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Der Facebook-Dschihad

Ein ausführlicher Artikel in der Washington Post beschäftigt sich mit Zachary Adam Chesser, der Lesern dieses Blogs nicht unbekannt ist. Er war einer der Aktivisten von „Revolution Muslim“, der amerikanischen Konvertiten-Truppe, die im Frühjahr gegen South Park agitiert hatte. Chesser ist unterdessen vom FBI einkassiert worden, als er versuchte, die USA in Richtung Somalia zu verlassen, um sich dort Al-Shabab anzuschließen.
Die Geschichte über die Instant-Radikalisierung dieses jungen Mannes aus North-Virginia ist sehr aufschlussreich, weil sie zeigt, welche Rolle das Internet heute für die Agitation spielt. Chesser hatte durch das Internet Kontakt zu dem jemenitisch-amerikanischen Terroristen Al-Awlaki aufnehmen können. Er selber verbreitete Videos auf Youtube und nutzte das Web, um gegen South Park zu agitieren.
Chessers Radikalisierung erinnert an viele andere vergleichbare Karrieren, die wir in den letzten Jahren mitbekommen konnten. Etwa bei den „Sauerländern“, die in Deutschland Anschläge geplant hatten.

For Chesser, it was the latest – and perhaps most unlikely – in a series of identities he’d experimented with, then discarded.

Other attempts to define himself had proved harmless. „If he’d lived in L.A.,“ observed one person close to him, „he would have been a Scientologist.“

Instead, Chesser faces up to 30 years in prison and a label that will haunt him for the rest of his life: terrorist.

While much about what prompted Chesser’s transformation remains a mystery, he illustrates a growing phenomenon in the United States: young converts who embrace the most extreme interpretation of Islam.

Of the nearly 200 U.S. citizens arrested in the past nine years for terrorism-related activity, 20 to 25 percent have been converts, said Oren Segal, director of the Anti-Defamation League’s Center on Extremism. More than a quarter have been arrested in the past 20 months. The center provided The Washington Post with saved copies of Chesser’s postings, most no longer available on the Web.

„Many of these converts are basically white kids from the suburbs“ in search of a community, said Segal, whose group has produced numerous papers on those arrested, including Chesser. They are overwhelmingly male, frequently in their 20s and eager to „become something more than they are, or be part of something greater,“ he said.

Their militancy is not a product of the alienation that has sometimes prompted Muslim-born young people in the United States and elsewhere to embrace extremism, particularly in the years since the Sept. 11, 2001, attacks and the beginning of the wars in Afghanistan and Iraq.

Growing up, they were not the target of anti-Muslim slurs or discrimination. Instead, extremist converts often cultivate their sense of outrage online, where they have access to radical English-language Web sites, videos and forums that didn’t exist 10 years ago.

The ADL thinks that thousands of Americans are consuming this material. While most do little more than read blog posts or watch videos, some go further.

Chesser hatte erst in seiner Schulzeit Kontakt zum Islam, wahrscheinlich durch eine Liebesgeschichte. Er wird als orientierungssuchendes Mittelschichtenkind beschrieben. Die Scheidung der Eltern scheint eine Rolle gespielt zu haben.
Nach seiner Konversion zeigen sich typische Konvertiten-Mucken: Man will hundertprozentig sein, beschäftigt sich obsessiv mit Äußerlichkeiten wie der Bartlänge und dem korrekten Gewand. Man kleidet den Selbsthass in islamische Gewänder. Vieles erinnert an frühere Formen von radical chic.
Und dabei sind die neuen digitalen Medien natürlich ein Göttergeschenk, denn sie erlauben das Leben in einer Phantasiewelt gleichgesinnter Kämpfer, ohne das Kinderzimmer oder die Studentenbude jemals verlassen zu müssen. Sie ermöglichen auch die Phantasie einer globalen Wirkungsmacht, potenziell von jedem Ort der Welt aus, Internetzugang vorausgesetzt.
Für die Terroristen im engeren Zirkel der Netzwerke bieten die sozialen Medien umgekehrt einen idealen Rekrutierungsmechanismus. Sie durchforsten die Foren und die sozialen Medien nach jungen Männern, die sie für ihre Zwecke einspannen können.

