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„Nichts regt mich so auf wie linke Heuchelei…“

… schreibt der ägyptische Blogger D.B.Shobrawy auf Mideastyouth in einem fulminanten Wut-Essay über die Herablassung wohlmeinender Westler:

If there is anything I hate more than right-wing Conservative nut jobs with tunnel vision, it’s fruit cake Liberals and their “compassionate” racism. That’s what I would call it anyway.… 

They genuinely believe that every country without a Starbucks suffers from some various array of strange cultural backwardness and always at astronomically high percentages. Sometimes I wonder if the 3rd world was put there simply to garner their sympathies, something to talk about over espresso with friends or a cause to put on fliers and post in University hallways.

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Alice Schwarzer hat recht…

… meint Mitblogger Kojak, der mir folgende Stellungnahme zu meiner Kritik an ihrem Birma-Bericht schickt: 

„Ich finde es erfrischend, in dieser Pressewelt der vorgestanzten Meinungen zur Abwechslung mal einen eigenständigen Bericht einer Burmareisenden wie Alice Schwarzer zu lesen, der ohne die langweiligen Empörungen der professionellen Meinungsmacher auskommt. Auch wenn ich ihr nicht in allem zustimme (und auch ich Myanmar ganz gewiss eine bessere Regierung wünsche), die selbstgerechte Aufregung der Presse über ihern Artikel finde ich peinlich, zumal viele (Spiegel online, SZ) sich dabei so sehr selbst erhöhen, dass einem schlecht werden könnte. Diese Selbsterhöhung funktioniert auch nur, indem sie Frau Schwarzer einen Kopf kürzermachen und am liebsten Mundverbot erteilen würden. Keiner dieser Journalisten fand es meines Wissens nach nötig, sich über die von Frankreich und Deutschland angesichts der Naturkatastrophe erwogenen Gedanken “einer Invasion Burmas aus moralischen Gründen” zu empören, obwohl es zugleich einen deutschen Aussenminister gibt, der es mutig findet, den Dalai Lama nicht zu treffen, weil stille Diplomatie in Asien sooo viel mehr bringt als Säbelrasseln…Herr Außenminister, liebe Journalisten, auch Burma liegt in Asien, und ist noch dazu sehr viel mehr abgeschlossen als China heute, und im Gegensatz zu China werden keine Milliarden € an deutschen Steuergeldern nach Burma gepumpt, die auch dort das Leid der Bevölkerung lockern könnte und einen sanften Wandel begünstigen könnten… aber wenn schon kein Geld, so gibt es auch kein diplomatisches Verständnis für ein leidgeprüftes Land wie Burma, schließlich ist der Hauptgrund für die Misere des Landes in den Jahren der kolonialen Aubeutung zu suchen, als die Briten die vielen Volksgruppen des Landes gegeneinander ausspielten, das Land zum brutalsten Kriegsschauplatz des zweiten Weltkriegs in Südostasien machten und unter britischen Oberbefehl der Bürgerkrieg im Lande eröffnet wurde. Zum Abschied schenkten die Engländer Burma die Freiheit und ein vom Krieg zerstörtes und ausgeplündertes Land, in dem vor allem die zukünftigen Bürgerkriegsarmeen gut ausgebildet waren. Darauf einen modernen, demokratischen Staat zu begründen ist nicht einfach. Zu Recht zweifelt deshalb Frau Schwarzer die Redlichkeit der britischen Burma Campaign Gruppen an: Wer wie diese Lonely Planet Burma Bücher in London öffentlich verbrennt, scheint zumindest aus deutscher Sicht selbst ein gestörtes Demokratieverständis zu haben. Dass aber die deutsche Presse ihre Informationen von genau diesen Gruppen ungeprüft übernimmt, zeigt die Teilnahmslosigkeit dieser professionellen Schreiberlinge und macht den Unterschied zu Alice Schwarzers engagiertem Beitrag aus. Doppeltes Maß macht den Großteil der deutschen Presse und der Politik unglaubwürdig. Nach einer brutalen Katastrophe wie diesem Zyklon, bestehende und sehr strenge Sanktionen erneut zu verlängern (wie von George Bush getan), ist genauso menschenverachtend wie Lieferungen von Hilfsgütern zu stoppen, weil man sie nicht selbst verteilen darf (wie es manche Hilfsoranisationen taten) und entspricht der Menschenverachtung der zu Recht angeprangerten Generäle.“

