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„Durch die Nocht“

Ruede Hagelstein (Watergate, Berlin) und Oliver Rado (Nochtwache, Klubkind) bringen Clubber unter die Erde – in den Keller des Nochtspeichers.

Auf seinem Tourplan stehen Städte wie Mailand und London. Die Electro-Nummern Sweaty Balls oder Emergency haben ihn auch als Produzent bekannt gemacht: Die Popularität von Ruede Hagelstein (Foto) reicht ohne Zweifel über die Grenzen seiner Wahlheimat Berlin hinaus. Es ist also nicht weiter verwunderlich, dass der „House und Hof“-DJ des Watergate Clubs auch das Publikum der Hansestadt begeistern will. Für Patlac ist der Abend hingegen ein Heimspiel – auch wenn sich der Hamburger Techno- und House-DJ nicht weniger international umtriebig zeigt. Welch Glück also, dass beide die Zeit gefunden haben, in die Kellergewölbe auf dem Kiez hinabzusteigen und im Rahmen der Reihe Durch die Nocht das Partyvolk in der Nochtwache in Ekstase zu versetzten.

Text: Jannis Hartmann

 

Pantha du Prince

Zur exquisiten Deephouse-Party „Weald“ im Uebel & Gefährlich hat sich der große Soundbastler Hendrik Weber angekündigt.

Elektronische Geschmackssicherheit ist in Hamburg ein Five-Letter-Word: Weald. Im nahenden Herbst, wenn das Blau im Wasser versinkt und das Grau langsam seinen Platz einnimmt, werden die euphorischen Fanfaren ins Winterlager gepackt und reibendere, nachdenklichere Klänge aufgefahren. Idealbesetzung dafür: der große Pantha du Prince, der mit einem Live-Set Minimal, Electronica und Experimentelles vereint. Sets von Hendrik Weber alias Pantha du Prince sind immer ein Spektakel. Jedoch nicht zwangsläufig eines zum Fäuste recken. Beim nächsten Abstecher nach Hamburg könnte der Soundbastler gerne seine zwei Freunde, den Gitarristen Scott Mou und den norwegischen Drummer Bendik Hovik Kjeldsberg mit einpacken. Als The Triad probiert sich das Trio gerade aus. Hendrik Weber dazu im Gespräch mit dem Webmagazin Spin: „This is the test phase. It’s prep for a new album to be released some time next year.“

Text: Marco Fuchs

 

„Fette Beute“

Eine Fotoschau im Museum für Kunst und Gewerbe beschäftigt sich mit Reichtum und Protzerei – von der Jahrhundertwende bis zu den „Rich Kids of Instagram“.

Ein Tänzchen im Louis-Vuitton-Bikini am hauseigenen Riesenpool, Sushi im Privatjet auf dem Weg zum Beyoncé-Gig … Als der Blog Rich Kids of Instagram 2012 startete, auf dem die reichsten Sprösslinge der Welt zeigen, wo der goldene Hammer hängt, mischte sich Bestürzung mit Amüsement, Empörung mit großem Staunen. Da begann auch Esther Ruelfs, seit 2012 Leiterin der Sammlung für Fotografie am Museum für Kunst und Gewerbe, sich mit dem Thema zu beschäftigen. Die Ausstellung mit ihrem wunderbar frechen Titel Fette Beute, der Gedanken an Raubzüge und Gier anklingen lässt, nimmt bereits Stellung, leuchtet aber auch andere Positionen aus – und klopft, auf der Suche nach Bildmustern und Klischees, Fotografien zurück bis zur Jahrhundertwende ab. Die gezeigten Arbeiten reichen dabei von Bill Brandts Beobachtungen des Londoner Alltagsleben von Arm und Reich, die um 1930 entstanden, bis zu Sébastian Valielas Drohnenkameras, die er über die Villen von Stars wie Will Smith oder Pamela Anderson kreisen lässt. Ein spannendes Thema, hochaktuell, politisch und bisher – im Gegensatz zu der Darstellung von Armut in der Fotografie – kaum beachtet. Gut aufgehoben ist es in Hamburg auch. 42.000 Millionäre leben in den Hansestadt, und das ist deutscher Rekord. Die Vernissage findet am 16. Oktober um 19 Uhr statt.

