Spätestens seit der Kanzlerschaft von Helmut Schmidt ist die europäische Währungsintegration ein Pfeiler der deutschen Außenpolitik. Helmut Kohl hat den Euro – gegen den anfänglichen Widerstand der Bundesbank – durchgesetzt und sich um sein Land verdient gemacht.
Angela Merkels Politik gefährdet das Jahrhundertprojekt. Weil Deutschland bremst, findet die EU keine Lösung für das Griechenlandproblem. Wer an der Entscheidungsfähigkeit der europäischen Institutionen zweifelte – das Hin- und Her um ein mögliches Rettungspaket wird ihn bestätigen.
Man kann lange darüber streiten, ob bei einer drohenden Pleite der Internationale Währungsfonds (IWF) oder die Europäische Union einspringen sollte. Für beide Positionen gibt es gute Argumente – und für die Griechen wären ein Programm des IWF wahrscheinlich sogar angenehmer als eines der EU. In den vergangenen Jahren ist die Washingtoner Organisation doch recht weich geworden, die Auflagen für Pakistan oder die Ukraine sind alles andere als streng. Was die Europäer derzeit den Griechen abverlangen ist deutlich mehr.
Finanzminister Wolfgang Schäuble und die Europäische Zentralbank würden den Fall gerne selbst lösen, Merkels Berater tendieren dazu, den IWF einzuschalten. Wie gesagt, beides geht. Was nicht geht, ist sich nicht festlegen zu wollen. Merkels Versäumnis ist ihr Mangel an Führung. Erst hielt sie zu Schäuble und jetzt, da die Wut der Straße zunimmt und die Wahlen in Nordrhein-Westfalen näher rücken, lässt sie Sympathie für den IWF durchblicken. In der Innenpolitik mag ein solches Herumeiern angemessen sein, in der internationalen Finanzpolitik braucht es klare Ansagen – Unentschlossenheit, und noch dazu in Europas größter Volkswirtschaft, ist Gift für den Euro.
Als tödlich für die gemeinsame Währung aber dürfte sich der deutsche Vorschlag erweisen, Mitgliedsstaaten, die sich nicht an die Regeln halten, aus der Euro-Zone auszuschließen. Die Drohung mit dem Währungsentzug ist geradezu eine Einladung an Spekulanten, sich auf gefährdete Länder zu stürzen. Eine Währung kann ihre Aufgaben – Zahlungsmittel, Wertaufbewahrung und Wertmaßstab – nur erfüllen, weil sie auf Ewigkeit angelegt ist. Nur so entsteht Vertrauen.
Mit einer Währungsunion ist es wie mit einem Bund fürs Leben: Wer ihn eingeht, muss davon ausgehen, dass es für immer ist – auch wenn ein Scheitern immer möglich ist. Ansonsten kann man es auch gleich bleiben lassen.
Update: Vielleicht habe ich mich missverständlich ausgedrückt. Natürlich scheitern Ehen, es geht um etwas, was man Ewigkeitsfiktion nennen könnte – und die braucht auch der Euro. Ansonsten würde bei jeder Verfehlung die Frage nach dem Austritt gestellt, entsprechende Wetten abgeschlossen, der öffentliche Druck wachsen etc. Sollbruchstellen darf es in einer Währungsunion nicht geben, sonst bricht sie wirklich.