Lesezeichen
 

Wer hat Angst vorm schwarzen Mann? Schwierigkeiten mit Obamas Kandidatur

Meine Kollegin Jeannine Kantara, Mitarbeiterin im Hauptstadtbüro der ZEIT, schrieb folgenden Zwischenruf, der sich kritisch mit dem Sprach-Krampf auseinandersetzt, der deutsche Kommentatoren überfällt, wenn sie über Barack Obamas Kandidatur schreiben:

Im vergangenen Sommer fragte ich einen befreundeten amerikanischen Journalisten während seines Deutschlandsbesuchs, ob er glaube, dass Barack Obama der nächste US-Präsident werden könnte. Die Obama-Euphorie in den USA war in vollem Gange und auch in Deutschland beschäftigte man sich zunehmend mit dem Phänomen Obama.
Mein Freund wurde sehr nachdenklich und antwortete: „Ich glaube, der Rassismus wird noch sein hässliches Gesicht zeigen.“ Auf beiden Seiten des Atlantiks.

Knapp ein Jahr später ist Barack Obama Präsidentschaftskandidat der Demokraten, und mein Freund behielt dennoch Recht. Ausgerechnet am 5. Juni 2008, dem Tag nach Barack Obamas historischem Sieg bei den demokratischen Vorwahlen in den USA, titelt die Berliner tageszeitung über einem Foto des Weißen Hauses: „Onkel Baracks Hütte“. Deutlicher lässt sich die Verachtung für den möglicherweise ersten schwarzen US-Präsidenten nicht zum Ausdruck bringen. Der Hinweis auf die tragische Romanfigur des alles erduldenden Sklaven Tom, der mit seinem Leben bezahlt, ist beleidigend und ein kalkulierter rhetorischer Tiefschlag. Vergeblich die Hoffnung, deutschsprachige Kommentatoren hätten ihre Vorurteile in Bezug auf Barack Obamas Hautfarbe endlich hinter sich gelassen haben. Fehlanzeige!

barack-obama-basketball-from-xmlgrrl.jpg

Überraschen müssen solche Ausfälle nicht, denn links und liberal bedeutet nicht automatisch antirassistisch. Eine nähere Betrachtung der allgemeinen deutschsprachigen Medienresonanz auf Barack Obama seit Bekanntgabe seiner Kandidatur Anfang 2007 offenbart, wie sehr stereotype Vorstellungen über schwarze Menschen noch immer in vielen hiesigen Redaktionen verwurzelt sind.
Die Reaktionen auf Obama reichten von Überraschung und Verunsicherung, über Misstrauen und Verspottung, bis hin zu Euphorie und Verklärung. Dabei ist das Medieninteresse an dem bisher unbekannten Senator durchaus berechtigt. Man will alles erfahren über seine persönliche Biografie und seine politische Agenda. Doch bleiben Analysen und Kommentare allzu oft an Äußerlichkeiten hängen. Hier offenbart sich ein Dilemma: Wie soll man diesen ungewöhnlichen Mann beschreiben, der so schnell nicht wieder von der Bildfläche verschwinden wird?
Die stilistische Ideenvielfalt scheint in dieser Hinsicht unerschöpflich. Barack Obama ist mal „afroamerikanisch“ oder „schwarz“, mal „farbig“ oder „dunkelhäutig“, mitunter auch „braun“ (taz) oder „halbschwarz“ (FAS, Emma) und schließlich „weder schwarz noch weiß“ (Welt) In der FAZ ist er mal „Mulatte“, mal „Farbiger, aber kein Afroamerikaner“. Die Kolumne „West Wing“ auf Spiegel Online glaubt, Obama sei „für viele Amerikaner auch zu schwarz“, um ins Weiße Haus einzuziehen, während die ZEIT fragt, was passiert, wenn durch Obamas Präsidentschaft „das Weiße Haus nicht mehr weiß“ wäre. Wenigstens bringe er „Farbe in den politischen Betrieb in Washington“, freut sich die taz, sucht an anderer Stelle allerdings nach einer komplexeren Erklärung. Unter der Überschrift: „Alles, nur nicht weiß“ schreibt das Blatt: „Man scheint sich einig, dass der Mann nicht schwarz ist, jedenfalls nicht so schwarz, wie es Jesse Jackson war, der immer mal wieder Präsident werden wollte.“ Und einige Zeilen weiter: „Dennoch ist Obama aber auch ganz entschieden nicht weiß. Dieses Nichtweiß-Sein ist, anders als sein Schwarz-Sein, nicht so ausgeblendet aus dem allgemeinen Bewusstsein“.

