Freiheit und Anerkennung für den Whistleblower: In der Kulturetage Altona und im Monsun Theater findet gleichzeitig eine Lesung für den ehemaligen NSA-Mitarbeiter statt.
Edward Snowden enthüllte, wie ein globales Spionage-Netzwerk die ganze Welt überwacht. The Guardian und The Washington Post, die von ihm entwendeten Dokumente veröffentlichten, wurden beide mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichnet. Für einige gilt der ehemalige NSA-Mitarbeiter als Held, schließlich löste er damit eine der größten Debatten der letzten Jahre aus. In den USA wurde er jedoch der Spionage angeklagt und floh nach Russland ins Exil. Das internationale Literaturfestival Berlin hat einen Aufruf an Schulen, Medien und andere Institutionen gestartet, sich an einer weltweiten Lesung für Snowden zu beteiligen. Rund 70 Teilnehmer in Deutschland, Europa und USA werden gleichzeitig Texte zum Thema Überwachung lesen. In Hamburg findet die Lesung in der Kulturetage Altona statt sowie im Monsun Theater, mit Beiträgen der Schauspieler Karl Georg Kayser, Katja Lahman und Rotraut de Neve.
Rasmus Gerlach porträtierte afrikanische Flüchtlinge in der St.-Pauli-Kirche. Zur Vorführung seines Films im Metropolis Kino ist er anwesend.
Regisseur Rasmus Gerlach ist nicht der einzige, der auf St. Pauli die Kamera zückt. Vor kurzem präsentierte Filmemacher Julian Schöneich die Rohfassung seiner Pauli-Doku. In St. Pauli Zoozeigt der 26-Jährige den Kiez aus Anwohner-Perspektive. Bewohner sprechen von St. Pauli als ihre Geliebte, über den dörflichen Charakter der Nachbarschaft, aber auch den Wandel durch Gentrifizierung und den Ausverkauf von St. Pauli als Touristenattraktion. Einer, der hier zu Wort kommt, ist Pastor Sieghard Wilm, der seine Kirche im Sommer 2013 für in Hamburg gestrandete Lampedusa-Flüchtlinge öffnete.
Auf eben diesen Akt der Menschlichkeit konzentrierte sich Regisseur Rasmus Gerlach für seinen Film Lampedusa in St. Pauli. Er begleitete die afrikanischen Flüchtlinge und ihre Gastgeber in der St.-Pauli-Kirche mit der Kamera, dokumentierte nachbarschaftliche Hilfsbereitschaft in Form von Wäschewaschen, Lebensmittelhilfe, Rechtsberatung und Deutschunterricht. Für Schutz gegen ausländerfeindliche Kreise sorgten die Türsteher vom Kiez. Heute, ein Jahr nach den Dreharbeiten, ist der Status der meisten Flüchtlinge immer noch unklar, weshalb die Präsentation der Dokumentation im Metropolis Kino gesellschaftspolitische Aktualität abbildet. Der Filmemacher wird anwesend sein.
Text: Lena Frommeyer
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Im Rahmen der Reihe „Je länger, je lieber“ lassen House-DJs aus den USA und Hamburg die Kellerwände des Nochtspeichers vibrieren.
In dieser Nacht geht es nicht nur um die Liebe zum Vinyl, sondern auch um eine transatlantische Freundschaft – zwischen Hamburg und Baltimore, oder genauer: zwischen den beiden House-DJs Simon Ferdinand und Feroun (Foto). Erst im Juli hat Feroun den Hamburger für einen Gig in die Charm City an der Ostküste der USA geladen.
Jetzt, eineinhalb Monate später, wird freudiges Wiedersehen in der Nochtwache gefeiert – und gleichzeitig die erste Release von Ferouns eigenem Vinyl-Only-Label Kowli Records: Auf der noch druckfrischen Platte sind verschiedene Deep-House-Künstler versammelt, darunter Doc Martin aus Los Angeles, Joeski aus New York – und natürlich Simon Ferdinand. In der Nochtwache wird das deutsch-amerikanische Duo ergänzt vom ebenfalls aus Hamburg stammenden Konrad Gibson, der Teil der Partyreihe Music Sounds Better ist.
Text: Julia Braune
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Musik wie Tagebucheinträge: Die 19-jährige Songschreiberin aus dem Schwarzwald trägt ihre freundlichen Folk-Popsongs im Nochtspeicher vor.
