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NSU-Prozess

Unter den Augen des Verfassungsschutzes: Die Nebenanklagevertreter Bilsat Top und Alexander Kienzle beleuchten den NSU-Mord an Halit Yozgat.

Nicht gerade ein Feel-Good-Thema, aber das muss eben auch sein: Im Rahmen der Hamburger Veranstaltungsreihe Vom Rassistischen Normalzustand zum Nationalsozialistischen Untergrund sind am 25. Juli zwei Nebenanklagevertreter im Stadtteilzentrum Kölibri zu Gast. Der Vortrag von Bilsat Top und Alexander Kienzle hat den NSU-Mord an dem Internetcafé-Betreiber Halit Yozgat zum Thema. Yozgat wurde am 6. April 2006 in Kassel ermordet. Im Fokus stehen dabei die Rolle von V-Männern, sogenannte Ermittlungspannen und andere “Ungereimtheiten“, die längst den Verdacht erhärtet haben sollten, dass es sich hierbei um eines der dunkelsten Kapitel der deutschen Nachkriegsgeschichte handelt und hierzulande so manch Institution auf „dem rechten Auge blind“ ist. Rechtextremistischer Terrorismus in Deutschland? Nein, igitt, also wirklich, man muss auch mal die Kirche im Dorf lassen…

 

Stu Larsen

Der australische Singer/Songwriter und einstige Weggefährte von Passenger singt die Lieder seines aktuellen Albums auf der Dachterrasse des Uebel & Gefährlich.

Langhaariger, naturverliebter Hutzelmann mit Holzfällerhemd und akustischer Gitarre singt und spielt auf dem Dach eines Großstadtbunkers aus dem 2. Weltkrieg – schöner Kontrast. Stu Larsen kommt aus Australien und hat in Down Under schon mit Michael David Rosenberg alias Passenger zusammen gearbeitet. Während der eine im letzten Jahr seinen Durchbruch feiern konnte und große Festivalauftritte in Deutschland und anderswo genoss, machte sich der andere auf den Weg, Kalifornien zu bereisen, um zu prüfen, was es mit dem „Land of the free“ auf sich hat. Songs, die dabei entstanden sind, zum Beispiel San Francisco, landeten auf dem kürzlich erschienenen aktuellen Album Stu Larsens, das den passenden Titel Vagabond trägt. Versteht sich von selbst, dass einige davon auch bei seinem Gastspiel im Uebel & Gefährlich erklingen werden.

 

Museke Mûseke

Bongo Flava, Hiplife, Compas, Soca und Zouk: Das Hamburger DJ-Team lädt zum „Utropic Boatride“ mit tropischer Musik aus aller Welt.

Das musikalische Programm auf den hinlänglich bekannten und allseits beliebten Barkassenfahrten der Hedi-Flotte könnte bunter und vielfältiger kaum sein: Punk- und Sixties-Bands, Dada-Hop, Balkan-Pop und Elektro-Swing, Indie und Techno… Den absoluten Vogel schießt allerdings das DJ-Team von Museke Mûseke ab. Auf ihren Utropic Boatrides erklingen Musikstile, die nur die wenigsten kennen: Hip- und Highlife aus Ghana, Naija-R&B aus Nigeria, Bongo Flava aus Tansania, Zouk aus Guadeloupe, Compas aus Haiti, Soca aus Trinidad und Cumbia aus Süd- & Mittelamerika. Da lässt man sich gerne von Magic Museke, Matseke und Nicolaseke in die Tropen entführen und mit Sounds beschallen, die im gewöhnlichen Club-Betrieb hiesiger DJs selten zu hören sind, aufgelegt von unbestrittenen Koryphäen ihres Fachs.

