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„Lichtmeß…

…– Kino aus Leidenschaft“: Dokumentarfilm über ein Kino in Ottensen, das seit 24 Jahren aus reiner Passion betrieben wird.

Klaus Wyborny, der Hamburger Filmemacher, zählt ihn zu den „Magnifizenzen“ seines Berufsstands – Carsten Knoop, der seiner Profession als Filmvorführer im Metropolis nachgeht. Und der in seiner Freizeit ehrenamtlich, aber nicht weniger professionell, gemeinsam mit seiner Freundin Dorit Kiesewetter das Lichtmeß-Kino in Ottensen betreibt. Wie professionell, das zeigt sehr schön ein Dokumentarfilm, der zum 24. Jubiläum des Kinos am 20. Februar seine Premiere hat: Lichtmeß – Kino aus Leidenschaft. Bereits im Jahr 2011 hat der Hamburger Filmemacher Thorsten Rosemann die Aufnahmen dazu gemacht. Dass sich seine Fertigstellung aus technischen Gründen verzögert hat, ist unversehens ein großer Gewinn. Hauptsächlich im Vorführraum und damit aus großer persönlicher Nähe entstanden, ist der Film einerseits eine Hommage an einen passionierten Kinobetreiber und irgendwie auch an sein Publikum. Aus der zeitlichen Distanz wahrgenommen, erhält er darüber hinaus einen Mehrwert als archäologisches Dokument. Anhand einer Wanduhr lässt sich mitverfolgen, dass es fast ebenso lange dauern kann, einen Film „aufzubauen“, das heißt zur Vorführung einzurichten, wie ihn danach abzuspielen. Jedenfalls wenn es sich dabei um eine mehraktige 35-mm-Kopie handelt. Ebenso fachmännisch wie verständlich erläutert Knoop die entsprechenden Arbeitsschritte, und man sieht: Jeder Handgriff sitzt. Unterhaltsam berichtet er von der Herkunft seiner Projektoren, riesenhaften Bauer-Kinoton-Maschinen, wie sie heute so gut wie gar kein Lichtspieltheater mehr besitzt…

 

Feine Sahne Fischfilet

Die Polit-Punkrocker as Mecklenburg-Vorpommern präsentieren ihr neues Album live im Uebel & Gefährlich. Das Konzert ist ausverkauft.

Im nach wie vor lesenswerten Nachrichtenmagazin konkret wurde der neue Tonträger von Feine Sahne Fischfilet, Bleiben oder gehen, mit Sympathie besprochen – und kritisch verrissen. Die konsequente politische, oder wie es der Verfassungsschutzbericht Meck-Pomms im Jahr 2011 ausdrückte: die „explizit anti-staatliche Haltung“ der mecklenburg-vorpommerschen Band und ihr antifaschistisches Engagement stelle dem braunen Mainstream-Sumpf im Land immerhin etwas überzeugend Linkes entgegen. Musikalisch, oder wie der konkret-Rezensent schreibt: künstlerisch, sei das aber alles ziemlicher Murks, der – wenn auch mit Bläsersätzen versehen – auf (etwas zu) altbewährten Punkrock-Mustern basiere, inklusive mackerhaften „Faust hoch“-Elementen und prolligen Mitgröhl-Phrasen. Der Band dürfte die Kritik an ihrem Werk egal sein. Immerhin ist ihr Konzert im Uebel & Gefährlich ausverkauft.

 

 

Stimming

Mit der Energie von Techno und dem Groove des Vocal House beschallt der Hamburger Produzent am 20. Februar den Villa Nova Club.

Der Aufstieg von Martin Stimming geht mit dem großen Erfolg des derzeit wohl einflussreichsten Hamburger Labels Diynamic einher. Schon früh erkannte Labelboss Mladen Solomun das Talent des noch jungen Produzenten und veröffentlichte im Jahr 2007 mit dem Track Funkworm die erste Solo-Produktion des gebürtigen Gießeners. Zusammen haben beide mittlerweile einen großen Anteil daran, dass Hamburg eines der Epizentren einer neuen House-Bewegung in Deutschland wurde. Stimming vereint die Energie von Techno mit dem Groove von subtil pumpenden Beats, die häufig von Vocals umspielt werden. Nichts kommt aus der Konserve und sein Toningenieursstudium wird bei jedem Klang deutlich. Heute Abend präsentiert er seinen A-Liga-House im Club von Labelbruder H.O.S.H. in der Talstraße 9 – Pflichttermin!

Text: Gaby Olofsen

 

Der Mann

Im Molotow spielt die Band mit dem komischen Namen ihren klugen und gefühlsberauschten Superpop – echte Tränenzieher.