Eine der Hauptaufgaben von Plattenfirmen ist die Talentsuche – in den vergangenen Jahren ist der Job immerhin ein bisschen leichter geworden: Schließlich kann man sich als Label Internet-Stars mittlerweile mit bereits eingebauter Fanbasis heranholen. Madeline Juno wurde dank einiger Songs auf YouTube zum Netzliebling, bevor ihr melancholischer Folkpop auch weniger webaffine Leute erreichte. Im Kino zum Beispiel, wo ihr Song Error im Leinwanderfolg Fack ju Göhte zu hören war. Außerdem wäre sie fast für Deutschland zum Eurovision Song Contest gefahren (immerhin war sie zum Vorentscheid eingeladen). Die Songs der 19-Jährigen sind freundlich und von jener Tagebuch-Melancholie, die man in dem Alter eben pflegt. Das war wohl zu wenig Glitzerglitzer fürs Grand-Prix-Publikum. In jedem anderen Zusammenhang sind sie allerdings goldrichtig.
Text: Thorsten Moor
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Transatlantischer Ping Pong und politisierte Popmusik aus Hamburg – zwei sehenswerte Bands begegnen sich auf der Freilichtbühne am Stadtpark.
Popmusik ist so etwas wie ein transatlantisches Pingpong-Spiel: Wenn der englische Editors-Sänger Tom Smith in Interviews erzählt, wie sehr ihn amerikanische Bands wie The National oder R.E.M. beeinflusst haben, wüssten die ihrerseits gewiss von britischen Erzeugnissen in ihren Plattenschränken zu erzählen. Man kann die Spirale weiterdrehen bis zu den Beatles und den Stones, die eigentlich nur US-Rock’n’Roll nachspielen wollten. The Weight Of Our Love, das vierte Album der Editors, klingt trotz der unauflösbaren Verzahnung englischsprachiger Popmusik allerdings durchaus sehr amerikanisch: Das mag am Produzenten Jacquire King liegen, der die Band in Nashville aufnehmen ließ. Das Ergebnis hat zwar keinen Cowboyhut auf, klingt aber erstmals nach Weite und Sehnsucht.
Gerade erst am Beginn ihrer Karriere stehen Trümmer, die als Vorgruppe auftreten: Soeben erschien ihr Debüt Wo ist die Euphorie – Indierock aus Hamburg, der Stellung bezieht und an die goldenen Zeiten politisierter Popmusik aus Hamburg erinnert. Endlich möchte mal wieder jemand Teil einer Jugendbewegung sein.
Text: Michael Weiland
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Filme, Plakate, Spielzeug: Kurator Dennis Conrad führt durch die Ausstellung „Krieg und Propaganda 14/18“ im Museum für Kunst und Gewerbe.
Seit 20. Juni läuft bereits die Ausstellung Krieg und Propaganda 14/18 im Hamburger Museum für Kunst und Gewerbe. Und wer wäre besser dafür geeignet, einen fundierten und kompetenten Einblick in diese umfassende und packende Schau zu geben als der Kurator Dennis Conrad selbst? Im Sonntagsfokus zeigt er anhand von Postkarten, Plakaten (Abb.: Julius Gipkens: Kanin-Felle abliefern!, 1915/16), Filmen, historischen Tonaufnahmen, Skulpturen, Fotografien, illustrierten Zeitungen und Alltagsgegenständen wie Kinderspielzeug und Patriotika, wie die mentale Mobilisierung vor und im Ersten Weltkrieg funktionierte – und wie deren Mechanismen bis heute verwendet werden. Die Kosten der Führung sind im Eintritt enthalten. Die Ausstellung ist noch bis zum 2. November zu sehen. Es lohnt sich – nicht zuletzt wegen der brennenden Aktualität dieses Themas.
Text: Sabine Danek
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Lokales Design, kollektives Denken, bewusster Konsum: Der Co-Working-Space formschoen. Raum für Design lädt zum Kleiderflohmarkt.
