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Warum wir die Zockerbanken brauchen

 

Deutschland diskutiert die Bankenabgabe und fast alle sind froh, dass es den Hasardeuren des Geldes endlich zumindest ein wenig an den Kragen geht. Der Tenor vieler Bericht ist, dass der Staat die Banken nicht eng genug an die Kandare nimmt – und während das durchaus so sein mag, ist das Problem vielschichtiger.

Es geht nämlich darum, welche Rolle die Banken in einer Volkswirtschaft spielen. Darüber haben sich auch Paul Krugman und Greg Mankiw Gedanken gemacht. Die beiden sind gefechtserfahren und spitzen natürlich hemmungslos zu, aber ihr Schlagabtausch ist spannend und erhellend, weil er – anders als fast alles, was man hier so zu hören bekommt – immer den Kern des Problems berührt.

Mankiw hält es für möglich, dass sich eine moderne Volkswirtschaft mit einem narrow banking finanzieren lässt. Im Prinzip bedeutet das: Eine Bank gibt nur das als Kredit heraus, was sie durch Kundeneinlagen hereinbekommt – und auch nur zu den jeweiligen Laufzeiten. Wenn ein Unternehmen einen zehnjährigen Kredit über 1000 Euro benötigt, braucht die Bank Kunden, die bereit sind, 1000 Euro für zehn Jahre bei ihr zu parken.

Es gibt im Finanzsektor also weder Kredithebel noch Fristentransformation. Wegen der vollständigen Fristenkongruenz ist das System weitgehend immun gegen Krisen. Ein klassischer bank run ist ja deshalb in der Regel tödlich, weil keine Bank so flüssig ist, dass sie in der Lage wäre, allen Kunden ihr Geld auf einmal auszubezahlen.

Aber wie hoch ist der Preis der Stabilität? Enorm, meint Krugman. Das moderne Finanzwesen hat eine Daseinsberechtigung und erbringt einen volkswirtschaftlichen Nutzen, weil es die Liquiditätspräferenzen von Sparern und Kreditnehmern in Einklang bringt. Am Ende zwar nur zum Schein – weil die Bank eben pleite ist, wenn alle abheben. Aber diese Illusion reicht im normalen Leben völlig aus, denn da wird eben nicht alles auf einmal abgehoben. Wir wähnen unser Geld in Sicherheit und kurzfristig verfügbar, wo es doch in Wahrheit größtenteils in höchst unsicheren langfristigen Projekten steckt. Solange alle daran glauben, dass es gut geht, geht es auch gut.

Der Vorteil liegt auf der Hand: Eine Bank kann also Kredite zu Volumina und Laufzeiten auf die Beine stellen, die eigentlich nicht vorhanden sind und in einem System des narrow banking nie möglich wären. Das Liquiditätsrisiko ist gewissermaßen der Clou der ganzen Angelegenheit.

Im Grunde geht es in dieser Debatte um die Natur des Kredits. Krugman argumentiert ganz in der keynesianischen Tradition, dass das Geld für einen Kredit nicht ex ante zusammengespart werden muss. Der Kredit wird vergeben und schafft Einkommen und damit ex post auch Ersparnis. Ersparnis und Investitionen sind höher.

Ich halte hier zu Krugman – und deshalb auch wenig von Vollgeld und ähnlichen Späßen. Bei der Depfa hat man es seinerzeit ganz klar übertrieben mit der Fristentransformation und die Aufsicht muss solche Auswüchse verhindern, mehr aber auch nicht. Eine Bank ist kein passiver Geldhändler, der Kapital von den Sparern zu den Investoren schaufelt. Eine Bank ist ein Geldproduzent, der den wirtschaftlichen Fortschritt erst ermöglicht.

Oder anders gesagt: You don’t have to save before you invest.

Oder noch anders gesagt: Blankfein hat doch ein kleines bisschen Recht.