Spätestens an dieser Stelle blendet der Leser sein Bewusstsein aus. Beruhigend klingt auch die Versicherung kürzlich im ARD-Presseclub, Obama sei „gar nicht so schwarz ist, wie alle glauben“. Auch die Weltwoche stellte Erstaunliches fest: „Der in Harvard ausgebildete Sohn eines Kenianers und einer weissen Amerikanerin sieht vor ländlichem Publikum ebenso weiss aus wie ein Wall Street Banker“. Ob dies allerdings Obamas Wahlchancen erhöht, bleibt fraglich. Um sich genau diese nicht zu verderben, empfiehlt ihm die taz: „Abwarten und nicht schwarz werden“.

Die mitunter abstruse Farbenlehre einiger Kommentatoren stimmt nachdenklich, ebenso wie die häufige, unreflektierte Verwendung des Begriffs »Rasse«. Dass es sich dabei lediglich um die Übersetzung des englischen Wortes »race« handelt, reicht als Erklärung nicht aus. »Rasse« hat im Deutschen noch immer einen bitteren Beigeschmack. Da wird munter geschrieben über „Rassenidentitäten“ und „Rassenspannungen“ (taz), über „Rassenmotiv“ und „Rassenproblematik“ (SZ) und „Rassenpolitik“ (Welt) und „Rassenfrage“ (Tagesspiegel) und „Rassenschranken“ (Zeit). Die NZZ versucht es mit „rassischer Integration“ und die FR findet, „die Rassenkarte sticht nicht“. In Bezug auf Barack Obama scheinen solche Bedenken wie weggewischt. So druckte beispielsweise die Zeitschrift Emma einen Artikel aus der New York Times nach, der sich mit dem historischen Verhältnis zwischen Bürgerrechts- und Frauenbewegung in den USA auseinandersetzt. Der Orginaltitel lautet: „Rights vs. Rights: An Improbable Collision Course“. In der Übersetzung von Emma wird daraus „Rasse sticht Geschlecht“. Und während deutschsprachige Kommentatoren seit dem Auftauchen von Barack Obama sich intensiv mit rassistischen Ressentiments in den Vereinigten Staaten beschäftigen, bedienen sie diese gleichzeitig selbst. Selbst „Amerika-Kenner“ kommen mitunter zu seltsamen Schlüssen. „ So unglaublich es klingen mag: Die USA sind kein rassistisches Land mehr“, verkündete die Frankfurter Rundschau kurz nach Bekanntgabe von Obamas Kandidatur. „Längst ist die amerikanische Gesellschaft durch die massive Einwanderung so durchmischt, dass die für den Rassismus so wichtige Vorstellung der Blutsreinheit selbst dem letzten Wohnwagenbewohner in Georgia unglaubwürdig geworden ist“. Unglaublich – das findet auch Claire McCaskill, demokratische Senatorin von Missouri und mögliche Kandidatin für das Amt der Vizepräsidentin. In einem Interview mit dem Sender CNN sagte sie kürzlich: „Rassismus und Sexismus gedeihen nach wie vor in unserem Land.”

Mehr als bei jedem anderen Kandidaten thematisieren und kommentieren deutschsprachige Medien die physischen Attribute Barack Obamas. Wir haben viel erfahren über sein gutes Aussehen, die schlanke Figur, die samtige Stimme. Über die Furchen in seinem Gesicht und dass er „der wahrscheinlich einzige Politiker ist, der trotz Segelohren umwerfend aussieht“ (Weltwoche). Er sei „der heißeste Politiker, den Amerika zurzeit zu bieten“ habe, schwärmt der Stern, und erwähnt gleich zweimal in einem Artikel, dass der „oberste Hemdknopf immer offen“ stehe. „Seine kurzen, kraus belassenen Haare“ seien „Ausweis der eigenen Rassen-Loyalität“, weiß die Süddeutsche Zeitung zu berichten. Dieser Mann „anderer Hautfarbe“ habe eine „Wahnsinns-Aura“ und „tanzte viel besser“ als Hillary Clinton, schwärmt Brigitte. Die Financial Times Deutschland bescheinigt ihm gar „die größte Ethno-Kompetenz“ und verspricht im Hinblick auf seine Heimatinsel Hawaii: „Wenn Obama Präsident wird, dann kommt wahrscheinlich auch die nächste Tiki-Welle. Mit Hularock und Blumenketten.“