 

Alice im Wunderland

Ein Kommentar aus der ZEIT Nr. 24 von morgen, Donnerstag, 5. Juni:

Wenn eine Freiheitskämpferin wie Alice Schwarzer plötzlich Verständnis für eine Militärjunta aufbringt, wird man stutzig. Die Generäle in Birma, schreibt Schwarzer in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, misstrauten »zu Recht der Großmut und dem Pflichtgefühl der internationalen Gemeinschaft«.
Denn in dem Druck auf das Regime, Helfer ins Land zu lassen, damit nicht weitere Hunderttausende an den Folgen des Zyklons sterben, sieht Schwarzer finstere Motive am Werk. Unter dem Vorwand der Hilfe gehe es um einen neuen Kolonialismus: »Versteht sich, dass das kleine Myanmar schon längst vom mächtigen Westen im Namen der Menschenrechte und Demokratie ›befreit‹ worden wäre, würde das mächtige China nicht die Faust darüber halten.« Sicher, auch China verfolge eigene Interessen, gesteht Schwarzer zu. Aber im Vergleich zum westlichen Neoimperialismus, der »einst ehrenwerte Begriffe wie Menschenrechte oder Demokratie« vorschiebt, sei Chinas brüderliche Hilfe das kleinere Übel.
Das Technische Hilfswerk und die GTZ mit ihren Wasseraufbereitungsanlagen als Vorboten eines neuen Kolonialismus? So stellt es gern die Regierungspropaganda der Generäle dar. Deutschlands bekannteste Frauen- und Menschenrechtlerin sekundiert. Wie bitte?
Sie sei viel gereist in dem Land und habe »nie Hunger oder wirkliches Elend gesehen«. Erst in den letzten Jahren, mit der Öffnung für westliche Reisende, »tauchten erste bettelnde Kinder auf: angefixt von Kugelschreiber und Kyats verteilenden Touristen«. Nicht die korrupten Generäle mit ihrem absurden Unterdrückerregime, nein, der Westen ruiniere das »versunkenschöne Land«.
Alice Schwarzers Zwischenruf erinnert an Peter Handkes Reiseberichte aus Jugoslawien – schillernd zwischen Eingeborenenkitsch (»goldhäutig und heiter«) und westlichem Selbsthass, voller Hohn auf Menschenrechte und Demokratie als Alibi der Machtpolitik.
Aus dem Text spricht eine tiefe Verzagtheit, eine Verunsicherung im Herzen des Westens. Was taugen unsere Werte, wenn unsere Politik sie oft genug selbst unterminiert? Sind sie überhaupt für alle Welt geeignet? Und wie können wir für sie eintreten, ohne sie zu beschädigen? Nach einem Jahrzehnt des Interventionismus von Bosnien über Afghanistan bis Irak wachsen die Zweifel. Und sie sind weiß Gott berechtigt.
Doch das hehre Prinzip der Nichteinmischung, zu dem sich Alice Schwarzer bekennt, ist den modernen Autokraten und Tyrannen nicht ohne Grund heilig. In Russland dient es dazu, unbehelligt von der Weltöffentlichkeit Morde an Journalisten zu vertuschen. China benutzt es zur Rechtfertigung der Abriegelung Tibets. Und in Iran findet eine beispiellose Repression der Opposition in seinem Schatten statt. Viele der Opfer des Teheraner Re­gimes sind übrigens Feministinnen. In Iran sind die Gefängnisse voll mit Frauen, denen man vorwirft, unter dem Vorwand der Menschenrechte einen samtenen Umsturz zu planen. Dass sie mit westlichen Frau­en­or­ga­ni­sa­tio­nen zusammenarbeiten, reicht schon für die Verhaftung. Ist Alice Schwarzer, die nicht müde wird, die Geschlechter-Apartheid in der islamischen Welt anzuprangern und den Westen zu mehr Druck aufzufordern, auch hier »strikt gegen jegliche westliche Intervention«? Den Feminismus lehnen die Islamisten übrigens mit den gleichen Argumenten ab, die Schwarzer im Fall Birmas geltend macht: Eine (unmoralische) westliche Lebensweise solle den Muslimen unter dem Deckmantel der Menschenrechte aufgedrückt werden.
Es ist aber gar nicht (mehr) der Westen, der die zivile Unruhe in die Autokratien trägt, wie etwa der Mönchsprotest in Birma letzten Herbst gezeigt hat. Das Regime möchte es zwar so erscheinen lassen. In Wahrheit stehen die Machthaber vor dem Problem, dass kein Mensch gern Stiefel im Gesicht hat.
Die Politik des Demokratieexports durch verdeckte Operationen und gewaltsam herbeigeführte Regimewechsel ist gescheitert. Was nun? Raushalten? Zurückziehen und schuldstolze Selbstanklage? Ist das nicht in Wahrheit nur die depressive Kehrseite des kolonialen Auftrumpfens von einst? Genauso narzisstisch-selbstbezogen wie in den Zeiten imperialer Träume. Wieder sind die anderen nur Objekte. Wenn der Westen schon nicht mehr bestimmen kann, wo es lang geht, dann will man wenigstens schuld an allem sein.
Selbsthass kann genauso blind machen wie Sendungsbewusstsein. Die wahre Frage lautet: Wie kann der Westen nach dem Ende seiner Dominanz noch für seine Werte eintreten, ohne in Überheblichkeit oder Appeasement zu verfallen – prinzipienfest, aber nicht auftrumpfend, lernbereit, doch ohne Kotau?

