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Die Oberoptimisten aus Kiel

 

Die Konjunkturexperten des Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) bestätigen ihren Ruf als Superoptimisten. Ihre Prognose für das Wirtschaftswachstum im laufenden Jahr, die sie im Gemeinschaftsgutachten der führenden Wirtschaftsinstitute schon von 2,8 Prozent auf 3 Prozent angehoben hatten (die Mehrheit der Institute geht von 2,4 Prozent aus), ist noch einmal um 0,2 Prozentpunkte nach oben revidiert worden – auf sensationelle 3,2 Prozent. Die Kieler setzten dabei vor allem auf den privaten Konsum.

Der Aufschwung in Deutschland bleibt kräftig, schreiben sie in ihrer Prognose und er wird sich im nächsten Jahr fortsetzen. Da wird mit einem Zuwachs von 2,7 Prozent gerechnet. Von einer merklichen Abschwächung zum Jahresende ist nun nicht mehr die Rede. Woher kommt der Optimismus? Getragen werde der Aufschwung von der Binnennachfrage. Die Finanzlage der öffentlichen Haushalte werde sich so weit verbessern, dass schon in diesem Jahr ein Defizit von Null erreicht werden könne. Dabei bleibt noch genug Geld in den öffentlichen Kassen, um die inländische Nachfrage zu stützen. Es wird vor allen mit einem weiteren Anstieg der öffentlichen Investitionen gerechnet. Den eigentlichen Treiber des Wachstums machen die Kielerexperten aber im privaten Konsum aus. Während sie im März noch davon ausgegangen waren, dass „aufgrund kräftiger Lohnsteigerungen“ der „Aufschwung an Fahrt verliert“, stehen jetzt die bereits erfolgten und noch zu erwarteten Tarifabschlüsse „der Fortsetzung des Aufschwungs nicht im Wege“. Es wird sogar erwartet, dass im Zuge der weiter steigenden Nachfrage nach Arbeitskräften die Effektivverdienste rascher steigen als die Tariflöhne. Die steigenden Einkommen und die Zunahme der Beschäftigung wird für einem deutlichen Anstieg der Nachfrage der privaten Haushalte sorgen.

Von jüngsten Meldungen, dass sich das Wachstum abschwächt, lassen sich die Konjunkturexperten des IfW nicht beeindrucken. Auch gaben die letzten Zahlen zur Industrieproduktion und zum Auftragseingang in der Industrie nicht gerade Anlass zum Jubeln. So hatte das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) am Montag nicht zuletzt deshalb seine Prognose für das zweite Quartal von 0,6 Prozent Wachstum gegenüber dem ersten Quartal auf 0,4 Prozent gesenkt, ohne damit allerdings eine grundsätzlich schlechtere Einschätzung der positiven Konjunktur signalisieren zu wollen. Das IfW geht dagegen von einem deutlichen Anstieg von rund 0,9 Prozent im zweiten Quartal aus. Das Institut schätzt, dass die Konsumausgaben der privaten Haushalte schon in diesem Quartal kräftig gestiegen sind. Ein Indiz dafür sind die Einzelhandelsumsätze. Nach dem Einbruch im ersten Quartal sind sie im April deutlich gestiegen und auch die PKW Neuzulassungen haben sich im April und Mai erholt.

Wenn das IfW recht behält und der Konsum jetzt wieder anzieht, dürfte ihr Optimismus für dieses Jahr nicht enttäuscht werden. Die Zunahme der Beschäftigung spricht dafür und wenn man den Unternehmensbefragungen Glauben schenken darf, wird das auch in Zukunft so weiter gehen. Die jüngste Befragung stammt vom DIHK. Das IfW rechnet gar damit, dass die Zahl der saisongereinigte Arbeitslosen im nächsten Jahr die 3 Millionen Grenze unterschreiten wird. Der Wettbewerb am Arbeitsmarkt wird sich positiv auf die Einkommen der Haushalte auswirken. Einkommenszuwächse und mehr Beschäftigung sind der Motor, der die auch vom IfW lange unterschätze Dynamik der Wirtschaft weiter beflügelt.