Besondere Beachtung finden auch Obamas erotische Eigenschaften. Selbst die feministische Zeitschrift Emma bescheinigt ihm „den meisten Sexappeal“. Spiegel Online ereifert sich „Obama wählen ist wie eine aufregende Affäre.“ Er sei „mitreißend“, stehe für „Leidenschaft“ und biete „politische Poesie“. Doch eine Warnung sei ausgesprochen, da so manche „liebetolle Fremdgängerei schließlich reumütig da ende, wo sie begann – zu Hause “. Nicht Sexappeal und Charisma, sondern „Erfahrung, Nervenstärke, Gelassenheit“ sind Garanten für eine gute Präsidentschaft – Eigenschaften, die man eher Hillary Clinton zuschreibt. „Niemand fragt, wenn es brenzlig wird, ob der andere spritzig, lustig, erotisch, anregend, wagemutig oder inspirierend ist“, weiß man im „West Wing“ von Spiegel Online. Als die Nominierung Obamas immer wahrscheinlicher wird, folgen weitere Erklärungsversuche, „warum Amerikaner nie wählen, was sie wirklich wollen“. Der amerikanische Wähler leide nämlich, laut Spiegel Online, „unter multipler Persönlichkeitsstörung“.

Vielleicht liegt die Verunsicherung der deutschen Medien durch Obama auch daran, dass sie sich noch nie ernsthaft mit einem schwarzen Mann auseinandersetzen mussten, dessen Einfluss über die Unterhaltungsbranche oder den Sportbereich hinausgeht. Der so unbeirrt und zielsicher danach strebt, der mächtigste Politiker der Welt zu werden. Und dessen Chancen dafür außerordentlich gut sind. Was bedeutet es, wenn die „nichtwestliche Menschheitsmehrheit im Weißen Haus“ regiert (Zeit). Genauer gesagt, die nicht-weiße Menschheitsmehrheit? Apokalyptisch prophezeit die „Welt“, am Tage seines Amtseids werde „die Mall schwarz vor Schwarzen sein“.

Sollte Barack Obama wirklich im November Präsident werden, müssten einige Kommentatoren ihre Wortwahl künftig genauer überdenken oder darauf hoffen, dass dieser „Hohlschwätzer“ (FTD), diese „Bowling-Niete mit Gangster-Connection“ und „Kandidat für die Chill-Out-Zone“ (Spiegel Online) sich zweifelsohne als „ein echter Mann“ (ZEIT) und Gentleman erweist oder dass er bzw. jemand aus seinem Team keine deutschen Zeitungen liest.

Doch auch wenn Barack Obama nicht ins Weiße Haus einzieht, wäre eine Sensibilisierung im Hinblick auf rassistische Sprache wünschenswert. Dann wären Deutschlands Kommentatoren vorbereitet auf einen Anwärter oder eine Anwärterin mit „Migrationshintergrund“ für das Bundeskanzleramt. Er oder sie wird kommen – früher oder später.

 

Zuwanderer besser auswählen!

