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Lessingtage

Welt in Aufruhr: Das Festival im Thalia Theater bemüht sich vom 28. Januar bis zum 8. Februar um ein weltverbindendes Miteinander.

Die Antwort, worum es geht, liefern die Lessingtage alljährlich in ihrem Motto – nichts weniger als Um alles in der Welt. Die Idee eines übernationalen, multireligiösen Zusammenlebens aller Kulturen ist nämlich gar keine neue, der Namensgeber des Theaterfestivals, Gotthold Ephraim Lessing, begriff die Notwendigkeit und die Herausforderung einer friedvollen Weltgemeinschaft bereits im Zeitalter der Aufklärung. Darum widmen sich die Produktionen – eine Mischung aus internationalen Gastspielen, Vorträgen, Konzerten und Performances – dem multiethnischen Miteinander, ganz im Geiste Lessings. Dieses Jahr stehen die Theatertage im Zeichen des Aufruhrs, der den ganzen Erdball erfasst hat, wie es scheint: vom Taksim-Platz zum Maidan über Shitstorms im Netz zum fremdenfeindlichen Pegida-Mob in Dresden. Der amerikanische Soziologe Richard Sennett hält die Eröffnungsrede zum Thema, Johan Simons führt zu Beginn das Jelinek-Stück Das schweigende Mädchen auf, den Abschluss macht Luk Perceval mit einer Macbeth-Inszenierung aus St. Petersburg. Außerdem wird das Ring-Projekt von Antú Romero Nunes erstmals als Nibelungen! Der ganze Ring in einem Stück gezeigt. Vielleicht gibt es hier nicht alle Antworten, aber manchmal bringen einen die richtigen Fragen schon weiter.

Text: Michael Weiland

 

Schwing das Tanzbein

Die Golden Renaissance lädt zur großen Swing-Sause in die Mozartsälen – inklusive Mode-Designern, Stylisten, Barbiers, Talk, Tanzkurs und Vintage-Markt.

Unter den Kronleuchtern und stuckverzierten Decken der herrschaftlichen Mozartsäle kann man besonders feierlich in vergangenen Zeiten schwelgen: Die Golden Renaissance (alias Golden Maritim) lässt für einen Abend die Ära der Zwanziger und Dreißiger Jahre wieder aufleben. Zur Einstimmung auf die Epoche des Swing sorgen auf dem Vintage-Markt nicht nur Stylisten und Barbiere, sondern auch Mode-Designer wie Recession by Marla. Zwischendurch sorgt das Speisekabinett, das auch als Veranstalter von Golden Renaissance fungiert, für kulinarische Leckereien, Reinhard Otto vom Barmbeker Schallarchiv lädt zum Swing History Talk und die Swing-Werkstatt frischt noch mal in zwei Kursen die Grundschritte auf – damit schließlich alle Gäste fertig gestylt und warmgetanzt sind: für Live-Musik von Sultans Of Swing und DJ Mr. Tumbleweed.

Text: Julia Braune

 

Lips

Make-up, Konfetti, Goodies und jede Menge Glitzer: Gays, Transgender und „Heten“ teilen sich ein und dieselbe Tanzfläche.

Neues Jahr, neues Glück – dazu gehört auch eine neue Partyreihe. Zumindest in Hamburg-St. Pauli, denn dann veranstaltet der Grüne Jäger erstmals die Gay.Les.Bi.Queere Dance-Night mit dem Namen LIPS. Getreu dem Motto „Everybody’s welcome“ haben Homos, Transgender und Heteros die Möglichkeit, für nur fünf Taler gemeinsam abzufeiern. Auf dem Mainfloor werden dafür die DJanes Nicki Dynamite – bekannt aus der Wunderbar und von der Party-Reihe Glory and Youth – sowie DJ Ed von Dreck (Entdeck The Dreck) für Dance-Hits und Singalongs sorgen. Neben der musikalischen Bespaßung hält Drag-Queen Saskia Lavaux und ihre LIPS-Partycrew (Foto) zahlreiche Specials bereit. In Worten: Make-up-Artists, glamouröse Light-Shows, unzählige Goodies und natürlich Glitzer und Konfetti satt. Auf ein buntes 2015!

Text: Ole Masch

 

Baron Pries

House-Muzak in der Hotelbar: Ein Duo aus Berlin mischt Four-To-The-Floor-Tracks mit live gespielten, synthetisch verfremdeten Tenorsaxophon-Sounds.