 

Matthias Vogt

Tanzen bis die Sonne aufgeht – zu den entspannten House-Klängen der DJs Zeitdeep und Matthias Vogt im Nochtspeicher auf St. Pauli

Nicht jedem Hamburger Clubgänger mag Matthias Vogt ein Begriff sein. Mit ambitionierten Projekten wie Ben’s New Tribe, The New Fusion, dem Matthias Vogt Trio und [re:jazz] konnte sich der ausgebildete Berufsmusiker und Instrumentalpädagoge für Jazz und Popularmusik aus Rüsselsheim in der Jazz-Szene einen Namen machen. Aber auch als DJ und House-Produzent ist der Wahl-Frankfurter erfolgreich: Im Cocoon, dem Vorzeigeclub der Stadt am Main, legt er regelmäßig auf. Nun kommt er in die Nochtwache in den Hamburger Nochtspeicher. Zusammen mit Zeitdeep alias Tim Werner, der quasi zum Inventar des Clubs gehört, wird er entspannte Beats und Sounds auf das Publikum loslassen, die für gute Laune sorgen. Was braucht man mehr, um eine Sommernacht bis zum Sonnenaufgang durchzutanzen?

Text: Jannis Hartmann

 

Homophobie

Auch im aufgeklärten Westen macht gleichgeschlechtliche Liebe noch einige Menschen nervös. Der Fotograf Chris Lambertsen will entgegenwirken. 

In 78 Ländern dieser Erde ist Homosexualität nach wie vor verboten. Und selbst hierzulande sowie in anderen vermeintlich aufgeklärten Regionen des Planeten herrscht bei vielen Menschen aller Altersklassen immer noch die (wenn auch nur hinter vorgehaltener Hand zugegebene) Meinung vor, dass es sich bei gleichgeschlechtlicher Liebe und Sexualität um nichts Normales handelt. Dass in Bezug auf Lesben und Schwule ständig von Toleranz die Rede ist, beweist nur umso deutlicher, dass es an echter Akzeptanz mangelt. Dem entgegenzuwirken, hat sich unter anderem die Homophobie betitelte Fotoausstellung von Chris Lambertsen zur Aufgabe gemacht, die am 24. Juli in der Zentralbibliothek eröffnet wird. Die Begrüßung übernimmt Detlev Gause von der AIDS-Seelsorge Hamburg, das Eingangsreferat hält die Künstlerin und Medienwissenschaftlerin Dr. Claudia Reiche. Die Ausstellung läuft bis zum 23. August.

 

„Wacken 3D“

Im Kinosessel zwischen Schlamm, Haaren und Muckern – die neueste Dokumentation über das Metalfestival setzt auf große Effekte.

3D-Kino ist un-Rock ’n‘ Roll. Dennoch kommt nun eine Dokumentation über ein Metalfestival ins Kino, die genau auf diese Trendtechnik setzt. Das erlaubt die Frage, ob die Seele vom Wacken Open Air in den letzten Jahren gelitten hat – weil es wuchs und vermarktet wurde, weil Heino und Frei.Wild auf der Bühne standen, weil Jan Delay hier sein Video drehte. Man erinnert sich noch mit feuchten Augen an ein „Damals“, an die Bewegtbilder der koreanischen Regisseurin Cho Sung-hyung, die sie 2005 aufnahm und die als Off-Dokumentation Full Metal Village in die Kinos kam, als authentisches Porträt ohne Effekthascherei. Nun also Wacken 3D von Regisseur Norbert Heitker. Ein Film, der weniger tiefgründig sein wird und mehr auf das Staunen abzielt. Aber geben wir dem Ganzen eine Chance. Das Stimmungsbarometer in den Medien zeigt nach oben und macht Lust, sich den Spaß anzutun. Es ist gar von einer „beeindruckenden Mischung aus Affirmation und ethnologischem Forscherblick, aus Fantum und Distanz“ (faz.net) die Rede. Der 3D-Effekt ermögliche, sich als Teil des Festivals zu fühlen.

Text: Lena Frommeyer

 

Das ABC-Viertel

Gunther Gerlach und Sven Amtsberg bieten Hamburgern eine Alternative, die sich niemals die Blöße geben würden, an einer „normalen“ Stadtführung teilzunehmen.