Der Mann sind Die Türen. Was sich völlig bekloppt liest, ist popkulturell nichts als die Wahrheit. Denn hinter dem Projekt Der Mann versteckt sich die Berliner Band Die Türen. Auf dem Debütalbum Wir sind Der Mann haben sie klugen und gefühlsberauschten Superpop mit gewohnt cleveren Lyrics auf die Beine gestellt, und mit Jeder Mensch und Nur für dich allein gleich zwei astreine Tränenzieher am Start. Live sind Der Mann mit Chris Imler am Schlagzeug, Ex-Blumfeld-Keyboarder Michael Mühlhaus und Ja-Panik-Schmetterling Andreas Spechtl am 19. Februar im Molotow zu sehen. Bei dem umtriebigen Personal nur logisch: Es werden auch Songs aus dem Nebenwerk der beteiligten Musiker dargeboten. Männer bauen Raketen!

Text: Marco Fuchs

 

„Wem gehört die Stadt?“

Blick über den Tellerrand: Auch in Köln streiten Bürger und Investoren um Flächen. Das Abaton Kino zeigt Anna Ditges’ Dokumentation über einen Konflikt in Ehrenfeld.

Eine Innenansicht bürgerlichen Aufbegehrens liefert Anna Ditges in ihrer Dokumentation Wem gehört die Stadt? Bürger in Bewegung, die einen Blick nach Köln wirft. Gegenstand ihres Beitrages ist ein für Investoren attraktives Areal im Stadtteil Ehrenfeld, der sich vom Arbeiter- zum In-Viertel wandelt. Auf dem umstrittenen Gelände residierte früher die Elektrofabrik Helios. Später wurde sie als Rheinlandhalle für Sechs-Tage-Rennen genutzt. Dann zogen Geschäfte, Handwerker und Künstler in die Werkhallen zwischen den Brachflächen. Im Jahre 2010 schließlich schmiedet ein Investor Pläne für ein großes Einkaufszentrum an dieser Stelle und zog den Unmut der Anwohner auf sich. Die Filmemacherin begleitete den Konflikt mit der Kamera. Sie lässt immer wieder Menschen aus dem Viertel, Bürgerinitiativen, aber auch die Stadtverwaltung und den Investor zu Wort kommen. Anna Ditges sucht nach Antworten auf die Frage: „Wem gehört die Stadt: Den Beamten, die sie verwalten? Den Bauherren, die sie kaufen? Oder den Menschen, die sie bewohnen?“ So erlebt der Zuschauer, dass auch sehr viel weiter südlich der Elbe ganz ähnliche Auseinandersetzungen herrschen, wie auf St. Pauli (ESSO-Häuser), in Wilhelmsburg (Zinnwerke) oder Ottensen (Zeise-Gelände).

Trailer: WEM GEHÖRT DIE STADT – BÜRGER IN BEWEGUNG Trailer from punktfilm Anna Ditges on Vimeo.

 

„Whiplash“

Damien Chazelles Jazz-Drama mit Miles Teller und J.K. Simmons in den Hauptrollen geht wohl leider als Außenseiter ins Oscar-Rennen.

Dass Kunst nicht nur von Können kommt, sondern oft auch einem inneren Schweinehund abgetrotzt werden muss, ist nichts Neues. Wie sehr inzwischen aber auch der Jazz im Zuge seiner Akademisierung einem „Contest“-Prinzip unterliegt, führt der US-Autor/Regisseur Damien Chazelle in seinem Spielfilm Whiplash vor Augen. Chazelle, der zuvor schon das schwarzweiße Jazz-Musical Guy and Madeline on a Park Bench inszeniert hat, ist ein gebranntes Kind. Viele Jahre hat er als Drummer in Jazzbands gespielt; seine Highschool-Erfahrung im „Leistungskurs Jazz“ ist in Whiplash eingeflossen. Sein Film erzählt von einem talentierten Nachwuchsschlagzeuger (Miles Teller), der auf dem Jazz-Konservatorium unter den Einfluss eines Bandleaders (J. K. Simmons) gerät, der als Ausbilder auf der Militärakademie Westpoint vielleicht besser aufgehoben gewesen wäre – mit physischen wie psychologischen Terrormethoden treibt er den 19-jährigen Andrew zu Höchstleistungen an, bis diesem die Finger ebenso sehr bluten wie es das Herz schon lange tut. Als Auseinandersetzungen auf Leben und Tod hat Damien Chazelle die musikalischen Duelle zwischen den beiden inszeniert. Sie speisen sich aus den eigenen Alb- und Angstträumen von einst; das sieht man seinem – im Bild wie im Sound äußerst stilsicheren – Film absolut an. Zwar steht in dessen Zentrum ein ebenso passionierter wie pathologischer Pädagoge mit einzig- wie abartig mephistophelischen Zügen, doch zielt die Kritik an ihm auf ein zentrales amerikanisches Selbstverständnis: die Durchsetzung aller gesellschaftlichen Bereiche mit Contest-Anreizen, einer Auslese der vermeintlich Besten, die sich in einer gnadenlosen Konkurrenz doch nur als die Belastbarsten behaupten.

 

Roedelius Schneider

Zwei Electronica-Pioniere unterschiedlicher Generationen schmeißen am 19. Februar während der „ePhil“-Reihe im Körberforum ihre Maschinen an.