Gunnar Heinsohn findet im Tagespiegel einiges Lobenswerte an der Rede des Bundespräsidenten über „Arbeit, Bildung, Integration“. Vor allem seine Einlassungen zur Einwanderungspolitik. Ich stimme zu:

„Er (der Bundespräsident, JL) erinnert uns an Nationen, die aus unserer Sicht etwas ganz Merkwürdiges tun: Sie verlangen von Fremden dasselbe wie von ihren eigenen Kindern. Diese werden es nur dann einmal besser haben, wenn sie bessere Qualifikationen erwerben als ihre Eltern. Ganz entsprechend können Neuankömmlinge dem zulassenden Gebiet und damit auch sich selbst nur dann etwas geben, wenn sie Fähigkeiten mitbringen, die über dem Niveau der zukünftigen Heimat liegen oder dort noch gar nicht vorhanden sind. In den Worten des Präsidenten: ,,Manche westlichen Demokratien wählen ihre Zuwanderer so intelligent aus, dass die höher gebildet sind als im Durchschnitt die Einheimischen.“

Natürlich hätte Horst Köhler im gleichen Atemzug solche Demokratie schelten können, dass sie einfach jene abweisen, die dann bei uns Unterhalt findet. Das zu unterlassen, hat gewiss auch die Diplomatie geboten. Aber hätte er Kanada dafür getadelt, dass fast hundert Prozent seiner Einwanderer hochqualifiziert sind und nicht nur fünf wie bei uns, dann hätte er aus Redlichkeit noch etwas hinzufügen müssen: Kanada ist weltweit die erste Nation, in der die Kinder der Zuwanderer in allen Tests intelligenter abschneiden als die Kinder der vor Ort Geborenen. In Deutschland hingegen liegt das Leistungsniveau der Migrantenkinder tiefer unter dem landeseigenen Durchschnitt als irgendwo sonst auf der Welt.

Der Bundespräsident weiß um diese Zahlen. Aber diplomatisch verhält er sich eben nicht nur gegenüber unseren Verbündeten, sondern sanft bleibt er auch im Umgang mit den Politikern der eigenen Republik. Nun bleibt abzuwarten, ob der präsidiale Takt zum Anlass genommen wird, seine Ermutigung gleich wieder in den Wind zu schlagen oder dazu, auch hierzulande mit einer ,,kluge Einwanderungspolitik“ zu beginnen.“

 

Der große Massenvernichtungswaffen-Bluff

Maureen Dowd, eine Wiedergeburt der legendären Journalistin Hildy Johnson aus meinem Lieblingsfilm „His Girl Friday“, hat auf unnachahmbar ätzende Weise in der New York Times George W. Bushs Farewell-Tour durch Europa kommentiert. Hier ist ihr Kommentar zu seinem Besuch bei Gordon Brown:

Asked by The Observer reporter about W.M.D. in Iraq, W. replied: “Still looking for them,” sparking a strange moment of levity. Mr. Bush continued: “We didn’t realize, nor did anybody else, that Saddam Hussein felt like he needed to play like he had weapons of mass destruction. It may have been, however, that in his mind all this was just a bluff.”

Yeah, who could have ever guessed that a wily, deceitful and debilitated Arab dictator might huff and puff, not wanting rivals in the neighborhood to know the weapons cupboard was bare? Maybe some of those psychologists specializing in boastful, malignant narcissists and Middle East cultural experts working in our $40 billion-a-year intelligence units should have been able to figure it out?

Ist was dran.

dowd.jpg
Maureen Dowd

Und dies hier ist Rosalind Russell als Hildy Johnson:

his-girl-friday.jpg

 

Warum ein Einbürgerunsgtest gut für Migranten ist

Aiman Mazyek vom Zentralrat der Muslime hat seine Interviewäußerung zu einem Einbürgerungstest jetzt noch einmal in einem Editorial für die WELT präzisiert. Sehr gut. Weiter so:

„Als ich vor ein paar Tagen einen neuen bundesweiten Einbürgerungstest begrüßte, erlebte ich eine Welle der Entrüstung in meiner Community und in den türkischen Medien. Da war die Rede davon, dass ich naiv sei zu glauben, dass hier eine neue sachliche Seite aufgeschlagen werde. Oder: Alles, was die CDU vorschlägt, kann nur gegen uns sein. Viele sind auch fälschlich davon ausgegangen, dass ich einen Gesinnungstest gutheiße.

Wir brauchen in unserem Land beim Thema Einwanderung Identitätsstiftung und eine Kultur der gegenseitigen Anerkennung und Wertschätzung.
Ich bin überzeugt, dass ein Einbürgerungsritual ein wichtiger Bestandteil dieser neuen Integrationskultur sein kann. …

Ich appelliere dafür, Parteitaktik und ideologische Scheuklappen einmal zu Hause zu lassen und einen Einbürgerungstest nicht per se abzulehnen. Vielmehr sollten wir unseren Sachverstand bei der Beurteilung der Fragen und bei der Umsetzung der Tests anbieten.