Außerdem ist es doch immer dasselbe, auf diesen Touri-Veranstaltungen: Alster, Michel, Hafen – das ist altbekannt, gerade wenn man selbst hier wohnt. Umso reizvoller scheinen deshalb die Führungen von Sven Amtsberg, der in der Vergangenheit schon literarische Rundgänge durch Stadtteile wie Ottensen, Altona und Hammerbrook veranstaltete und dort aufdecken konnte, dass Altona auf Fischen gebaut und Ottensen als Insel von der Cap San Diego nach Hamburg gebracht wurde. Zusammen mit Gunther Gerlach möchte er sich nun dem ABC-Viertel widmen. Wie immer der Wahrheit verpflichtet, werden beide die Geschichte von Anton Bertram Coller, kurz ABC, erzählen, der den Hamburgern ihre Sprache schenkte, Wörter für sie erfand und damit reich wurde. Wer mehr über den Erfinder des Grußes „Hummel, hummel“ oder Begriffe wie „Kuddelmuddel“ erfahren möchte, sollte vorbeischauen. Alle Führungen sind im jeweiligen Stadtteil einmalig.

Text: Jannis Hartmann

 

Soap&Skin

Die zum „Wunderkind“ hoch geschriebene Mittzwanzigerin aus Österreich trägt ihre melancholischen Songs im Uebel & Gefährlich vor.

Von der Schweinemast zum „Wunderkind“: Dass Anja Plaschg alias Soap&Skin nicht den elterlichen Betrieb übernehmen würde, war ihr wahrscheinlich schon recht früh klar. Biografisches im Schnelldurchgang: Die Österreicherin begann als Kind mit dem Klavierspielen, dann kam die Geige und ein Interesse für elektronische Musik dazu. Mit 18 hatte sie bereits eine Ausbildung zur Grafikerin und ein Kunststudium abgebrochen. Dann ging es als Musikerin für sie rund: umjubelte Konzerte, hochgelobte Alben, Engagements für Film und Theater, Werbung und Preise, unter anderem der von der Europäischen Kommission ins Leben gerufene European Border Breakers Award (was Leute sich so alles einfallen lassen …). Heute ist die Gute gerade mal Mitte Zwanzig und wirkt so abgeklärt als hätte sie schon ein halbes Leben als Popstar hinter sich. Mutig, eigenwillig, selbstbewusst. Oder: John Cale und Nico in einer Person.

 

Slim Cessna’s Auto Club

Gott, Teufel, Drogenwahn und kaputte Beziehungen: Der bärtige Alternative-Country-Hipster singt seine düsteren Songs im Knust.

Wenn eine Country-Band ihre Alben auf dem Dead-Kennedys-Label Alternative Tentacles herausbringt, kann es sich einfach nicht um reaktionäre Rednecks handeln – selbst wenn ihre Lieder religiöse Themen behandeln und die Plattentitel zum Beispiel Cipher oder American Country Music Saved Her Life lauten. Die Musik von Slim Cessna’s Auto Club ist solch ein Fall von Alternative Country, dem man nicht anhört, dass die Musiker (oder zumindest einige davon) mit einem Fuß mal tief im Punk standen. Einflüsse aus Gospel, Blues und Folk (aber auch Gothic) sind da deutlicher zu erkennen. Und dass das Ganze dann auch noch sympathisch, unprätentiös und irgendwie schick aussieht – Banjo, Lap Steel, Stetson, Vollbärte, Augenringe – macht das Live-Vergnügen umso größer. Bitte empfangt das Sextett aus Denver, Colorado recht herzlich!

 

Dub FX

Der australische Musiker, MC und Loop-Station-Solist Benjamin Stanford schmeißt seine Maschinen diesmal in der Fabrik an.

Hinter Dub FX verbirgt sich ein Anfang-Dreißigjähriger aus Australien, der als Musiker viele Jahre hauptsächlich auf der Straße verbracht hat, wo er mithilfe einer Loop Station und seinen Skills als Rapper und Toaster massenweise Passanten zu bannen verstand. Seine erste Veröffentlichung war die Compilation seiner Straßen-Performances, die ein Freund mitschnitt, und die den naheliegenden Titel Live In The Streets trägt. 2009 erschien mit Everythinks A Ripple sein erstes Album. Seitdem ist Dub FX, der mit bürgerlichem Namen Benjamin Stanford heißt, Teil des ganz gewöhnlichen Musik-Business, inklusive regelmäßiger Outputs und dazu gehöriger Tour. Sein aktuelles Album, Theory Of Harmony, kam im letzten Jahr heraus. Ebenfalls 2013 war Dub FX bereits im Klubsen zu Gast. Diesmal rockt der Mann die Fabrik. Unterstützt wird er dabei von Cade, Andy V. und Bomsh.