Der eine könnte der Vater des anderen sein und doch haben wir es hier mit zwei Pionieren der elektronischen Musik zu tun. Der jüngere, Stefan Schneider, war Anfang der 1990er Jahre Gründungsmitglied des stilprägenden Düsseldorfer Post-Rock-Quartetts Kreidler, stieg 1995 bei den ähnlich veranlagten To Rococo Rot ein und war also an vorderster Front dabei, als es darum ging, eine neue Art von Indie unter Berücksichtigung elektronischer Mittel zu entwickeln. Etwa 25 Jahre vorher zählte Hans-Joachim Roedelius zu den ersten Musikern in Deutschland, die sich mit der damals noch absolut neuen Synthesizer-Technologie beschäftigten. Mit den Gruppen Kluster bzw. Cluster und Harmonia gab er Krautrock einen guten Namen und beeindruckte damals sogar Typen wie Brian Eno und David Bowie. Das Duo Roedelius Schneider arbeitet seit 2009 zusammen. Zu ihrem Instrumentarium gehören sowohl digitale wie auch analoge Kisten, auf denen sie mittels vorproduzierter Sounds und Schleifen ambiente Electronica zwischen „gemütlich“ und „bedrohlich“ produzieren.

 

„Vulva 3.0“

Das weibliche Geschlechtsorgan zwischen Tabu und Tuning: Der Film von Claudia Richarz und Ulrike Zimmermann wendet sich gegen das „Schönheitsideal der Unsichtbarkeit“.

Was die Vulva angeht, herrsche das „Schönheitsideal der Unsichtbarkeit“, so der Info-Text zum neuen Film von Claudia Richarz und Ulrike Zimmermann. Und weiter: „Zwar scheint es, dass Nacktheit kein Tabu mehr ist, doch ist die Abbildung des weiblichen Geschlechts nach wie vor irritierend und mit vielfältigen Verboten belegt.“ Dies zu ändern, haben sich Richarz und Zimmermann vorgenommen. Ihr Film wurde bereits mit Erfolg auf Festivals in San Francisco, Brüssel, Helsinki, Istanbul und Litauen gezeigt. Nun hat auch das Hamburger Publikum die Gelegenheit, sich mit diesem Thema zu beschäftigen. Es lohnt sich, denn – so wusste man schon früher – „das Zeigen der Vulva vertreibt Bären und Löwen, lässt den Weizen höher wachsen, beruhigt Sturmfluten und Dämonen haben Angst davor. Der Teufel läuft weg. Das Zeigen der Vulva rettet die Welt.“

 

„Stand der Dinge“

Studierende der HFBK präsentieren im Metropolis ihre aktuellen Kurzfilme – dokumentarisches Material und inszenierte Minispielfilme.

Die Hochschule für bildende Künste (HfbK) in Hamburg hat namhafte Absolventen. Der bildende Künstler Daniel Richter studierte hier – genauso wie Jonathan Meese. Einer der bekannten Filmemacher, die an der HfbK waren, ist Hamburgs „Vorzeigeregisseur“ und Träger des Douglas-Sirk-Preis (vergeben vom Filmfest Hamburg) Fatih Akin. Ob der aktuelle Jahrgang an Filmstudierenden in diese Fußstapfen treten kann? Sein Potenzial zeigt der Nachwuchs am 18. Februar, wenn die Studierenden im Metropolis Kino ihren Stand der Dinge präsentieren: darunter dokumentarische Arbeiten, inszenierte Spielfilme und alles dazwischen. Der Abend setzt sich aus einem abwechslungsreichen Kurzfilmprogramm zusammen. Die aufstrebenden Künstler sind vor Ort und diskutieren mit den Zuschauern.

 

Helen Hessel

Natascha Bub und Ingrid Sattes gestalten einen Abend über die berühmte Modejournalistin, Studentin bei Käthe Kollwitz, Übersetzerin und „wild Liebende in Paris“.

Was für eine Frau. Der Modejournalistin Helen Hessel (geboren 1886 in Berlin; gestorben 1982 in Paris) ist ein Abend im Rahmen des deutsch-französischen Kulturfestivals Arabesques gewidmet. Die Schauspielerinnen Natascha Bub und Ingrid Sattes laden zur literarischen Performance Niemand kann so lieben wie ich…! in den Logensaal der Hamburger Kammerspiele. Im Mittelpunkt steht die starke Persönlichkeit einer Frau, die ein modernes Leben geführt hat in einer Zeit, in der das nicht vielen Damen möglich war. Denn Helen Hessel war mehr als eine Frau, die über Mode schrieb. Sie war eine Widerstandskämpferin, Studentin bei Käthe Kollwitz, Übersetzerin von Nabokovs Lolita, Mutter des Résistance-Kämpfers Stephàne Hessel und Verfasserin eines dreisprachigen Tagebuchs. Im Themenabend geht es um ihre „kapriziösen Höhenflüge bis zu den Abgründen erotischer Manipulation, von verschenkten Idealen und dem gewagten Versuch der Überwindung der Einsamkeit“.