland 2014, verschiedene Sprachen mit Untertiteln“. Der Film spielt in zwei gutbürgerlichen Gemeinden im Landkreis Harburg. Einfamilienhäuser, Kuhwiesen, überschaubare Fleckchen, die stellvertretend für viele andere Gemeinden stehen. 295, um genau zu sein. So viele Landkreise nehmen in Deutschland die zunehmende Zahl an Asylbewerbern auf.

Die beiden Dokumentarfilmer Carsten Rau und Hauke Wendler sind ein Jahr lang den Einwohnern, den Flüchtlingen und auch dem Bereichsleiter der Landkreisverwaltung gefolgt, um fern von moralinsauren Diskursen den Alltag deutscher Flüchtlingspolitik zu beleuchten. Was passiert, wenn plötzlich Flüchtlinge in der Nachbarschaft untergebracht werden? Warum machen sich Anwohner Sorgen um das Wohl ihrer Töchter und den Wert ihrer Grundstücke? Warum haben sie nichts gegen „Ausländer“, gründen aber eine Bürgerinitiative gegen das Flüchtlingsheim?

Das 3001 Kino zeigt Willkommen auf Deutsch, einen Film, der uns nahegeht, den Kopf schütteln lässt, aber auch durchaus komisch ist und einen versöhnlichen Ton anschlägt, wenn es um einen Kurswechsel in der Flüchtlingspolitik geht: Es ist schwer, aber machbar.

Text: Nik Antoniadis

Willkommen auf Deutsch, Trailer DT from PIER 53 Filmproduktion on Vimeo.

 

„Soulvillage #01“

Reif für die Insel: Der Verein Stadtkultur Hafen lädt zur Infoparty und präsentiert den Fortschritt des geplanten Soulvillage.

Dass die Soulkitchenhalle in Wilhelmsburg zur Keimzelle eines ganzen Soulvillage werden soll, hat sich ja inzwischen herumgesprochen. Wie das dann am Ende aussehen wird, ist noch nicht so ganz ausgereift, aber wer schon mal den aktuellen Stand der Dinge wissen und auch gleich kommentieren möchte, der hat nun die Gelegenheit dazu. Und weil Informationsveranstaltungen gerne etwas trocken ausfallen, hat man sich in Wilhelmsburg gedacht: Wir machen eine Informationsparty daraus! Deshalb steht neben einer Präsentation der Vision, des Projektstands und der Möglichkeiten zur Umsetzung sowie der anschließenden offenen Diskussionsrunde auch einiges für Bauch, Beine und Ohren auf dem Programm. Gewohnt flexibel, wird bei Sonnenschein der Grill, bei Regen die Herdplatte angeschmissen. Dazu spielt ein frisch gegründetes Jazz-Trio aus Wilhelmsburg, gefolgt von einer Performance der Dortmunder Truppe Triptychon und im Anschluss die DJs Lore Bangels, Maes und Tyler&Timothy an den Plattentellern, mit denen zusammen dann der Aufgang der Wilhelmsburger Sonne begrüßt wird.

Text: Nik Antoniadis

 

„Sieg der Vernunft“

Das monumentale „Kampflichtspiel“ im Metropolis ist die Persiflage eines Parteitagsfilms – und eine Feier des Selektiertums.

In Hamburg zählt er zu den „Legendären Typen“: Uli Rehberg, in den 1980ern und 1990ern Besitzer des Schallplattenladens Unterm Durchschnitt, für Fans obskurer Klänge ein Paradies. Aber hinterm Ladentisch führte der Label-Betreiber (Walter Ulbricht-Schallfolien) und Spiritus Rector der Liedertafel Margot Honecker eine Triple-Existenz. Als bekennender Stalinist Dr. Kurt Euler stand er der Kommunistischen Einheitspartei Deutschlands vor, als Ditterich von Euler-Donnersperg verfasste er moralische Traktate und Sinngedichte, die in altertümelndem Starkdeutsch einem ästhetischen Rigorismus Ausdruck verliehen: „Auf die Knie!“ Und in den vergangenen fünf Jahren hat Rehberg befreundete Kulturschaffende in rüden Depeschen immer wieder zu Filmarbeiten einbestellt, deren Ergebnisse nun im Metropolis vorgestellt werden. Sieg der Vernunft heißt das Werk, das im Titel Leni Riefenstahls Reichsparteitagsfilm Sieg des Glaubens (1933) anklingen lässt. Aber natürlich versteht der Film dies und sich selbst – gemäß der Hegel’schen Hypothese, dass alle Weltgeschichte sich als „lumpige Farce“ wiederhole – als einen Witz.

Zur Premiere im Metropolis gibt es ein Programm mit Vorträgen und Musik.

 

„Eden – Lost in Music“

Improvisiert und ungestüm: Das 3001 zeigt Mia Hansen-Løves Geschichte über French House, die 1990er in Paris – und sich selbst.

Dieses Eden ist nicht nur das Paradies aus House-Musik, Raves und Drogen, in das sich die jungen Franzosen Anfang der 1990er Jahre katapultierten. Eden war auch der Name des ersten House-Fanzines. Und das war so improvisiert, zusammengetackert und ungestüm wie der Sound des French House selbst, den die französische Regisseurin Mia Hansen-Løve (Der Vater meiner Kinder) in ihrem neuen Film zelebriert – und das Lebensgefühl einer ganzen Generation gleich mit. Präsentiert im 3001 Kino, führt Eden von den Pariser Bars, in denen House begann, zu den Industriebrachen, Clubs und Mega-Events, bei denen die jungen DJs aus Paris plötzlich auf der Bühne des New Yorker Kunstzentrums PS1 standen. Der Film erzählt von dem Aufstieg von Daft Punk – und dem langsamen Untergang des DJs Paul (Félix de Givry), der irgendwann als Plattendreher auf den Gartenpartys reicher Araber landet, während seine Freunde längst in die Charts abgehoben sind oder sich in die Bürgerlichkeit abgeseilt haben. Der Soundtrack dazu so persönlich wie die Geschichte selbst, die aus dem Leben von Mia Hansen-Løves Bruders Sven Løve erzählt und ein wenig auch aus ihrem eigenen.

Text: Sabine Danek