Lesezeichen
 

Backbeat

Die Beatles vor den Beatles: Eine verschwitzte Rock‘n‘Roll-Show im Altonaer Theater widmet sich den Anfängen der „Fab Four“ in Hamburg.

Sicherlich ist die Vergangenheit der Beatles eine der bestdokumentierten der Musikgeschichte. Auch im Kino sind die Liverpooler gut vertreten. Ein herausragender Film über die Band heißt Backbeat – in ihm erzählte Regisseur Iain Softley 1994 die Geschichte des fünften Beatle Stuart Sutcliffe. Der war zwar kein begnadeter Bassist, aber John Lennons bester Freund – so zog es ihn mit dem Rest der Truppe nach Hamburg. Im Altonaer Theater kommt jetzt als deutschsprachige Premiere das Musical nach der Filmvorlage zur Aufführung: Die Geschichte der frühen Beatles nimmt den Zuschauer mit ins Hamburger Rotlicht der Sechziger Jahre, wo sich die blutjungen Briten als nachtaktive Tanzmusikkapelle im Kaiserkeller verdingen. Dort nimmt die Fotografin Astrid Kirchherr Notiz von dem scheuen Mann am Bass – und verliebt sich. Die Bühnenversion von Backbeat lässt die Beatles als Live-Band aufspielen, die frühe Hits wie Love Me Do zum Besten gibt und sich sonst auf den Rock‘n‘Roll-Werkskörper stützt: Songs wie Long Tall Sally oder Twist And Shout, die Lennon/McCartney zwar nicht geschrieben, die sie sich aber mit unverwechselbarer Energie zu eigen gemacht haben. Die Vorstellung am 27. Juli ist bereits ausverkauft – für den 31. Juli und 1. August gibt es noch Karten.

Text: Michael Weiland

 

Tim Bendzko

Im Rahmen seiner „Ich steh nicht mehr still“-Tour gastiert Tim Bendzko mit Band auf der Freilichtbühne im Stadtpark.

Dass der blonde Lockenkopf und „Weltretter“ nicht besorgt sein muss, neben Bands wie The National, Alter Bridge oder Imagine Dragons unterzugehen, hat Tim Bendzko bereits in der Vergangenheit bewiesen: Seine Auszeichnungen reichen vom Echo über den Bambi bis hin zum World Music Award. Auch wenn Kritiker sein zweites und aktuelles Album, Am seidenen Faden, überwiegend verreißen, soll das seinem Erfolg keinen Abbruch tun. So steuerte der knapp 30-jährige Berliner die Musik für den Abspann der deutschen Fassung des Kino-Blockbusters The Amazing Spiderman 2 bei. Und dass das Gerede vom „Weltretten“ gar nicht mal so dahergesungen ist, konnte der Sänger und Songwriter auf der Kieler Woche unter Beweis stellen, als er kurzfristig für die erkrankte Kollegin Anastacia eingesprungen ist. Da sollte ein ganz normales Konzert im Stadtpark ja wohl die leichteste Übung sein – oder Herr Bendzko?

Text: Jannis Hartmann

 

Retro-Räder

Wie restauriert man historische Bikes? Im Rahmen der Ausstellung „Das Fahrrad“ zeigen die Gebrüder Sarac von Le Vélo in der Besucherwerkstatt, was man beachten muss.

Mit viel Liebe fürs Detail restaurieren Senad und Sead Sarac Fahrräder, die zwischen 1880 und 1960 gebaut wurden – damals noch in aufwändiger Handarbeit, quasi für die Ewigkeit konstruiert. Die Brüder stammen aus einer Handwerkerfamilie und richteten sich in Ottensen (Große Brunnenstraße 141) die Hinterhofwerkstatt Le Vélo ein, die auch gleichzeitig Showroom und Laden ist. Ob dann ein italienischer Rennradrahmen aus den zwanziger Jahren, Fahrradleuchten aus Paris aus dem Fin de Siècle oder ein Lenker von Schweizer Postfahrrädern aus den vierziger Jahren gerade dort in Bearbeitung ist – die beiden Männer folgen stets ihrer Restaurierungs-Philosophie, die Originalteile möglichst zu erhalten, sie mit einem Speziallack zu stabilisieren und so für die Anforderungen im heutigen Straßenverkehr fit zu machen. Wie das genau funktioniert, zeigen sie am 26. Juli im Rahmen der Ausstellung Das Fahrrad im Museum der Arbeit. Ab etwa 11 Uhr lassen sie sich in der Besucherwerkstatt nicht nur über die Schulter gucken, sondern führen Schritt für Schritt einen Restaurierungsprozess vor. Das Museum in Barmbek erreicht man übrigens prima via Zweirad…

Text: Lena Frommeyer

 

Symfotronik

Harmonielehre trifft auf Soundgetüftel beim neoklassischen Abend im Rahmen des MS-Artville-Festivals mit vier urbanen Künstlern.

