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Ist ein Wohlstands- und Nachhaltigkeitsgesetz nötig?

 

Logo: Wirtschaftsdienst - Zeitschrift für WirtschaftspolitikExklusiv aus dem Wirtschaftsdienst:

Nachdem sich der Sachverständigenrat für Wirtschaft dagegen ausgesprochen hatte, neue wirtschaftspolitische Ziele in das alte Stabilitäts- und Wachstumsgesetz aufzunehmen, plädiert in der aktuellen Ausgabe des Wirtschaftsdienst Willi Koll, ehemaliger Mitarbeiter im Bundeswirtschafts- und –finanzministerium, dafür, Nachhaltigkeitsziele in das Stabilitätsgesetz (StabG) zu integrieren oder es gar durch ein entsprechendes neues Gesetz zu ersetzen.

Ein erweitertes Zielsystem hält er für unabdingbar, weil sich die Anforderungen an eine moderne Wirtschaftspolitik seit der Verabschiedung des StabG 1967 deutlich verändert haben, denn „… die Ziele der Wirtschaftspolitik erschöpfen sich schon seit Langem nicht mehr in Wachstum, Wettbewerb und Stabilisierung.“ Zudem ist die nationale Wirtschaftspolitik sehr viel stärker als damals in europäische und globale Zusammenhänge eingebunden.

Welche Ziele sollten also angestrebt werden? Koll gibt einen Überblick über eine ganze Reihe von Studien zum Thema und diskutiert die jeweils abgedeckten Zielbereiche und vorgeschlagenen Indikatoren, mit denen die Zielerreichung kontrolliert werden soll. Dabei kommt er zu dem Schluss, dass das Konzept eines Wohlstands- und Nachhaltigkeitsgesetzes, wie es von Till van Treek und Sebastian Dullien für die Friedrich-Ebert-Stiftung entwickelt wurde, als Grundlage für die praktikable Umsetzung einer nachhaltigen Wirtschaftspolitik dienen kann, deren vier Oberziele materieller Wohlstand, ökologische und soziale Nachhaltigkeit sowie die Zukunftsfähigkeit der Staatstätigkeit wären.

Wie schon bei den ursprünglichen Zielen des StabG wird auch hier von einem „Magischen Viereck“ gesprochen. Diese Bezeichnung, so Koll, deutet aber in eine falsche Richtung, weil damit ein Spannungsverhältnis zwischen den vier Oberzielen angedeutet wird, das sich nur durch Magie auflösen ließe, was, wie er argumentiert, sich schon nicht für die ursprünglichen Ziele belegen lässt. Tatsächlich werden sich die Nachhaltigkeitsziele nach dem vollzogenen Strukturwandel positiv beeinflussen und Synergien freisetzen. Die Friktionen, die sich beim Übergang ergeben, könnten durch entsprechende Maßnahmen in Grenzen gehalten werden. Auch macht Koll Vorschläge, wie das Konzept im Rahmen der EU umzusetzen sei.

Dem Einwand, dass ein solches Gesetz aufgrund seiner Mehrdimensionalität zu komplex sei, entgegnet Koll, dass es ganz im Gegenteil gerade deshalb den Anforderungen an eine moderne Wirtschaftspolitik gerecht werde, weil es die Wechselwirkungen zwischen verschiedenen Nachhaltigkeitszielen offenlegt.

Hier der Link zum Debattenbeitrag:

Willi Koll: Vom Stabilitäts- und Wachstumsgesetz zum Wohlstands- und Nachhaltigkeitsgesetz, in: Wirtschaftsdienst 01/2016