 

Die Missionarsstellung

Nachdenklicher Kommentar von James Traub in der New York Times zu der Frage, ob die Amerikaner noch an die Mission der Demokratisierung glauben, die von den Bushies so schwer beschädigt worden ist:

McCain seems to understand that the United States needs to re-earn the right to talk about its principles. The league itself, he said, would be an exercise in multilateralism, founded on “mutual respect and trust.” What’s more, he added, “America must be a model citizen if we want others to look to us as a model. . . . We can’t torture or treat inhumanely suspected terrorists we have captured.” McCain called for the detention facility of Guantánamo Bay to be closed.

But it isn’t only our audience in the Middle East and elsewhere that has stopped paying attention after more than seven years of pious talk from the Bush administration. The American people themselves have lost faith in the language of adventurous idealism. We recognize that our heroic designs have come to grief in Iraq. We see how very little we have accomplished in the Middle East, for all our swelling rhetoric. And we have learned, to our pain, that most of the world does not look to us for guidance, does not accord us much moral authority, does not even believe that our wish to propagate democracy is sincere. The national mood is retrenchment — perhaps not cynicism or isolationism, but at least a wary and pragmatic realism. A big hangover, at home as well as abroad, awaits whoever inherits the presidency.

 

Links-Aussen

Die LINKE debattiert vor ihrem ersten Parteitag über Israel, Afghanistan und Menschenrechte. Erkundungen zur Aussenpolitik der Linkspartei
(aus der ZEIT vom 21. Mai 2008)