Der Begriff Neo-Klassik hat seit ein paar Jahren starken Auftrieb – dank Labels wie Erased Tapes oder Denovali und einiger prominenter Künstler, etwa Nils Frahm, Ólafur Arnalds und Max Richter. Traditionelles Kompositionshandwerk und Harmonielehre treffen dort auf moderne Produktionstechniken und experimentelles Soundgetüftel. Symfotronik, ein Abend im Rahmen des MS-Artville-Festivals auf dem Dockville-Gelände, stellt vier weitere Künstler in der Schnittmenge von Klassik und Elektronik vor. Der Pianist Lambert versteckt sein Gesicht hinter einer Maske und lässt lieber seine Kompositionen sprechen, sein gleichnamiges Debüt hat der oben erwähnte Nils Frahm geistesverwandt produziert. Loops und Synthesizer prägen Greg Haines’ kleinteilig-mysteriöse Musik. Der Hamburger Patlac findet die hypnotische, harmonische Seite von House-Musik, der Wahlberliner Jian Kellett Liew alias Kyson dokumentiert urbane Szenen in warmen analogen Soundscapes. Die Grenzen verschwimmen: So klingt die Zukunft.

Text: Michael Weiland

 

Sternbrücken Clubnacht

Wenn die Clubs Waagenbau, Fundbureau und Astra Stube gemeinsame Sache machen, wird die Brückenkreuzung zum Bermuda-Dreieck für Nachteulen.

Eine tolle Kooperation, die den besonderen Charme dieser zu Hamburgs Ausgehknoten Nummer eins avancierten kleinen, illustren Kreuzung (die der gemeine Spießer vielleicht als “Schandfleck“ bezeichnen würde) umso stärker wirken lässt: Am 26. Juli laden die „Sternbrücken-ClubsAstra Stube, Fundbureau und Waagenbau zum Midsommer-Special – einer gemeinsamen Clubnacht. Ein Mal zahlen, alles drin: Funk und Soul mit Hein Boogie und Insane Romain in Astra Stube; Marc Deal (Dirty Trip, Foto) sowie die Zoo Clique (Dirty Trip) und Artenvielfalt aus Lübeck beschallen das Fundbureau mit House und Techno; und im Waagenbau sorgen Talawah und Nerima für ausgesuchte Dancehall- und Afrosounds, während sich auf dem “Main Floor“ FS Green, DJ Mixwell und DJ Ben Kenobi die Mischpultregler in die Hand geben. Man läuft Gefahr, sich in diesem Bermuda-Dreieck zu verlieren, und zack ist es fast schon Montag…

 

Metropolis

Fritz Langs Stummfilmklassiker mit musikalischer Live-Begleitung durch den renommierten französischen Organisten Jean-Baptiste Dupont.

Der 1979 geborene Komponist und Kirchenorganist Jean-Baptiste Dupont gilt als herausragender Techniker und fähiger Improvisator an der Kirchenorgel sowie als respektierter Interpret des Orgelwerks von Max Reger, dessen anspruchsvolle Kompositionen jeden Organisten so einiges abverlangen. Seit 2012 ist er Organist der Kathedrale Saint-André von Bordeaux und beschäftigt sich außerdem mit dem Orgelbau und dessen Geschichte. Im Rahmen der Reihe Orgelkunst: Sommerkonzerte gastiert der französische Virtuose in der Domkirche St. Marien, wo Dupont zu Metropolis, Fritz Langs expressionistischem Stummfilmklassiker aus dem 1927, improvisieren wird. Ob sich Dupont dabei an der bekannten Originalmusik des 1937 verstorbenen Kölner Sängers, Schauspielers und Filmmusik-Komponisten Gottfried Huppertz (Die Nibelungen, Zur Chronik von Grieshuus) orientieren wird …?

 

The Outskirts

Das Noise-Rock-Duo aus den Niederlanden bewummert den Kraniche Club mit Gitarrensplittern und Bassbomben. Support: Miss Mesopotamia und Helgoland aus Hamburg.