 

George W. Bush, Khameneis Helfershelfer

Zwei Nachrichten von heute, die nur einen Schluss zulassen: kein amerikanischer Präsident vor ihm hat dem iranischen Regime so sehr in die Hände gearbeitet wie George W. Bush.
Er war es, der in beiden Nachbarländern die größten Feinde der Islamischen Republik beseitigte – erst die Taliban, dann den Urgegner Saddam. Damit wurde die Balance der Kräfte in der Region unvermeidlich in Richtung der Mullahs verschoben. (Was für mich nur den Schluss zulässt, dass diese als drittes Element drankommen sollten beim grossen Regime-Change. Oder dass man vielleicht dachte, sie würden – Dominotheorie – unwiderstehlich von alleine fallen.)
Die beiden Nachrichten, die mir schlagartig klar gemacht haben, dass George W. zwar nicht unbedingt der größte Freund des iranischen Volkes, aber wohl doch unwillentlich des Regimes ist: Hamid Karzai musste heute zugeben, dass seine Regierung einen aus iranischen Mitteln gespeisten „slush fund“ unterhält, eine Geldkassette voll iranischer Dollars zum Bestechen von Abgeordneten und Stammesführern etc. Nein, so hat er es zwar nicht zugegeben, aber er hat schon gesagt, dass man aus iranischen Mitteln „Spesen“ bestreite. Warum auch nicht, man ist ja Nachbar! In anderen Worten: Iran schmiert eine Regierung, deren korrupte Wahlen wir bezahlen. Glückwunsch nach Teheran, ein schöner Erfolg.
Die zweite Nachricht betrifft die Regierungsbildung im Irak. Nach sieben Monaten sieht es so aus, als werde Maliki wieder die Regierung anführen. Er hat zwar keine Mehrheit, aber der Iran hat sich, um den frommen Schiiten wieder ran zu bringen, seinen Schützling Muktada al Sadr vorgenommen und ihm beigebogen, was man in Bagdad für eine Regierung sehen will – und vor allem, welche nicht: die des säkularen Alawi. Teheran hat nun also auch bei der Regierungsbildung beim Erzfeind Irak mitzureden! Ein schöner Bonus zum Wiedergewinn der heiligen Stätten Nadschaf und Kerbela.
Hätte kaum besser laufen können.
Schon eine merkwürdige Ironie, dass der Hardliner Bush mit seiner Kohorte von Iranfressern dem Land zu einer nie gekannten regionalen Vormachtstellung verholfen hat. Und dass es nun die Softis sind – die Europäer und „Häuptling ausgestreckte Hand“ Obama -, die Iran mit der Sanktionspolitik im Schach halten müssen.

 

Wird Amerika islamfeindlich?

Ich habe zusammen mit unserem Washington-Korrespundenten Martin Klingst eine Seite 3 über den New Yorker Moscheenstreit zu 9/11 geschrieben. Der Text aus der aktuellen Ausgabe der Zeit ist jetzt auch online zu lesen:

Kulturkampf um Moscheebauten – das war bisher eine europäische Eigenheit, auf die Amerikaner irritiert schauten. Doch jetzt, beinahe ein Jahrzehnt nach den Anschlägen, scheint plötzlich nichts mehr gewiss in Amerikas Beziehung zu den Muslimen im eigenen Land.

Im Verhältnis des Westens zum Islam gibt es ein transatlantisches Paradox: Europa mag in der islamischen Welt beliebter sein als Amerika. Doch bei der Integration seiner Muslime hat es viel größere Probleme als die USA. Amerika hingegen, durch zwei blutige Kriege in der islamischen Welt außenpolitisch diskreditiert, reüssierte dennoch bei der Integration islamischer Einwanderer. Man kämpfte zwar gegen militante Islamisten in Übersee, doch zu Hause schaute man streng auf die Trennung zwischen Islam und Islamismus. George W. Bush hatte nach dem 11. September 2001 nichts Eiligeres zu tun, als eine Moschee aufzusuchen und zu erklären, der Islam sei »eine Religion des Friedens«. Die Republikanische Partei achtete, solange sie regierte, auf die Differenz von Religion und terroristischer Ideologie. Vorbei. Im Moscheestreit von Manhattan werden die Grenzen verwischt. Mit voller Absicht…

Mehr hier.