Von Cottbus aus werden am kommenden Wochenende Botschaften in weit entlegene Weltgegenden ergehen. Antrag G 26 zum ersten Parteitag der Linken preist den Erdöl-Autokraten Hugo Chávez – der Angela Merkel gerade mit Hitler verglich – als Pionier eines »Sozialismus des 21. Jahrhunderts«. Antrag P 29, eingebracht von der »Cuba Sí AG« in der Linken, feiert die Castro-Diktatur für ihre »fünfzigjährige Erfahrung im Kampf um eine sozialistische Ge­sell­schafts­per­spek­ti­ve«. Mehrere Anträge verlangen die Auflösung der Nato, die Verhinderung des EU-Reformvertrages von Lissabon und den »sofortigen und unbedingten Abzug aus Afghanistan«. So weit, so bekannt: Sympathiebekundungen für Diktatoren (sofern sie sich links geben), die Forderungen, Deutschland aus dem westlichen Bündnis und der EU zu lösen und die Afghanen ihrem Schicksal zu überlassen – so präsentiert sich die Außenpolitik der Linken.
Gut möglich, dass sich noch einmal das linksradikale Antiwestlertum mit allerlei schrillen Redebeiträgen austoben wird. Parteitage sind schließlich in erster Linie Veranstaltungen zur geistigen Heimatpflege. In der Außenpolitik hatte die Linke mangels Machtperspektiven im Bund die Lizenz zum freien Schwadronieren. Auch für die SPD war das recht bequem, es machte die Distanzierung leicht: Mit einer Partei, die so zu Afghanistan, EU und Nato steht, kann man im Bund einfach nicht zusammenarbeiten, wurden Kurt Beck und Frank-Walter Steinmeier denn auch nicht müde zu betonen.
Es könnte allerdings sein, dass die Abgrenzung der SPD eine paradoxe Wirkung entfaltet. Seit die Sozialdemokraten die Außenpolitik zur Demarkationslinie erklärt haben, beginnen bei den Linken Tabus zu fallen, und vormals Unaussprechliches tönt von den Podien.
Nun, da sich mit den Erfolgen im Westen eine Macht­per­spek­ti­ve auch im Bund auftut, dämmert den klügeren unter den Außenpolitikern der Linken, dass die schlichten Parolen nicht mehr tragen. Eine Partei, die in die Regierungsverantwortung hineinwill, kann nicht immer nur »Raus!« (aus Nato, EU und Afghanistan) schreien.
Gregor Gysi hat den bisher gewagtesten Schritt getan. Vor einigen Wochen hielt er eine bemerkenswerte Rede über »Die Haltung der deutschen Linken zum Staat Israel«. Darin findet sich der Satz: »Gerade in parlamentarischen Aktivitäten sollten wir nur Forderungen formulieren, von denen wir überzeugt sind, dass wir sie, wenn wir in einer Bundesregierung wären, auch tatsächlich umsetzten.« Pragmatisch kühl räumt Gysi mit der linken Israelfeindschaft auf. Er nimmt die verlogene Haltung der DDR zum Nahostkonflikt auseinander, die sich als »antifaschistischer« Staat aus der deutschen Verantwortung für Israel gestohlen hatte. In einem Konflikt Israels mit seinen Feinden könne Deutschland – und auch die Linke – nicht »neutral« sein, so Gysi. Der Antizionismus müsse aufgegeben, das Existenzrecht Israels anerkannt werden. Mehr noch: Gysi rät der Linken, zu akzeptieren, »dass die Solidarität mit Israel ein moralisch gut begründbares Element deutscher Staatsräson« sei. Staatsräson? Er hat es wirklich benutzt, dieses Wort, das so verdächtig nach finsteren Kapitalinteressen riecht. Und darum tobt nun auch eine heftige Debatte um Gysis Rede.
Wer die maßgeblichen außenpolitischen Köpfe der Linken aufsucht, trifft auf skeptische Verwunderung. Man ist nicht gewohnt, auf diesem Feld ernsthaft befragt zu werden. Wolfgang Gehrcke, als DKP-Veteran eine schillernde Figur der Westlinken und heute Obmann der Partei im Auswärtigen Ausschuss des Bundestages, vermeidet zwar das Wort Staatsräson im Bezug auf Israel. Er betont, Deutschland sei durch die NS-Verbrechen nicht nur den Juden, sondern auch den Palästinensern verantwortlich. Aber auch er lässt in seiner Entgegnung auf Gysi keinen Zweifel aufkommen, »dass der Zionismus (…) eine angemessene Antwort auf das fundamentale Bedürfnis des über Jahrhunderte verfolgten jüdischen Volkes nach Sicherheit war«. Gehrcke kennt die zerrissene westdeutsche Linke zu gut, als dass er eine schnelle Regierungsbeteiligung für realistisch hielte. Die Partei müsse sich erst zusammenrütteln. Dennoch hat er mit seiner Rede schon einmal einen Pflock an sensibler Stelle eingeschlagen.
