Lesezeichen
 

„Mixwoch“

Es gibt eine neue Hip-Hop-Reihe in Hamburg. Das Moondoo wird zur Spielwiese für das Partyformat von DJ Scream.

Einige nennen es Bergfest, das Moondoo macht aus der Wochenmitte den Mixwoch. Die neue Hip-Hop-Reihe von DJ Scream wurde im Münchner Crux Club ins Leben gerufene und später nach Wien, Würzburg und Passau expandiert. Nun also Hamburg, ein affines Publikum ist hier auf jeden Fall am Start. Das Konzept klingt spannend: Die volle musikalische Bandbreite des Hip-Hop kommt zum Einsatz, jedoch kann man sich nie sicher sein, wessen konkreter Zusammenstellung man ausgesetzt ist – die DJs des Abends sind so lange geheim, bis man sie hinter dem Mischpult sieht und identifiziert. Wie so ein Mixwoch klingt, kann man online prüfen – hier liegen Mixwoch Mixtapes zum Anhören bereit. Wer sich hier auch in den Newsletter einträgt und zu den hundert Ersten zählt, bekommt übrigens freien Eintritt.

 

Polizeiorchester

35 uniformierte Männer und Frauen spielen umringt von Blumenbeeten in Planten un Blomen Jazz-, Swing-, Klassik- oder Pop-Nummern. 

Und das war so: Vor 121 Jahren hat eine Gruppe Hamburger Polizeibeamter, die in ihrer Freizeit gerne musizierten, ein Orchester gegründet. In den siebziger Jahren stellte die Stadt sie als Berufsmusiker ein. Heute besteht das Hamburger Polizeiorchester aus professionellen Musikern, die Jazz, Swing, Klassik oder Popmusik und vieles mehr spielen. Neben Konzerten in sozialen Einrichtungen, zum Beispiel für pflegebedürftige Menschen, die ihr Bett nicht verlassen können, performen sie auch gerne Open Air. Viel nimmt die 35 Mann starke Truppe unter der Leitung von Dr. Kristine Kresge nicht ein, was der Grund war, dass die Stadt das Polizeiorchester vor fünf Jahren abschaffen wollte. Doch am Ende wurde an der Formation vorbei gekürzt, was ihre Fans freut. Die nächste Gelegenheit, dem Orchester zu lauschen, bietet sich am 6. Mai im Musikpavillon in Planten un Blomen.

 

Charlie Winston

Der britische Multiinstrumentalist kommt mit neuem Album ins Knust und spielt hoffentlich die geile Uptempo-Popnummer „Lately“.

Der Singer-Songwriter hat im Februar sein neues Album Curio City herausgebracht, das wieder einmal beweist, was für einen speziellen Blick auf die Welt dieser Mensch hat. Das Stück Lately beispielsweise, das bereits 2014 als Single ausgekoppelt wurde, ist eine stimmige Uptempo-Popnummer, die sofort in die Beine und den Kopf geht. Das Video zeigt den britischen Musiker, wie er extrovertiert, nein angsteinflößend tanzend ein Theaterpublikum verschreckt. Herrlich. Charlie Winston zog vor Kurzem von Paris zurück nach London – vielleicht hatte er die Nase voll vom feinen Pariser Publikum. Für die Stücke der neuen Platte ließ er nur sich selbst an die Instrumente und spielte alles selbst ein. Nur beim Abmischen durfte Ruahdri Cushnan (Mumford and Sons) helfen.

Text: Lena Frommeyer

 

„Der Tod und das Mädchen“

Harte Kost im Monsun Theater: In seinem Stück verarbeitet Autor Ariel Dorfman eigene Erfahrungen mit der chilenischen Militärdiktatur.

