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Keine Evidenz für die Basarökonomie Deutschland

 

Wie erfolgreich ist der Exportweltmeister? Sehr, sagen die einen – und sie sind in der Mehrzahl. Ein Land, das in alle Welt Güter exportiert und dessen Firmen auch noch Gewinne machen, muss einfach wettbewerbsfähig sein. Die Löhne können kaum zu hoch sein. Die anderen bezweifeln diese Argumentation und verweisen auf die medial geschickt vertretende These der Basarökonomie. Es gibt eine heiße Debatte unter deutschen Volkswirten: Mutiert Deutschland wirklich zu einer Wirtschaft, die nur noch Handel treibt, in der aber keine Wertschöpfung mehr stattfindet? Das behauptet zumindest seit zwei Jahren Hans-Werner Sinn. Der einflussreiche Chef des Münchener Ifo-Institutes fordert deshalb unablässig "runter mit den Löhnen".

Im November hat sich das gewerkschaftsnahe IMK mit einer neuen Studie zu Wort gemeldet: Im neuesten IMK Report haben Gustav Horn und Sabine Stephan die Ursachen für den im Vergleich zu den deutschen Importen starken Anstieg der Exporte deutscher Unternehmen untersucht. Die Ergebnisse ihrer Simulationsstudie wiedersprechen der These von Hans-Werner Sinn, dass sich Deutschland zu einer Basarökonomie entwickelt.

Nach Sinns These würde ein zunehmender Anteil des Wertes der deutschen Exporte, aus Vorleistungen bestehen, die aus dem Ausland importiert und in Deutschland lediglich zu Endprodukten zusammen gesetzt werden. Die Wertschöpfung würde also immer weniger in Deutschland und immer mehr im Ausland stattfinden. Der Grund hierfür, so Sinn, sei der Umstand, dass deutsche Arbeitsplätze international nicht mehr wettbewerbsfähig seien und deshalb verloren gehen. Mit dieser These soll der Umstand, dass die deutsche Exportwirtschaft im internationalen Wettbewerb sehr erfolgreich ist, mit dem Glaubenssatz zu teuerer und von daher nicht wettbewerbsfähiger deutscher Arbeitsplätze in Einklang gebracht werden.

Die Ergebnisse von Horn und Stephan lassen einen solchen Schluss nicht zu. Im Gegenteil

"… die deutsche Wirtschaft weist langfristig Überschüsse im Außenhandel auf, die sich aus der trendmäßig verstärkten Integration der Weltmärkte speisen. Mit anderen Worten unabhängig von der teilweise günstigeren Konjunktur im Ausland und hoher preislicher Wettbewerbsfähigkeit profitiert die deutsche Wirtschaft von der verstärkten internationalen Arbeitsteilung: Es entsteht in der Tendenz mehr Wertschöpfung und damit mehr Wachstum. In einer Basarökonomie würde diese Tendenz negativ sein." (meine Hervorhebung)

Dies bestätigt frühere Untersuchungen der These. Unter anderem hatte sich ihr der Sachverständigenrat in seinem Jahresgutachten 2004 (Tz 465-468) gewidmet. Und bemerkt dazu:

"Ein erstes Indiz dafür, dass die deutsche Wirtschaft nicht zu einem Basar degeneriert ist, stellt bereits die Entwicklung des Außenbeitrags dar. Selbst unter der unrealistischen Annahme, dass sämtliche Importe Deutschlands letztlich als Vorleistungen für die deutschen Exporte dienen, bedeutet ein steigender Außenbeitrag eine Zunahme der durch den Export anfallenden Wertschöpfung im Inland."

Bei der genaueren Analyse der Bedeutung importierter Vorleistungen, kommt der Rat zum Ergebnis, dass der ausländische Wertschöpfungsanteil der Exporte im Zeitraum von 1991 bis 2002 von 26,7 Prozent auf 38,8 Prozent gestiegen ist. Dies muss aber kein Indiz für die Basarökonomie-These sein, denn so der Rat:

"Ein sinkender inländischer Wertschöpfungsanteil lässt sich als Beleg einer effizienten Einordnung der deutschen Exportunternehmen in die internationale Arbeitsteilung verstehen, und hier sind die Möglichkeiten durch die Marktöffnung in Mittel- und Osteuropa seit Beginn der neunziger Jahre für deutsche Unternehmen vielfältiger geworden." (meine Hervorhebung)

Ein Indiz dafür, dass die Integration der deutschen Wirtschaft in die internationale Arbeitsteilung einen positiven Beschäftigungseffekt hat, sieht der Rat darin, dass:

"… die insgesamt gestiegene exportinduzierte Bruttowertschöpfung mit 4,6 vH stärker zugenommen hat als die Wertschöpfung der übrigen Wirtschaftsbereiche im Durchschnitt (3,4 vH). Folglich ist auch der Anteil der durch die Exporte erzeugten Wertschöpfung an der gesamten Wertschöpfung größer geworden." (meine Hervorherbung)

Ein solcher Effekt lässt sich auch beobachten, denn:

"Im Verarbeitenden Gewerbe, der Säule der deutschen Exporttätigkeit, kam es seit Mitte der neunziger Jahre zu einem merklichen exportinduzierten Aufbau an Beschäftigung, und dies in einem Zeitraum, in dem die Gesamtbeschäftigung dieses Sektors weiter zurückging."