Die Abgeordnete Monika Knoche, Leiterin des Arbeitskreises Internationale Politik, ist auf Einladung der Bundeskanzlerin mit nach Israel gereist. Von Merkels Knesset-Rede war sie enttäuscht, weil die Kanzlerin die israelische Besatzung und den Mauerbau nicht einmal erwähnte, wozu Merkel »doch gerade als Ostdeutsche« einen Zugang haben sollte. Wenn Monika Knoche jedoch beschreibt, wie Merkel auf ihren Reisen Deutschland vertritt und wie sie auch oppositionelle Abgeordnete einbezieht, schwingt durchaus Respekt mit. Knoche hat 2001 wegen des Afghanistankrieges die Grünen verlassen. Fragt man sie als Feministin, was ein sofortiger Rückzug für die Frauen in Afghanistan bedeuten würde, kommt sie ins Stocken. Man wolle das Land ja nicht sich selbst überlassen, »Afghanistan ist uns nicht egal«. Man müsse die Rechtskultur wiederbeleben, die Gleichstellung der Frauen in der Stammesversammlung Loya Jirga durchsetzen. Wie das alles ohne Präsenz ausländischer Truppen gehen soll, kann Knoche nicht erklären. Die Truppen müssten ja nicht alle auf einmal gehen, deutet sie an. Den Wählern der Linken teilt man diese Differenzierungen lieber noch nicht mit. Wenn die Linke aber nur einen graduellen Rückzug für möglich hält, weil alles andere Afghanistan ins Chaos stürzen würde: Müsste sie dann nicht für die Präsenz von Truppen stimmen, die zivile Helfer so lange schützen, bis die Afghanen das selbst können? Sie weicht aus. Wichtig sei erst einmal der Einstieg in den Ausstieg: die Rücknahme der rot-grünen »Militarisierung der deutschen Außenpolitik«, ein erster Schritt zu einem rein zivilen Engagement. Die SPD, stellt sie klar, müsse von der Linken lernen, nicht umgekehrt. Einen Kurswechsel der SPD zu erzwingen scheint einstweilen wichtiger zu sein als die Detailfragen eines konkreten Rückzugs.
Was »raus aus Afghanistan« eigentlich bedeutet, ist jedenfalls sehr viel weniger klar, als es auf den Plakaten der Linken erscheint. Auch im Gespräch mit Lafontaines Co-Parteichef Lothar Bisky wird das deutlich. Was der militärische Einsatz denn gebracht habe, fragt er zu Recht. Wenn man jedoch Genaueres über den Abzug der deutschen Truppen wissen will, flüchtet er sich in Floskeln über die Unmöglichkeit einer rein »militärischen Lösung« – an die allerdings selbst die Nato nicht glaubt. Es klingt ein wenig schuldbewusst, wenn Lothar Bisky aufzählt, was die Linke alles für die »afghanische Zivilgesellschaft« tut. Er setze sich persönlich dafür ein, dass Künstlerinnen aus Kabul ihre Bilder in Berlin zeigen könnten, fügt er hinzu. Der erfahrene Bisky weiß, dass die Außenpolitik der Linken in Gefahr ist, vom hohen moralischen Podest (»einzige Antikriegspartei«) in den Zynismus des reinen Ohnemicheltums abzustürzen. Afghanistan den Taliban kampflos zu überlassen mag populär sein. Als emanzipatorische Politik könnte man es kaum verkaufen.
Was heißt eigentlich Internationalismus heute – in Zeiten der Globalisierung? Bisky gerät ins Grübeln: Die alte Internationale sei tot, und zwar zu Recht. »Eine neue ist noch nicht definiert.«
Auf dem Parteitag wird es einzelne Versuche in dieser Richtung geben: Ein Antrag aus Freiburg beschäftigt sich mit der Tibetfrage, zu der die
Parteiführung aus alter Solidarität mit der KP lange peinlich geschwiegen hat. Bei den Menschenrechtsverletzungen in China, heißt es in Antrag G 02, dürfe die Linke ebenso wenig zuschauen wie bei jenen der Besatzermächte in Afghanistan und im Irak.

