Die Stimmung in der deutschen Wirtschaft hält sich laut Ifo-Umfrage ganz gut. Der Geschäftsklimaindex lag im März weit über seinem langfristigen Mittelwert – und meilenweit über dem Rezessionsniveau von Anfang 2009. Vor allem ihre geschäftliche Lage wird von den Unternehmen nach wie vor als exzellent eingestuft, aber auch die Erwartungen haben sich zuletzt sichtbar erholt: Der Euro ist erst einmal gerettet, der schwache Wechselkurs ist aus Sicht der exportorientierten, also der meisten Unternehmen, ein großer Vorteil, die Zinsen sind real und nominal so niedrig wie seit Menschengedenken nicht mehr, und die Lohnforderungen halten sich im Rahmen. Alle reden von Krise, aber uns geht’s gut: Das ist im Grunde die Botschaft des Ifo-Indikators. Übrigens auch der Aktienmärkte.
Die Zahlen wollen allerdings nicht so recht zu den Purchasing Managers‘ Indices (PMIs) passen, die vergangene Woche veröffentlicht wurden. Seit einem Jahr geht es sowohl in der Industrie als auch bei den Dienstleistungen mit der Lageeinschätzung der Einkaufsmanager mehr oder weniger stetig nach unten. Auch die Auftragseingänge in der Industrie, wie sie monatlich in saisonbereinigter Form von der Bundesbank publiziert werden, sind rückläufig, und zwar deutlich: Preisbereinigt sind sie in den Monaten November bis Januar annualisiert gegenüber den vorangegangenen drei Monaten mit einer Rate von etwa 13 Prozent gesunken.
Sehr positive Nachrichten gab es zuletzt von der Bauwirtschaft, die mitten im Winter aus ihrem Dauerschlaf erwacht ist. Ob es sich da um etwas Nachhaltiges handelt, muss erst abgewartet werden, aber es scheint, dass die niedrigen Hypothekenzinsen und die neuerdings etwas festeren Immobilienpreise Wirkung zeigen.
Was mich verblüfft, ist die Gelassenheit, mit der Analysten und andere Kommentatoren des Wirtschaftsgeschehens dem Anstieg der Ölpreise zusehen. Auch den deutschen Unternehmen scheint er ziemlich egal zu sein. Für die Konjunktur braut sich meiner Ansicht nach da aber etwas äußerst Gefährliches zusammen. Seit Anfang der siebziger Jahre sind alle globalen Rezessionen wenn nicht durch eine Explosion des Ölpreises verursacht, so doch stets davon begleitet gewesen. Diesmal kostet ein Fass Brent etwa 95 Euro, Mitte 2008, auf dem Höhepunkt des Ölpreisbooms, waren es in der Spitze 92 Euro. In Dollar gerechnet befindet sich der heutige Preis von 126 Dollar pro Fass noch um einiges unter dem Rekordwert von Mitte 2008 (146 Dollar), wegen der Euroabwertung von 1,59 Dollar auf 1,33 Dollar müssen wir in unserer Währung aber mehr zahlen als je zuvor.
Im Jahr 2011 kosteten die deutschen Einfuhren von Mineralölprodukten 122 Mrd. Euro, das waren fast 28 Mrd. Euro mehr als 2010. Das klingt vielleicht etwas abstrakt und angesichts der Summen, die für die Rettung Griechenlands, Irlands und Portugals bewegt werden, nicht sonderlich viel. Ist es aber! Ein Betrag von fast 28 Mrd. Euro entspricht zwei Prozent der jährlichen Konsumausgaben und bedeutet nichts Anderes, als dass die Haushalte um so viel weniger übrig haben für andere Ausgaben. Zuletzt ist der allgemeine Preisindex relativ zum Kernindex, bei dem die Ausgaben für Energie ausgeklammert werden, viel rascher gestiegen als sonst. Die Ölpreise schlagen stark auf’s Portemonnaie durch. Es sieht also wieder einmal düster aus für den privaten Verbrauch und damit für die Konjunktur.
Lassen wir uns nicht blenden von den schönen Ifo-Zahlen, auch nicht von den immer noch erfreulichen Nachrichten vom Arbeitsmarkt. Das globale BIP expandiert im ersten Quartal real nur mit einer Rate von maximal 2,5 Prozent und damit um mindestens einen Prozentpunkt langsamer als im Trend. Auch der Rest der Welt bekommt von nun an die volle Wucht der Ölpreishausse zu spüren, so dass die allseits vorhergesagte Erholung der Weltwirtschaft im zweiten Halbjahr für mich nach Wunschdenken aussieht.
Das Sozialprodukt unserer Partnerländer im Euroraum wird nach der Prognose der EU-Kommission vom Februar gegenüber 2011 um 0,9 Prozent schrumpfen. Unser wichtigster Markt ist also im Rückwärtsgang.
Trotz des wettbewerbsfähigen Wechselkurses wird es daher insgesamt von den Exporten her keine Kompensation für den Kaufkraftschock geben, den die Haushalte gerade erleben. Warum nur sind die Aktienkurse so fest?