 

Warum die Ground Zero Moschee gebaut werden sollte

Etwas Besseres als dieser Text von Leon Wieseltier über den New Yorker Moscheestreit (in der New Republic) ist nirgends zu finden:

„There are families of the victims who oppose Cordoba House and there are families of the victims who support it. Every side in this debate can invoke the authority of the pain. But how much authority should it have? I do not see that sentiment about the families should abrogate considerations of principle. It is odd to see conservatives suddenly espouse the moral superiority of victimhood, as it is odd to see them suddenly find an exception to their expansive view of religious freedom. Everybody has their preferred insensitivities. In matters of principle, moreover, polling is beside the point, or an alibi for the tyranny of the majority, or an invitation to demagogues to make divisiveness into a strategy, so that their targets come to seem like they are the ones standing in the way of social peace, and the “decent” thing is for them to fold. Why doesn’t Rauf just move the mosque? That would bring the ugliness to an end. But why don’t Palin and Gingrich just shut up? That, too, would bring the ugliness to an end. Certainly the diabolization of Rauf, an imam who has publicly recited the Shema as an act of solidarity and argued that the Declaration of Independence “embodies and restates the core values of the Abrahamic, and thus also the Islamic, ethic,” must cease. In a time when an alarming number of Muslims wish to imitate Osama bin Laden, here is a Muslim who wishes to imitate Mordecai Kaplan. Turn away, from him? But he may be replaced at his center by less moderate clerics, it is said. To which I would reply with a list of synagogues whose establishment should be regretted because of the fanatical views of their current leaders. I also hear that there should be no mosque on Park Place until there are churches and synagogues in Saudi Arabia. I get it. Until they are like us, we will be like them.

At the JCC on Q Street a few weeks ago, there was a family night for “kibbutz camp.” As the children sang “Zum Gali Gali,” an old anthem of the Zionist pioneers, I noticed among the jolly parents a Muslim woman swaddled in black. Her child was among those children! Her presence had no bearing on the question of our security, but it was the image of what we are protecting. No American heart could be unmoved by it. So: Cordoba House in New York and a Predator war in Pakistan—graciousness here and viciousness there—this should be our position. For those who come in peace, peace; for those who come in war, war.“

 

Der Imam der „Ground Zero Moschee“ spricht

Der New Yorker Imam Rauf hat sich nun nach Wochen zu Wort gemeldet und das Projekt seines „Community Centers“ (i.e. „Ground Zero Moschee“) verteidigt. Er war, wie bekannt, im Auftrag des State Department unterwegs, um Amerika im Nahen Osten zu bewerben.
In einem Kommentar für die New York Times erklärt er, warum er nicht nachgeben will und was das Zentrum für eine Aufgabe haben soll. Er verspricht die Finanzierung offenzulegen und kündigt an, es werde Gebetsräume für andere Religionen, namentlich Juden und Christen, in dem Zentrum geben, sowie einen Gedenkraum für die Opfer des 11.September.
Er sagt auch, die Verteidigung des Projekts durch Präsident Obama und den Bürgermeister Bloomberg – einen Christen und einen Juden – habe in der islamischen Welt großen Anklang gefunden und helfe, die falschen Meinungen zu bekämpfen, Amerika befinde sich auf einem Kreuzzug gegen den Islam. „It was striking: a Christian president and a Jewish mayor of New York supporting the rights of Muslims. Their statements sent a powerful message about what America stands for, and will be remembered as a milestone in improving American-Muslim relations.“

Unterdessen scheinen die prominenten Republikaner kalte Füsse zu bekommen, was die geplante Krawall-Demo am 11. September am Ground Zero angeht: Newt Gingrich ließ mitteilen, er werde nicht persönlich erschienen und habe von vornherein nur eine Video-Botschaft in Aussicht gestellt. Sarah Palin hat andere Pläne, offenbar zusammen mit Glenn Beck in Alaska. John Bolton wird ein Video schicken. Ach ja, Geert Wilders ist weiterhin angekündigt.

