Exklusiv aus dem Wirtschaftsdienst: Auf die Integration von Flüchtlingen in den deutschen Arbeitsmarkt werden große Hoffnungen gesetzt. Wie kann das optimal gelingen? Welche Lehren lassen sich aus Erfahrungen in der Vergangenheit, aber auch aus anderen Ländern ziehen? In der aktuellen Ausgabe des Wirtschaftsdienst destilliert Alfred Garloff, Referent im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, aus einem Überblick über unterschiedliche Studien zu dem Thema Antworten auf diese Fragen.
Gesellschaften, die mit Zuwanderungswellen konfrontiert werden, beschäftigen sich zunächst mit Befürchtungen über negative ökonomischen Folgen: Verdrängungseffekte, steigende Arbeitslosigkeit und sinkende Löhne. Die Chancen liegen in einem höheren Wachstum, was in diesem Beitrag allerdings nicht untersucht wird.
Die Integration von Migranten wird sichtbar an deren Beschäftigungsquoten. Tatsächlich ist die Arbeitslosigkeit nach der amtlichen Statistik bei Ausländern doppelt so hoch wie bei Deutschen – sie ist auch bei Hochqualifizierten überdurchschnittlich. Eine vergleichende Studie zwischen Großbritannien, Frankreich und Deutschland ergab, dass Migranten „[…] in allen betrachteten Ländern im Hinblick auf Bildung, Beschäftigung und Löhne schwächer abschneiden als die heimische Bevölkerung.“
Was ist wichtig, damit Integration gelingt? Von besonders großer Bedeutung ist neben dem Spracherwerb die schnelle Anerkennung von im Herkunftsland erworbenen Qualifikationen. Dies wurde in einer anderen Studie deutlich, die ergab, dass Großbritannien trotz weitgehend fehlender Integrationsmaßnahmen für Flüchtlinge den schnellsten Arbeitsmarktzugang gewährleistete. Die Migranten konnten eben schon vorher Englisch. OECD-Studien zeigen, dass Migranten in der Regel einen Arbeitsplatz über persönliche Netzwerke finden. Diese kommen außerdem zu dem Ergebnis, dass der Markteintritt dort am schwierigsten ist, wo es komplizierte Verfahren für Unternehmensgründungen und rigide Regulierungen gibt. Auch die neuerdings ins Gespräch gebrachten verschärften Auflagen für die Wohnsitzwahl können sich nach einer OECD-Studie ungünstig für die Arbeitsaufnahme auswirken. Günstig für die Integration ist hingegen Bildung, vor allem eine kostenlose frühkindliche Förderung. Welche Maßnahmen können außerdem helfen? Als entscheidend hat sich eine systematische Beratung über die Anerkennung von Qualifikationen erwiesen. Es fehlt noch an auf Migranten zugeschnittenen Kursen, um ein festgestelltes Qualifizierungsmanko zu beheben.
Verdrängen Migranten Einheimische vom Arbeitsmarkt? Eine Studie zur deutschen Situation hat ergeben, dass die Arbeitslosigkeit der gesamten Erwerbsbevölkerung durch die Zuwanderung nur wenig ansteigt. Betroffen von Verdrängungseffekten sind vor allem die zuvor Zugewanderten, deren Arbeitslosigkeit nach Zuwanderungswellen deutlicher ansteigt. Und wie sieht es mit den Löhnen aus? Auch hier gilt, dass die Löhne früherer Einwanderer deutlich negativ betroffen waren, und dies vor allem unter Geringqualifizierten.
Zwar erzielen Migranten also im Hinblick auf alle Dimensionen des Arbeitsmarktes ungünstigere Ergebnisse. Dennoch werden die Unterschiede über die Zeit abgebaut. Ob die Ergebnisse der Studien auf die aktuelle Situation übertragbar sind, wagt Alfred Garloff nicht zu entscheiden. Hier sieht er noch erheblichen Forschungsbedarf.
Lesen Sie hier exklusiv vorab seinen sehr informativen Überblicksartikel aus der September-Ausgabe des Wirtschaftsdienst:
Alfred Garloff: Flüchtlinge auf dem deutschen Arbeitsmarkt, in: Wirtschaftsdienst 9/2016