Baron Pries sind Viktor Pries (unter anderem für die Münchner Komödie im Bayerischen Hof tätig) und Ivan Baron (nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen US-Tennisspieler) aus Berlin. Letzterer entwirft House-Patterns auf seinem Laptop und anderen Maschinen, der andere ergänzt diese vorarrangierten Tracks durch live gespielte Tenorsaxophon-Tupfer und -Sounds, die mithilfe diverser Effektgeräte verfremdet werden. Die beiden haben sich im Jahr 2013 zusammengetan, manchmal nehmen sie noch einen dritten Musiker mit zu ihren Live-Gigs, zum Beispiel den Posaunisten Dominik Hummel. Zu ihrem Gastspiel in der L.BAR im Gastwerk Hotel Hamburg kommen die beiden ohne weitere Begleitung. Wer auf „sphärisch“ anmutende House-Muzak ohne Ecken und Kanten steht, könnte hieran Vergnügen finden. Da wir es mit einer Hotelbar zu tun haben, endet die Veranstaltung spätestens um 23.30 Uhr. Raven müsst Ihr anschließend also woanders …

 

 

Helgen

Ein junges Hamburger Trio präsentiert seinen ersten Tonträger im Rahmen der „Hamburger Küchensessions“ live im Knust.

„Wir haben den GuteLauneBus an die Wand gefahren / Wir lehnen uns zu weit aus dem Fenster / Wir waren viel zu lang was wir schon waren / Wir haben alle Scheiben eingeschlagen…“ Die Band, die diese Zeilen singt, nennt sich Helgen und gibt St. Pauli als ihren Heimathafen an. Das junge Trio ist seit wenigen Jahren musikalisch aktiv, macht aber schon einen ungemein professionellen Eindruck. Ob unplugged, mit akustischer Gitarre und Kontrabass oder unter Strom gesetzt – ihr Indie-Sound klingt überzeugend, ganz unabhängig davon, in welcher Lautstärke und in welchem Tempo zu Werke gegangen wird. Die drei Jungs verstehen ihr Handwerk und wirken heute schon so, als hätten sie bisher nichts anderes als Musik gemacht. Im Januar bringt das Trio seinen ersten Tonträger heraus. Aus diesem Anlass ist am 23. Januar ein Release-Konzert in der Knust-Bar anberaumt worden. Die Chancen, diese Band in den nächsten Jahren am selben Ort (dann allerdings auf der großen Bühne) zu sehen, stehen nicht schlecht.

 

Tornado Rosenberg & Friends

Geburtstagsständchen zu Ehren eines Großmeisters: Der Hamburger Gitarrist widmet sich mit seiner Gruppe dem Werk von Django Reinhardt.

Tornado Rosenberg lernte schon als Knirps das Gitarrespielen. Mit sieben Jahren wirkte er – zusammen mit seinem Vater – erstmals bei Plattenaufnahmen des Sissi-Orchesters mit, das auch für die musikalische Begleitung der gleichnamigen Filme verantwortlich war. Seitdem hat der 1950 geborene Rosenberg seine Liebe zur Musik konsequent weiter gepflegt – allerdings weniger in der Absicht, irgendwann einmal groß rauszukommen, sondern eher mit dem Ziel, bestimmte Musikformen und deren Spielarten zu bewahren. Zu diesen zählt – neben Folklore, Bossa und Blues – natürlich die Musik des legendären Wegbereiters des europäischen Swing, Django Reinhardt. Dem Großmeister des sogenannten Sinti-Jazz ist auch der Abend des 23. Januar gewidmet, den Tornado Rosenberg mit seinen Friends in der Werkstatt 3 bestreitet.

 

„KarlMaySelf“

Die Tragikomödie des Regisseurs Johannes Ender ist ein modernes Spiel mit Identitäten und kommt zu dem Schluss: Karl May ist ein bisschen wie Lady Gaga.

Die Authentizität seiner Winnetou-Romane machte ihn weltberühmt. Auch andere Schriftsteller wie Jules Verne vermischten in ihrer Literatur Fantastereien mit Journalismus- und Wissenschaftsjargon. Doch Karl May ging einen Schritt weiter. So behauptete er öffentlich, die Helden seiner Erzählungen, Old Shatterhand und Kara Ben Nemsi, würden ihn selbst verkörpern. Seine vielen Pseudonyme mögen noch als Belege seiner Geschäftstüchtigkeit durchgehen, doch seine Alter Egos hatten etwas Pathologisches, erinnern an Manipulation, an Freiheitsdrang und Selbstbetrug.

In Anlehnung an Mays Autobiografie betrachtet der Hamburger Regisseur Johannes Ender mit KarlMaySelf das „ständige Herstellen von Selbstbildern. Wir folgen Karl May und finden einen Mann, der sich in seinen Bildern verstrickt.“ In dem Siegerprojekt des 7. Start-off-Wettbewerbs, einer Initiative zur Förderung von Nachwuchskünstlern, bindet er die tragikomische Kunstfigur Karl May in unterhaltsamer Wildwest-Manier an die Moderne – mithilfe des Klang- und Performancekünstlers Daniel Dominguez Teruel. Mitstreiter und Kabarettist Jasper Diedrichsen ergänzt: „Er ist von allem etwas, ein Popstar seiner Zeit. Er inszenierte sich und verschmolz mit seinen Ideen. Ein bisschen wie Lady Gaga.“ Freilich wäre der ernsthafte Versuch einer Trennung von Fakt und Fiktion so zwecklos wie die Frage, ob Mays Sahara in Durch die Wüste aus Quarzsand oder zerriebenen Muscheln besteht. Oder ob sich Winnetous Heimat in Oberlößnitz oder Amerika befindet.