Heute lebt Paulina Salas mit ihrem Mann, dem Anwalt Gerardo Escobar, ein glückliches Leben in einem idyllischen Strandhaus. Zu Zeiten der chilenischen Militärdiktatur unter Augusto Pinochet aber wurde Paulina gefoltert und vergewaltigt. Während der grauenvollen Tat lief im Hintergrund Schuberts Streichquartett Der Tod und das Mädchen. Das Lied erklingt wieder in ihren Ohren, als der Zufall den Arzt Robert Miranda zu ihr nach Hause führt. Sie meint, in ihm ihren Peiniger wiederzuerkennen, und nimmt ihn mithilfe ihres Mannes als Geisel. Der Arzt soll seine Tat gestehen und Paulina so ihren Frieden wiedergeben. Doch Paulinas Zustand wird im Laufe der Geiselnahme immer labiler. Der Autor des Stückes, Ariel Dorfman, verarbeitete mit dem Stücke seine eigenen Erfahrungen und Emotionen, die er mit Pinochets Militärdiktatur verbindet. So schuf er einen Politthriller, der die Machtlosigkeit der Opfer, ihren Wunsch nach Rache und die Auswirkungen der Unterdrückung aufzeigt.

Text: Adriana Jodlowska

 

Ghostpoet

Urbanes Storytelling: Der Hip-Hop-Künstler marschiert stramm in Richtung Blues, Pop und Jazz. Das passt prima auf die Bühne des Mojo Clubs.

Wer Obaro Ejimiwe alias Ghostpoet noch nie live gesehen hat, für den war sein neues Album Shedding Skin ein kleiner Schock: Vom elektrifizierten, dunklen Hip-Hop à la Roots Manuva ist nur noch seine charakteristische dunkle Stimme geblieben, die Songs hingegen sind allesamt Richtung Blues, Pop und Jazz gewandert. Wer hingegen Zeuge einer seiner vergangenen Bühnenshows wurde, erschien dieser Schritt folgerichtig. Bereits dort schien er sich in der jetzt auch auf Albumlänge umgesetzten Bandbegleitung überaus wohl zu fühlen. Prall und reif klingen die Stücke des Londoners, der sich in den vier Jahren seit Peanut Butter Blues & Melancholy Jam eine ganze Armada aus überwältigenden Live-Krachern zusammengezimmert hat. Vom Hip-Hop-Künstler zum Urban Storyteller – eine Entwicklung, die sich bei Ghostpoet gut und organisch anfühlt und -hört.

Text: Marco Fuchs

 

„Thrill me“

Das Musical von Stephan Dolginoff basiert auf der wahren Geschichte zweier hochbegabter Studenten, die zu Mördern werden.

Hochbegabte Menschen denken komplex und langweilen sich schnell. Im Falle der Studenten der University of Chicago, Nathan Leopold (Guy Woolf, Foto) und Richard Loeb, endete die Suche nach dem Kick tödlich. Im Jahr 1924 entführten und ermordeten sie einen Schuljungen. Sie hielten sich für Übermenschen und hatten keine Angst davor, geschnappt zu werden. Stephan Dolginoff bringt die wahre Geschichte zum ersten Mal als Musical Thrill me auf die Bühne. Das Stück des vielfach ausgezeichneten New Yorker Komponisten und Autors läuft im English Theatre Of Hamburg. Pianoklänge und in englischer Sprache gesungene Texte erzählt den Werdegang der „Thrill Killers“ vor und nach der Tat.

Text: Adriana Jodlowska

 

Hamburger Architektursommer

Quo vadis Stadt? Die Gebäude Hamburgs werden in über 200 Veranstaltungen unter die Lupe genommen. 

Über die Verhältnisse lautet das Motto des 8. Hamburger Architektursommers. Mehr als 200 Veranstaltungen umfasst das drei Monate andauernde Programm. Es stellt unter anderem die Frage nach dem Wohnen. Was ist in Zukunft möglich – und welche Beziehung haben wir eigentlich zum architektonischen Bestand wie den Bauten der Nachkriegsmoderne?

So thematisiert die Ausstellung Von Rindern und Schafen (Foto) die Umgestaltung der Rindermarkthalle auf St. Pauli; auf den Kritikerspaziergängen werden Architektur und Städtebau der HafenCity unter die Lupe genommen. Dienstags lädt der aus England stammende und in der Hamburger Neustadt lebende Architekt und Zeichner Stephen Perry zum Spaziergang. The Urbansketcher öffnet eine Tür zu seinem Viertel und gibt Tipps zum Skizzieren mit Bleistift und Tinte. Treffpunkt: Großneumarkt auf dem Platz vor der Eisdiele.