Ein Blick über den Teich zeigt, wie identitätsstiftend und erfolgreich eine funktionierende Einwanderungspolitik, zu der auch ein Test gehört, ist. Der Einbürgerungswillige bereitet sich dort intensiv auf den Test vor. Er freut sich zusammen mit Kind und Kegel, in einem feierlichen Akt seinen Beitritt zu den Vereinigten Staaten von Amerika zu bekunden – keine Naivität, sondern gelebte Praxis.

Ich frage mich, warum können wir in Deutschland nicht auch einen Feiertag daraus machen? Darüber sollten wir allesamt nachdenken und nicht miesepetrig dagegen opponieren.“

Völlig anderer Meinung ist Ekrem Senol in seinem JurBlog: Er hält auch den neuen Test für eine Schikane, ganz wie damals den Baden-Württembergischen Gesinnungstest.
Ganz grundsätzlich lehnt er Einbürgerungstests aber auch nicht ab, und das ist allerdings etwas Neues:
„Es muss aber auch festgehalten werden, dass generelle Kritik an Einbürgerungstest nicht der richtige Weg ist. Jedes Land sollte das Recht haben, seinen künftigen Bürger auszuwählen. Die Ausgestaltung der Auswahl kann auch in Form eines Einbürgerungstest geschehen. Erforderlich wäre aber ein gewisses Augenmaß, Sachlichkeit und Fingerspitzengefühl. Um Gefühle geht es schließlich nicht selten bei einer Einbürgerung für den Einbürgerungsbewerber. Begriffe wie Heimatgefühl, Loyalität, Solidarität finden nicht selten Verwendung in diesem Kontext. Die erneut an den Tag gelegte kühle, unsensible Vorgehensweise der CDU aber zeigt alles andere, als dass die CDU aus den Fehlern der jüngsten Vergangenheit gelernt hätte.“
Ich teile das nicht. Aber wir sind von einer abstrakten Debatte mit verallgemeinernder Kritik auf dem Weg zu einem zielführenden Streit um die Erfordernisse eines Einbürgerungslandes. Fortschritt ist machbar, Herr Nachbar.

 

Arrangierte Ehen – bei Juden und Muslimen

Ich wollte schon länger auf diesen Film hinweisen – Arranged -, der es tatsächlich schafft, eine leichthändige Komödie uber arrangierte Ehen zu erzählen. Zwei Lehrerinnen in einer Brooklyner Schule – eine jüdisch-orthodox (Rochel), eine muslimisch (Nasira) – lernen sich kennen und stellen fest, dass sie beide von ihren Familien verheiratet werden sollen.
Der Film macht sich zwar lustig über die Absurditäten dieses Prozesses (siehe das Video unten), aber er tut dies nicht auf eine gehässige, sondern auf eine altmodisch-liebevolle Art.
Er lässt es möglich erscheinen, dass Vermittlung Glück stiften kann – wenn sie denn nicht den Willen der Beteiligten überrollt. Arranged ist eine Verteidigung dieser unzeitgemässen Art der Eheschliessung.

arranged.jpg

Ein charmanter kleiner Film, der unsere Debatte ein wenig abrüsten helfen könnte. Er wurde übrigens von Yuta Silverman produziert, einer orthodoxen Jüdin, die hier auf eigene Erfahrungen zurückgegriffen hat – auch dies ein ziemlich einmaliger Vorgang.

Und dies ist ein Gastauftritt des überaus komischen russisch-jüdisch-amerikanischen Autors Gary Shteyngart in dem Film. Er spielt einen der Männer, die der Protagonistin Rochel (Zoe Lister Jones) vorgestellt werden:

 

Alkoholverbot in Kairoer Nobelhotel

Islamonline berichtet, dass der Streit um das Kairoer Grand Hyatt eskaliert.