Text: Sabine Danek

 

Blindspot

Zwei Hip-Hopper aus Augsburg machen auf ihrer Europatournee einen Zwischenstopp im Molotow. Support: Ancient Mith aus Denver, Colorado

Dieses Hip-Hop-Duo aus Augsburg spielt Rap Music, die laut Veranstalterinfo ausgesprochen amerikanisch anmutet. Ob das an sich ein Qualitätskriterium darstellt, sollen andere entscheiden. In der Tat klingen die Tracks von Dot und Mr. Feat allein schon wegen der englischsprachigen Texte nicht gerade wie Deutschrap á la Fünf Sterne Deluxe, Aggro Berlin und so weiter. Gelegentlich bewegen sich Blindspot mit Sitar-Einsätzen und Dub-Reggae-Anklängen sogar in indische und jamaikanische Gefilde, was ihre Musik umso internationaler erscheinen lässt. Ihre umfangreiche Europatour durch Deutschland, Tschechien, Frankreich und die Schweiz führt sie unter anderem am 16. Oktober ins Molotow. Im Vorprogramm wird der US-Rapper Ancient Mith alias Braden Smith erwartet, der allein mit Laptop und Mikro aufzutreten pflegt.

 

Emil Bulls

Die Münchner Alternative-Rocker legen auf ihrer „Sacrifice to Venus“-Tour einen lauten Halt in der Markthalle ein.

Nach drei Jahren gibt es seit August nun also wieder ein neues Emil-Bulls-Album. Sacrifice to Venus heißt das Werk, mit dem sich das Münchner Quintett zurückmeldet – sofern man überhaupt davon sprechen kann, dass sie je weg waren. Schließlich gehören die Emil Bulls immer noch zu den Bands, die wohl nie müde werden, ihre Musik vor allem live auf die Club- und Festivalbühnen zu bringen. Nun jedoch auch wieder einmal inklusive 15 neuer Songs im Gepäck, einem neuen Plattenlabel im Rücken und sicherlich auch der ein oder anderen Veränderung im abendlichen Konzertablauf. Wo wir schon bei Veränderungen sind, können wir auch gleich zum Gegenteil kommen: Wie gewohnt, stolpern die Konzertbesucher nach diesem Abend glücklich und verschwitzt aus der Markthalle heraus. Dafür sorgen harte Gitarren, wildes Gemosche und gelegentlich eine  Ballade für das Gefühlsgleichgewicht.

 

Wissenschaft trifft Kunst

Kluger Diskurs: Sieben Studierende der Hochschule für bildende Künste Hamburg arbeiteten mit den Klimaforschern der Universität Hamburg zusammen.

Gegensätze ziehen sich ja bekanntlich an. So auch das kreative und das forschende Gewerbe. Im Rahmen des Kooperationsprojektes Wissenschaft trifft Kunst traten Studierende der Hochschule für bildende Künste (HfbK) und Klimaforscher des Exzellenzclusters CliSAP in den Diskurs. Man wollte herausfinden, ob eine interdisziplinäre Zusammenarbeit funktioniert, ob man aneinander vorbeiredet oder dieselbe Sprache spricht. Vor einer Woche präsentierten die Künstler ihre Abschlussarbeiten im Rahmen einer Ausstellung, nun sind die Wissenschaftler an der Reihe. Sie laden am 16. Oktober zum Symposium und beleuchten das Projekt unter anderem aus Klimaforschungs-, kulturwissenschaftlicher und kuratorischer Perspetive. Eine literarische Reflexion steuert der Schriftsteller Dirk C. Fleck (Autor der Öko-Thriller Das Südsee-Virus und Das Tahiti-Projekt) bei. Um 19 Uhr führen die Wissenschaftler durch ihre Ausstellung, anschließend darf während der VJ-Performance von Alice Peragine getrunken und gefeiert werden.

Text: Lena Frommeyer

 

Lesbisch Schwule Filmtage

Das breite Spektrum des queeren Kinoschaffens flimmert noch bis zum 17. Oktober in Form von 150 Kurz- und Langfilmen über Hamburgs Leinwände.

25 Jahre – das ist eine Zeitspanne, in der sich gesellschaftlich vieles getan hat, und – wenigstens in urbanen Räumen – für junge Schwule und Lesben einiges zum Besseren entwickelt. Dafür ist etwa in Sachen Transphobie und auf dem Weg zur Selbstverständlichkeit verschiedener Geschlechterauffassungen noch einiges an Arbeit zu leisten. Die LSF leisten seit einem Vierteljahrhundert hervorragende Arbeit: beim Abbau von Vorurteilen und für das Gemeinschaftsgefühl einer vielseitigen Community. Und natürlich werden nicht zuletzt Jahr für Jahr klasse Filme gezeigt. Zum Geburtstag zeigen die Lesbisch Schwulen Filmtage in 150 Kurz- und Langfilmen bis zum 17. Oktober das breite Spektrum queeren Kinoschaffens – zu sehen im Metropolis, Passage, Studio, B-Movie und in der Roten Flora, darunter sowohl aktuelle Produktionen als auch Klassiker wie Hedwig And The Angry Inch (Foto). Am 16. Oktober findet um 17 Uhr ein Workshop mit Laura Méritt im Kultur- und Medienzentrum Bildwechsel statt. Die Betreiberin von Sexclusivitäten, Mediatorin und Kommunikationswissenschaftlerin beleuchtet unter dem Aspekt der sexuellen Selbstbestimmung das Thema Frauenkörper neu gesehen.