Text: Reimar Biedermann

 

4. arabesques

Beim deutsch-französischen Festival stehen rund 40 Konzerte, Fotoausstellungen, Film-, Tanz- und Theaterabende in fünf Wochen auf dem Plan.

Frankophile Anhänger diverser Kulturdisziplinen finden in dem deutsch-französischen Festival arabesques eine Plattform, um ihrer Leidenschaft zu frönen. „Culture sans frontières“ (Kultur ohne Grenzen) lautet das Motto, unter dem fünf Wochen lang in Hamburg gefeiert wird. Künstler aus Paris, Grenoble und Marseille präsentieren Projekte, die mit Hamburgern gemeinsam umgesetzt wurden und zeigen, wie sich die verschiedenen Kulturen beeinflussen und bereichern. Das Programm umfasst rund 40 Konzerte, Fotoausstellungen, Film-, Tanz- und Theaterabende. Am 22. Januar eröffnete das Festival mit einem Fest – passenderweise an dem Tag, an dem vor 52 Jahren der Elysée-Vertrag unterzeichnet wurde. Einen Tag später steht unter anderem Singer/Songwriter und Dandy Askehoug auf der Bühne des Club arabesques im Sozialgebäude Kolbenhof. Der eitle Künstler trägt skurrile Texte vor, die er in „rockig-jazzige Chansons“ einbettet. Weitere Veranstaltungen sind im Programmkalender einsehbar.

 

„Hamburg Shuffle“

Metal, Folk, Jazz, House – Hundert DJs legen in einer einzigen Nacht jeweils vier Minuten lang auf. Die Partyreihe im Hafenklang geht in die sechste Runde.

Wie oft steht man im Club auf der Tanzfläche und denkt: „Herrgott noch mal, wie kann man denn nach so einem Stück jetzt so eins auflegen!“ Also vorab: Wer mit abruptem Genrewechsel nicht klar kommt, für den ist die Party HH Shuffle im Hafenklang nichts. Hier steht nämlich alle vier Minuten ein neuer Mensch hinterm Mischpult. Das verspricht nicht gerade musikalische Stringenz. 100 DJs wollen nacheinander die Meute zum Tanzen bringen. Da folgt also Northern Soul auf Eurodance auf Thrash Metal auf Deep House. Einige Disc Jockey sorgen für zusätzliche Verwirrung, weil sie ihre vier Minuten wiederum mit einem Set aus Songschnipseln füllen, die wild ineinandergreifen. Wem da nach einiger Zeit der Kopf schwirrt, der kann sich im Goldenen Salon erholen: Dort spielen einige der DJs klassisch-kohärente Sets.

Folgend eine klitzekleine Auswahl der beteiligten Akteure:

 

Benefizkonzert für Flüchtlinge

Unter dem Motto „Of Joy & Fortune“ sammeln Bands aus Kanada und England in der St. Pauli Kirche Spenden für die Hilfestelle Fluchtpunkt.

Jeden Monat kommen neue Menschen nach Hamburg, die aus ihrer Heimat flohen – vor Krieg, Armut oder politischer Verfolgung. Sie suchen einen Platz zum Leben und zum Bleiben. Diesen Flüchtlingen zu helfen, das gehört mittlerweile zum Alltag vieler Hamburger. Netzwerke wuchsen in jüngster Vergangenheit, via Facebook-Gruppe stimmt man sich ab: Wer will noch Deutschunterricht geben? Wer kann bei der Kinderbetreuung helfen? Auch Institutionen setzen sich für die Rechte und den Schutz von Flüchtlingen ein. So auch die kirchliche Hilfestelle Fluchtpunkt. Um Spenden für deren Arbeit zu sammeln, veranstaltet die St. Pauli Kirche zusammen mit dem Musiklabel Butterfly Collectors ein Benefizkonzert. Am 22. Januar spielen drei Acts in der St. Pauli Kirche – dem Sitz jener Gemeinde, die im Sommer 2013 ihre Türen für 80 Flüchtlinge öffnete, um ihnen einen Platz zum Schlafen zu bieten. Unter dem Motto Of Joy & Fortune stehen beim Spendenabend Jeff Beadle (Foto) aus Kanada sowie Wooden Arms und Ajimal aus England auf der Bühne. Sie alle singen über Glück, Schicksal und neue Hoffnung.

Text: Lena Frommeyer