Die japanische Zentralbank hat am Dienstag ihren Zins erneut gesenkt, um den Yen weiter abzuwerten; in Europa und den USA wird immer mehr Unmut über Chinas schwache Währung laut und die ersten politischen Maßnahmen gegen chinesische Importe werden beschlossen – gleichzeitig haben Thailand, Brasilien und andere Schwellenländer angekündigt, alles gegen die Aufwertung ihrer Währungen zu unternehmen. Warum die große Erregung? Was ist das Problem mit der Abwertung von Währungen auf der einen und der Aufwertung auf der anderen Seite?
Wertet die Währung eines Landes ab, so werden die Exporte billiger – und die Handelspartner kaufen mehr davon. Das hilft natürlich dabei, das Wachstum zu erhöhen und damit Beschäftigung im Exportsektor zu schaffen. In einer Rezession mit hoher Arbeitslosigkeit ist es nicht weiter verwunderlich, dass eine Regierung die Währung ihres Landes gerne billiger hätte.
Ein weiterer Effekt einer Abwertung ist, dass die Importe teurer werden. Dann kaufen die Menschen weniger importierte und mehr inländische Waren, was auch wieder dem eigenen Wachstum hilft – und der Inflation. Denn im Moment haben viele Notenbanker Angst davor, dass die Wirtschafskrise in eine Deflation führt, das heißt zu sinkenden Preisen. Eine Deflation hat negative Effekte auf die Schulden, die dann real immer größer werden. Das ist umso problematischer, je höher die Schulden sind – die staatlichen wie die privaten. Ein bisschen Inflation zur Reduzierung der Schuldenlast kann dann durchaus ein angenehmer Nebeneffekt der Abwertung sein.
So schön die Effekte für das abwertende Land sind, so problematisch sind sie für dessen Handelspartner. Denn sinkt der Wert der eigenen Währung, bedeutet das immer eine entsprechende Aufwertung der Währung anderer Länder. Alleine für sich abwerten geht nicht.
Die Länder, deren Währung dann aufwertet, bekommen Probleme: Ihre Produkte werden auf dem Weltmarkt teurer, ihre Importe billiger, so dass mehr importiert und weniger exportiert wird – Beschäftigung und Wachstum gehen zurück. Verfolgt ein Land also eine Abwertungsstrategie, um die eigene Beschäftigung zu fördern, ist das global gesehen ein Nullsummenspiel, denn meistens führt eine kompetitive Abwertung nur zum Export von Arbeitslosigkeit. Damit kommt das Problem eines „Währungskrieges“ in die Welt.
Deswegen versuchen Länder, deren Währungen wegen verstärkter Kapitalzuflüsse aufwerten, alles gegen billigere Importe zu unternehmen. Brasilien hat etwa eine Steuer für Ausländer auf den Kauf brasilianischer Anleihen erhoben – und damit quasi eine Kapitalverkehrskontrolle eingeführt, damit der Kapitalfluss in das Land nicht weiter steigt. Das ist eine Revolution in der brasilianischen Wirtschaftspolitik, weil das Land sonst sehr liberal ist. Das US-Repräsentantenhaus hat gerade beschlossen, eine Steuer auf Güter einzuführen, wenn diese durch die Abwertung eines anderen Landes besonders billig sind. Auch wenn noch nicht sicher ist, ob der Beschluss wirklich Gesetz wird, ist er ein direkter Affront gegen China, das seine Währung dem Dollar gegenüber besonders billig hält.
Das Problem mit einem zu hohen Kapitalzufluss und der folgenden Aufwertung ist gerade in Schwellenländer wie Brasilien, Indien, Thailand oder Südkorea sehr groß. Sie sind nicht so schwer von der Weltfinanzkrise gebeutelt worden wie die Länder des Nordens. Dementsprechend sind sie jetzt attraktiv für Investoren. Das höhere Wachstum führt zu höheren Renditen und damit zu Kapitalzufluss. Allerdings leben diese Länder vom Export ihrer Waren in die reichen Länder. Eine Aufwertung könnte bei ihnen zu einem Verlust der Wettbewerbsfähigkeit und damit zu Arbeitslosigkeit führen – der Norden würde dann seine Arbeitslosigkeit in den Süden exportieren. Deswegen haben alle diese Länder angekündigt, gegen die Aufwertung ihrer Währungen vorzugehen.
Wenn aber alle versuchen abzuwerten, gibt es nirgends einen positiven Wachstumseffekt und die Wirtschaftskraft aller fällt. Wenn aus Angst vor Beschäftigungs- und Wachstumsverlusten niemand mehr die eigenen Märkte für Importe offen hält, kann auch niemand mehr exportieren. So ähnlich war es in den 30er Jahren. Durch den Währungskrieg hatte sich die US-Konjunkturkrise weltweit ausgeweitet und damit die Weltwirtschaftskrise dieser Zeit verstärkt.
Was wäre zu tun, um den Währungskrieg aufzuhalten? Zwei Dinge: Zum einen müssten sich die Notenbankchefs und Finanzminister darauf einigen, nicht unilateral ihre Währung abzuwerten. Das reicht aber nicht – denn in den Staaten des Nordens ist die Arbeitslosigkeit weiterhin hoch und damit der Anreiz, aktiv das Wachstum zu stützen. Wenn die Abwertung im Endeffekt unsolidarisch ist und auch noch verpufft, muss das Wachstum irgendwo anders herkommen.
Weil die Zinsen durch die Zentralbanken in Europa und den USA kaum mehr weiter gesenkt werden können, bleibt nur die Fiskalpolitik – also das staatliche Schuldenmachen. Der Großteil der privaten Unternehmen und Haushalte sowohl in den USA als auch in Europa versucht im Moment, seine Schulden zu reduzieren und muss sparen. Damit fehlt es an privater Nachfrage. Zusätzliche Nachfrage können im Moment allein die Regierungen schaffen. Durch höhere Staatsausgaben kann das Wachstum erhöht werden, ohne dass es zu negativen Effekten in anderen Ländern kommt.
Dabei sind besonders die Länder mit Leistungsbilanzüberschüssen in der Pflicht, also Deutschland, Japan und China. Wenn sie expansiver in der Fiskalpolitik werden, können sie den anderen Ländern helfen, ihre Leistungsbilanzdefizite zu verringern, ohne dass es zu Wechselkursturbulenzen kommt.
Wenn aber aus Angst vor zu hohen Schulden jetzt gespart werden soll, bleibt vielen Ländern schlicht nichts anderes übrig als die Abwertung – mit der Gefahr eines Währungskrieges. Wer also ernsthaft gegen einen Währungskrieg und eine Verschärfung der internationalen Spannungen ist, müsste sich erst mal mit höheren Staatsschulden anfreunden – zumindest so lange, bis die Gefahr des Währungskrieges vorüber ist.