 

 

Hamburg Leuchtfeuer

Der Projektkünstler Stefan Weiller erfragte von Hospiz-Bewohnern auf St. Pauli ihren Soundtrack des Lebens. Daraus ist nun ein Musikabend entstanden.

Mitten auf St. Pauli, dort wo Tag und Nacht das Leben tobt, gibt es einen Ort, der sich mit dem Tod beschäftigt: das Hospiz von Hamburg Leuchtfeuer. Dort finden schwerkranke Menschen Raum, um mit ihrer Krankheit möglichst eigenständig zu leben und in Würde zu sterben. Seit 2007 betreibt die Stiftung auch das Lotsenhaus in Altona, das unter anderem Angehörige in ihrer Trauer begleitet. Weil für die Hospiz-Arbeit Spenden benötigt werden, lädt Hamburg Leuchtfeuer zum Benefiz-Konzert … und die Welt steht still … in die St. Michaelis-Kirche. Projektkünstler Stefan Weiller erfragte dafür in den letzten Jahren von Hospiz-Bewohnern ihren Soundtrack des Lebens – Lieder, die sie in besonderen Momenten begleitet oder geprägt haben. Es entstand eine bewegende Sammlung aus Songs, von Klassik bis Pop, und Geschichten, die nun von zahlreichen Musikern, darunter der Franz-Schubert-Chor Hamburg und der Posaunenchor St. Michaelis, vorgetragen und interpretiert werden. Durch den Abend begleiten die Schauspieler Gustav Peter Wöhler und Marion Martienzen.

Text: Julia Braune

 

Moonface

Ein Abend, der überwältigend intim werden dürfte. Moonface alias Spencer Krug präsentiert seine neusten Werke im Nochtspeicher.

Der Kanadier Spencer Krug hat viele Gesichter. Man könnte seinen Namen berechtigterweise mit Wolf Parade, Sunset Rubdown, Frog Eyes oder Swan Lake zusammenbringen und ganze Musikgeschichten dazu verfassen, doch bleiben wir im Hinblick auf den Mittwochabend bei einem anderen: Moonface. Seit 2010 nutzt Krug diesen Namen vor allem für jene musikalischen Ergüsse, die er zu Hause entwickelt und aufgenommen hat. Das klingt angenehm instrumental. Die inzwischen fünf Veröffentlichungen weisen alle einen konzeptionellen Experimentalcharakter auf und zeigen, was passiert, wenn man an Ideen festhält und sie so lange weiterplätschern lässt, bis sie sich eigenständig vervollständigen und verfestigen. Mit dem Album Julia With Blue Jeans On und der kürzlich fertig gestellten EP City Wrecker hat er gleich zwei Werke aus dem letzten Jahr im Gepäck, die er im Nochtspeicher präsentieren wird.

Text: Miriam Mentz

 

Martin Parr

Einer der einflussreichsten Fotografen Großbritanniens gastiert für einen Vortrag in der Freien Akademie der Künste in Hamburg.

Hoher Besuch in den Deichtorhallen. Der Freundeskreis Photographie hat den britischen Fotografen Martin Parr eingeladen, der durch seine Fotos von stinklangweiligen Autobahnen ebenso berühmt wurde wie durch seine Porträts exzentrischer Briten, die weißfleischig am Strand vor sich hin braten, oder Neureichen, die sich in zu enge Satinkleider quetschen. So bitterböse wie humorvoll sind seine Arbeiten und es ist ein Spaß, ihn selbst darüber reden zu hören. „Wenn die Leute beim Betrachten meiner Bilder gleichzeitig weinen und lachen, dann ist das genau die Reaktion, die die Bilder auch bei mir hervorrufen. Die Dinge sind weder grundsätzlich gut noch schlecht. Ich bin immer daran interessiert, beide Extreme darzustellen.“ Ursprünglich in den Deichtorhallen/Haus der Photographie angekündigt, wurde die Veranstaltung kurzfristig wegen der großen Nachfrage in die benachbarten Räumlichkeiten der Freien Akademie der Künste in Hamburg verlegt.

Text: Sabine Danek