Hinter dem Namen The Outskirts verbergen sich die Bassistin Renata Hoonderd und der Gitarrist Romeo Mayor. Ihre Band existiert seit 2002, allerdings in sehr unterschiedlichen Besetzungen. Bis vor wenigen Jahren spielten die beiden Niederländer mit wechselnden Mitmusikern harten Impro-Rock und Jazz-Punk. Zuletzt schrumpfte das Projekt auf ein durch Drum-Computer verstärktes Duo zusammen. Seitdem erinnert ihr Material eher Steve Albinis Shellac oder Big Black ohne Gesang als an Free Music, was dem Vergnügen keinen Abbruch tut, sondern nur beweist, dass die beiden einen weiten musikalischen Horizont haben. Das Gastspiel der Outskirts im Club Kraniche bei den Elbbrücken wird ergänzt durch eine Performance des in Hamburg lebenden Japaners Teppei Ozawa alias Miss Hawaii alias Miss Mesopotamia (bekannt von Totenzug und Hallo Werner Clan). Außerdem mit von der Partie: Das Hamburger Primzahlenjazz-Duo Helgoland.

 

Fuck You, Freudenhaus!

Eine groß angelegte Ausstellung würdigt die angestammte Spielstätte des FC St. Pauli. Eröffnung mit Tanz, Talk und Live-Musik.

Pünktlich zum Saisonstart eröffnet am Vorabend des Spiels gegen Celtic Glasgow die große Ausstellung zum Stadion des FC St. Pauli mit dem überraschend punkig-ironischen Titel Fuck You, Freudenhaus! seine Tore. Auf über 600 Quadratmetern werden hier anhand von Bildern, Filmen, Objekten und Installationen die Geschichte, Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft der Millerntor-Arena – der angestammten Spielstätte des “Magischen FC“ – behandelt. „Zum Werden und Bleiben eines Stadions“, lautet der Untertitel der Ausstellung, die ab 18 Uhr besichtigt werden kann. Um 20 Uhr findet ein Talk im Fanladen statt, danach soll eine Party im Fansaal steigen. Für Live-Musik sorgen die Glasgower Folk’n’Roller The Wakes. Die Ausstellung läuft noch bis zum 30. August. Öffnungszeiten: täglich 11 bis 19 Uhr, donnerstags bis 22 Uhr.

 

NSU-Prozess

Unter den Augen des Verfassungsschutzes: Die Nebenanklagevertreter Bilsat Top und Alexander Kienzle beleuchten den NSU-Mord an Halit Yozgat.

Nicht gerade ein Feel-Good-Thema, aber das muss eben auch sein: Im Rahmen der Hamburger Veranstaltungsreihe Vom Rassistischen Normalzustand zum Nationalsozialistischen Untergrund sind am 25. Juli zwei Nebenanklagevertreter im Stadtteilzentrum Kölibri zu Gast. Der Vortrag von Bilsat Top und Alexander Kienzle hat den NSU-Mord an dem Internetcafé-Betreiber Halit Yozgat zum Thema. Yozgat wurde am 6. April 2006 in Kassel ermordet. Im Fokus stehen dabei die Rolle von V-Männern, sogenannte Ermittlungspannen und andere “Ungereimtheiten“, die längst den Verdacht erhärtet haben sollten, dass es sich hierbei um eines der dunkelsten Kapitel der deutschen Nachkriegsgeschichte handelt und hierzulande so manch Institution auf „dem rechten Auge blind“ ist. Rechtextremistischer Terrorismus in Deutschland? Nein, igitt, also wirklich, man muss auch mal die Kirche im Dorf lassen…

 

Stu Larsen

Der australische Singer/Songwriter und einstige Weggefährte von Passenger singt die Lieder seines aktuellen Albums auf der Dachterrasse des Uebel & Gefährlich.

Langhaariger, naturverliebter Hutzelmann mit Holzfällerhemd und akustischer Gitarre singt und spielt auf dem Dach eines Großstadtbunkers aus dem 2. Weltkrieg – schöner Kontrast. Stu Larsen kommt aus Australien und hat in Down Under schon mit Michael David Rosenberg alias Passenger zusammen gearbeitet. Während der eine im letzten Jahr seinen Durchbruch feiern konnte und große Festivalauftritte in Deutschland und anderswo genoss, machte sich der andere auf den Weg, Kalifornien zu bereisen, um zu prüfen, was es mit dem „Land of the free“ auf sich hat. Songs, die dabei entstanden sind, zum Beispiel San Francisco, landeten auf dem kürzlich erschienenen aktuellen Album Stu Larsens, das den passenden Titel Vagabond trägt. Versteht sich von selbst, dass einige davon auch bei seinem Gastspiel im Uebel & Gefährlich erklingen werden.