Dessen saudischer Besitzer hatte im Mai in einer spektakulären Aktion sämtlichen Alkohol aus den Hotelbars und -restaurants entfernen lassen. Hunderte Liter alkoholischer Getränke wurden demonstrativ in den Nil geschüttet. Das Hotel steht spektakulär auf einer aufgeschütteten Insel in dem großen Fluß.

Nun droht die ägyptische Regierung, dem Besitzer drei der fünf Sterne abzuerkennen. Das würde sich stark auf die Zimmerpreise auswirken und enorme Verluste verursachen. (Aber Herrn Ibrahmi, dem saudischen Scheich und Hotelbesitzer, scheint Geld eh nicht so wichtig zu sein. Wichtiger ist offenbar die kuturrevolutionäre Tat für den Scharia-Islam saudischer Prägung.)

Die meisten der Sommergäste in dem Hyatt sind traditioneller Weise Saudis, die Ägypten vor allem wegen seiner verhältnismässigen Leichtlebigkeit schätzen. Eine Sittenpolizei saudischen Typs gibt es hier (noch) nicht.

Die ägyptische Regierung kämpft einen Kampf gegen den saudisch-wahhabitischen Kulturimperialismus. Für sie geht es ums Überleben. Wenn die Ausbreitung der Scharia in der Hotellerie die Runde macht, ist die ökonomische Grundlage des Landes gefährdet. (Nicht dass es einem um das Folterregime leid täte. Aber vor allem würden die einfachen Leute leiden, deren Lebensunterhalt vom Tourismus abhängt. Und die Muslimbrüder bekämen Aufrieb und könnten aus Ägypten ein Groß-Gaza machen.)

In Ägypten gibt es kurioser Weise das Gebot, dass jedes Hotel über dem Zweisterne-Status Alkohol servieren muss.

Wie lange noch?Verdammte Barbaren!

Rufen wir die heilige Umm Kalthoum zu Hilfe, die große Sängerin der ägyptischen Moderne, bevor die engherzigen Ikhwan anfingen, das Großstatdtleben in Ägypten mit ihrer Prüderie zu ersticken:

 

Islamische Reformdenker mit Staatsauftrag – in der Türkei

In der neuen  Ausgabe von Newsweek schreibt Christopher Dickey über die nachlassende Unterstützung der Kaida durch islamische Theologen.

Und er beschrteibt ein Projekt türkischer Theologen, die daran arbeiten alle bekannten Hadithen (ca. 170 000) in einer neuen Ausgabe herauszubringen. Ihr Ziel ist es, die Texte wieder in ihren historischen Kontext zu stellen, dem sie entsprungen sind und auf dessen Fragen sie antworten:

„Intellectually and theologically, a lot of the most ambitious work is being done by a group of scholars based in Ankara, Turkey, who expect to publish new editions of the Hadith before the end of the year. They have collected all 170,000 known narrations of the Prophet’s sayings. These are supposed to record Muhammad’s words and deeds as a guide to daily life and a key to some of the mysteries of the Qur’an. But many of those anecdotes came out of a specific historical context, and those who told the stories or, much later, recorded them, were not always reliable. Sometimes they confused „universal values of Islam with geographical, cultural and religious values of their time and place,“ says Mehmet Gormez, a theology professor at the University of Ankara who’s working on the project. „Every Hadith narration has … a context. We want to give every narration a home again.“

Mehmet Aydin, who first conceived the Hadith project four years ago, when he was Turkey’s minister of state for religious affairs, says it is obvious that in the seventh century, the time of the Prophet, life was very different. One Hadith, for instance, forbids women from traveling alone. In Saudi Arabia, this and other sayings are given as a reason women should not be allowed to drive. „This is clearly not a religious injunction but related to security in a specific time and place,“ says Gormez. In fact, the Prophet says elsewhere that he misses those days, evidently in his recent memory, when women could travel alone from Yemen to Mecca. In its first three centuries „Islam was interacting with Greek, Iranian and Indian cultures and at every encounter [scholars] reinterpreted Islam according to new conditions,“ says Gormez. „They were not afraid to rethink Islam then.“

Liberal Muslim thinkers have made similar arguments in the past, but they were outliers and often not theologians. The Turkish project, on the other hand, has the quiet backing of the ruling AK Party, the world’s most successful, democratically elected party with Islamist roots.“

Mehr lesen.