 

Warum die Terroristen nicht gewinnen können (und Iran auch nicht)

Hier ein Auszug aus dem wichtigsten Buch des Jahres – Fareed Zakarias „The Post-American World“. Zakaria stellt den Westen in den Kontext der aufsteigenden (ehemals) Dritten Welt – „The Rise of the Rest“. Und er wägt Risiken und Chancen dieses enormen Wandels ab. Es ist extrem erfrischen, wie er Probleme relativiert, die uns die größten scheinen, wie etwa den islamistischen Terrorismus und das iranische Atomprogramm. Jawohl, ich meine das poltitiv: Zakaria relativiert, indem er diese Krisen in ein Verhältnis zu anderen historischen und aktuellen Problemen setzt. Das Buch erscheint demnächst auf Englisch, Anfang des kommenden Jahres auch auf Deutsch. Ich lese gerade die Fahnen und werde demnächst mehr berichten.
Zakaria ist der Chefredakteur der internationalen Ausgabe von Newsweek und einer der klügsten Kommentatoren der internationalen Politik. Hier ein Exzerpt aus der aktuellen Ausgabe von Newsweek  (und hier ist einer erste Rezension in der New York Times):

„The threats we face are real. Islamic jihadists are a nasty bunch—they do want to attack civilians everywhere. But it is increasingly clear that militants and suicide bombers make up a tiny portion of the world’s 1.3 billion Muslims. They can do real damage, especially if they get their hands on nuclear weapons. But the combined efforts of the world’s governments have effectively put them on the run and continue to track them and their money. Jihad persists, but the jihadists have had to scatter, work in small local cells, and use simple and undetectable weapons. They have not been able to hit big, symbolic targets, especially ones involving Americans. So they blow up bombs in cafés, marketplaces, and subway stations. The problem is that in doing so, they kill locals and alienate ordinary Muslims. Look at the polls. Support for violence of any kind has dropped dramatically over the last five years in all Muslim countries.
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Fareed Zakaria Foto: (CC) Larry D. Moore

Militant groups have reconstituted in certain areas where they exploit a particular local issue or have support from a local ethnic group or sect, most worryingly in Pakistan and Afghanistan where Islamic radicalism has become associated with Pashtun identity politics. But as a result, these groups are becoming more local and less global. Al Qaeda in Iraq, for example, has turned into a group that is more anti-Shiite than anti-American. The bottom line is this: since 9/11, Al Qaeda Central, the gang run by Osama bin Laden, has not been able to launch a single major terror attack in the West or any Arab country—its original targets. They used to do terrorism, now they make videotapes. Of course one day they will get lucky again, but that they have been stymied for almost seven years points out that in this battle between governments and terror groups, the former need not despair.

Some point to the dangers posed by countries like Iran. These rogue states present real problems, but look at them in context. The American economy is 68 times the size of Iran’s. Its military budget is 110 times that of the mullahs. Were Iran to attain a nuclear capacity, it would complicate the geopolitics of the Middle East. But none of the problems we face compare with the dangers posed by a rising Germany in the first half of the 20th century or an expansionist Soviet Union in the second half. Those were great global powers bent on world domination. If this is 1938, as some neoconservatives tell us, then Iran is Romania, not Germany.“

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