Der Hamburger Architektursommer ist in jedem Fall eine gute Gelegenheit, die Stadt, die wir täglich nutzen und durchlaufen, neu zu betrachten. Und besser zu verstehen.

Text: Julia Braune

 

Owls By Nature

Es ist eine gute Idee, die musikalische Woche akustisch einzuläuten. Gelegenheit dazu bietet die Astra-Stube mit vier Acts, die keine Verstärkung nötig haben.

Die Band Owls By Nature kommt aus Kanada und irgendwie denkt man bei Herkunft und Namen des Quintetts an Lagerfeuer und zartes Gitarrengezupfe. Teilweise behält man recht. Owls By Nature stehen für Anthmatic Folk Rock, also durchaus draußen-sein-taugliche Klänge und tatsächlich spielen auch Gitarren in sämtlichen Ausführungen eine Rolle. Ihr Sound ist aber nicht gemütlich, romantisch, beschaulich, sondern flott, rockig, energetisch – zumindest in den schnelleren Nummern, die Musiker können auch die Füße stillhalten. In die Astra-Stube bringen die sechs Männer aus Edmonton die Stücke ihres aktuellen Albums Everything Is Hunted mit. Ebenfalls am Start sind an diesem akustischen Abend The Lion and The Wolf, das Solo-Projekt Worst Days Down von Ben Sir und der Hamburger Singer-Songwriter John Allen, der sich auch im Folk, Country, Punk und Americana zu Hause fühlt.

Text: Lena Frommeyer

 

Jungspund

Alles neu am Tschaikowskyplatz: Jean-Pierre Böge eröffnete hier sein Restaurant für Speisen aus regionalen Zutaten, die man probieren sollte.

Im Gebäude einer russisch-orthodoxen Kirchengemeinde am Tschaikowskyplatz hat Jean-Pierre Böge (Foto) über zwei Etagen sein Restaurant Jungspund eröffnet. Dort bietet er mit seinem Team – durchaus jung, aber auch erfahren – Speisen aus regionalen Zutaten. Das Fleisch beispielsweise liefert Jungbauer Peter Wartmann vom Lindenhof direkt, und auch sonst kommen die Produkte aus dem Umland und ohne Zwischenhändler oder Großmarktaufenthalt ins Restaurant.

Durch ein Fenster in der robust gestalteten Holzwand, die im Erdgeschoss Hausbar von Küche trennt, kann man dem ebenfalls jungen Koch Tim Woitaske zugucken, wie er die Gerichte zubereitet – von veganer Kartoffelsuppe über Rindercarpaccio bis zu Kabeljau auf Heidelbeerrisotto. Die jung gestaltete Speisekarte umfasst viele Klassiker, die weder zu hip noch zu altbacken umgesetzt werden. Wie die hausgemachte grobe Kalbsbratwurst mit Kartoffelpüree und Zwiebelsauce (10,50 Euro), die mit ihrem dominanten Fenchelaroma überrascht. Ein guter kulinarischer Start in die Woche.

Text: Julia Braune

 

Mudhoney

Flanellhemden raus: Die Vorreiter des Grunge aus Seattle kommen ins Uebel & Gefährlich – nicht mit neuem Album aber was soll’s.

Sie sind die „immer noch beste, sympathischste, nerdigste und kompromissloseste Grungeband aller Zeiten“, zumindest nach Meinung des SZENE HAMBURG-Autors Ingo Scheel. Allerdings ließen sich Mudhoney seit Mitte der 1990er Jahre verdammt selten in Hamburg blicken. Die vier Musiker aus Seattle scheinen die Clubs der Elbe zu vermissen. Mark Arm und Co. flogen vor zwei Jahren endlich wieder über den großen Teich – gut gelaunt, musikalisch nach wie vor überzeugend und mit einer neues Scheibe namens Vanishing Point. Ihre 2015er Tour wird zwar nicht von einem neuen Album gekrönt, aber was soll’s. Die Grungevorreiter, die – Gott sei Dank – nie richtig exzessiv gehypt wurden, sind immer willkommen.