„Wir brauchen wieder eine Beziehung zu unserer Kleidung!“, sagt Sarah Bürger. Obwohl Mode für uns aus dem alltäglichen Leben nicht mehr wegzudenken ist, scheinen wir ein gesundes Verhältnis dazu verloren zu haben. Wir wissen, dass das super stylische T-Shirt in China und damit unter miesen Bedingungen hergestellt wurde, kaufen es aber trotzdem. Damit sich dieser Widerspruch ein wenig aufhebt, hat Sarah Bürger, selbst Modedesignerin, den Co-Working-Space formschoen. Raum für Design gegründet. Dort sollen einerseits lokale Nachwuchsdesigner die Möglichkeit haben, zu arbeiten und sich zu vernetzen, andererseits können interessierte Laien in Workshops nähen oder gestalten lernen. Zur Zeit haben unter anderen Designer wie Svenja Keune, Kerstin Lakeberg oder das Label Mok’wi ihren Sitz im Co-Working-Space. Der wiederum ist übrigens Teil des Künstlerhauses Wartenau 16, das insgesamt 20 verschiedene Kreative unter einem Dach versammelt. Neugierig geworden? Dann nichts wie hin zum Kleiderflohmarkt, der am 7. September im Raum für Design statt findet.
Ingo Schepper verkauft eigentlich in der Schanze seine feine Plattenauswahl. Nun eröffnet die zweite Filiale auf St. Pauli – mit DJ-Sets und Fotos von Frank Egel.
Mit seinen Reggae-Raritäten und Soul-Unikaten ist dieser Recordshop in der Schanze längst eine Institution. Chef-Selekta Ingo Schepper findet: Auch St. Pauli braucht mehr „positive Vibes“ und eröffnet am 6. September in der Bernhard-Nocht-Straße 65, am Rande der Hafenstraße, einen zweiten Laden. Im Selekta Reggae Record Shop kann man dann nicht nur Platten und Streetwear kaufen – an die mit Tonträgern gefüllten Regale schließt sich ein Studio-Komplex mit Parkettfußboden an, der unter anderem als Galerie genutzt wird. Kiezfotograf Frank Egel macht den Anfang. Unter dem Titel Catch of the day zeigt er ab 15 Uhr eine Art Fotologbuch der Nachbarschaft: „Wo viel Licht ist, ist auch viel Schatten. Und auf der Reeperbahn ist verdammt viel Licht!“ heißt es in der Ankündigung der Ausstellung. Bei der großen Eröffnungsfeier darf selbstredend Musik vom Plattenteller nicht fehlen, „Vintage-Reggae-Boss“ Hans Peters und der „Funkmaster-Soul-Professor“ Henry übernehmen das.
Das Hopping geht in die nächste Runde: In 21 Bars kann man zu jeder Menge DJs und Live-Musik die Nacht zum Tage machen.
Nur einen Tag nach der Nacht der Clubs steht in Hamburg das nächste Hopping-Event an. Bei der Roten Nacht der Bars geht es in angesagte Lokale der Stadt. Eine bekannte Aperitifmarke lädt in 21 verschiedene Orte rund um Schanze, Kiez und Alster und liefert die passenden Drinks gleich dazu. Um gemütlich zwischen Bars wie Hoch 3, Die Herren Simpel, Sandsbar, Goldfischglas und Galopper des Jahres hin und her zu tingeln, wird ein kostenloser Shuttle eingerichtet. Die verschiedenen Locations bieten an diesem Abend ein spannendes Kunst- und Musikprogramm, über das sich Besucher via App informieren können. Zu den erwarteten Highlights zählen unter anderem DJ Napoleon, der im Good Old Days die Turntables bedienen wird, und Timothy (der mit drei Beiträgen auf dem Schlussmacher-Soundtrack vertreten war) in der Bar Rossi.
Tolle Gesellschaftspersiflage: Das Hamburger Künstlerduo „erspielt und erforscht die Demonstrationskultur“ in der Galerie Melike Bilir.
Ihr bisher größter Coup klebt ihnen wie ein Apfel am Schuh. Als es dem Künstlerduo We Are Visual während der Bauarbeiten zum größten Apple-Store Deutschlands am Jungfernstieg gelang, dort in aller Seelenruhe das Windows-Signet anzubringen. Viele Aktionen sind seither gefolgt, die Interimsgalerie Kapriole oder die Aktion Touristosauros im Jahr 2010, bei der sie das orangene Aussichtstürmchen am Marco-Polo-Tower in der Hafencity in einen Feuer speienden Dinosaurier verwandelten. Und das alles am hellichten Tage – denn nicht von ungefähr nennen Marc Einsiedel und Felix Jung sich als Künstlergruppe We Are Visual. Politisch wie spielerisch ist ihr Ansatz, mit dem sie jetzt in der Galerie Melike Bilir unter dem Titel Ballon die Demonstrationskultur erspielen und erforschen wollen – und wir können es kaum erwarten.