Rauf schreibt: „The wonderful outpouring of support for our right to build this community center from across the social, religious and political spectrum seriously undermines the ability of anti-American radicals to recruit young, impressionable Muslims by falsely claiming that America persecutes Muslims for their faith. These efforts by radicals at distortion endanger our national security and the personal security of Americans worldwide. This is why Americans must not back away from completion of this project. If we do, we cede the discourse and, essentially, our future to radicals on both sides. The paradigm of a clash between the West and the Muslim world will continue, as it has in recent decades at terrible cost. It is a paradigm we must shift.“

Ich wiederhole meine Frage: Spricht so der Feind?

Anders gefragt: Wer ist hier der Freiheitskämpfer? Der blondmähnige Volkstribun aus Limburg oder dieser Imam?

 

Imam der Ground Zero Moschee: „Ich bin ein Jude“

Der Mann, der jetzt in der Debatte um die Ground-Zero-Moschee zum Hassprediger gestempelt wird,  Imam Rauf, hat seinerzeit beim Gedenkgottesdienst für Daniel Pearl gesprochen. Man kann den vollen Text seiner Ansprache auf der Website des Tempels B’nai Jeshurun finden. Wer diesen Text liest, dem wird die Haltlosigkeit und Infamie dieser ganzen Kampagne aufgehen.

Ein Mann, der an der Totenfeier des prominentesten Opfers von Al-Kaida teilnimmt, und der dort als Muslim folgendes sagt, ist mutiger und glaubwürdiger als viele derjenigen, die sich heute künstlich empören über die angebliche „Provokation“ durch das Gemeindezentrum, das dieser Imam leiten soll:

„We are here to assert the Islamic conviction of the moral equivalency of our Abrahamic faiths. If to be a Jew means to say with all one’s heart, mind and soul  Yisrael, Adonai Elohenu Adonai Ahad; hear O Israel, the Lord our God, the  is One, not only today I am a Jew, I have always been one, Mr. Pearl.
If to be a Christian is to love the Lord our God with all of my heart, mind and soul,  to love for my fellow human being what I love for myself, then not only am I a Christian, but I have always been one Mr. Pearl.
And I am here to inform you, with the full authority of the Quranic texts and the practice of the Prophet Muhammad, that to say La ilaha illallah Muhammadun rasulullah is no different. It expresses the same theological and ethical principles and values.
We are here especially to seek your forgiveness and of your family for what has been done in the name of Islam.“

Damit es auch niemand überliest: „Wir sind hier, um Ihre Vergebung zu ersuchen für das, was im Namen des Islam getan worden ist.“ (Ganzer Text hier.)

Das hat dieser Imam im Angesicht der Hinterbliebenen von Daniel Pearl gesagt! Und denselben Mann macht man nun zum Opfer einer wochenlangen Hetzkampagne.

Dis-gus-ting.

Jeffrey Goldberg vom „Atlantic“ kämpft seit Wochen gegen die Rufmordkampagne an, mit der der Imam Rauf von der Cordoba Initiative überzogen wird.
Übrigens derselbe Goldberg, der den Irakkrieg befürwortet hat, der heute für eine harte Linie gegen Iran eintritt und immer wieder die derzeitige israelische Regierung verteidigt. (Das nur, um mal die ideologischen Fronten hier ein bisschen zu verwirren.)
Goldberg kennt den Mann nämlich, im Unterschied zu den meisten Teilnehmern der Debatte. Er hat erlebt, wie Imam Rauf beim Gedenkgottesdienst für den von Al Kaida ermordeten Daniel Pearl gesagt hat: „Ich bin ein Jude.“
Ich zitiere nachfolgend zwei Posts von Goldberg:

„If he could, Bin Laden would bomb the Cordoba Initiative. This seems like such an obvious point, but it is apparently not obvious to the many people who oppose the Cordoba Initiative’s planned mosque in lower Manhattan, so let me state it as clearly as possible: The Cordoba Initiative, which is headed by an imam named Feisal Abdul Rauf, is an enemy of al Qaeda, no less than Rudolph Giuliani and the Anti-Defamation League are enemies of al Qaeda. Bin Laden would sooner dispatch a truck bomb to destroy the Cordoba Initiative’s proposed community center than he would attack the ADL, for the simple reason that Osama’s most dire enemies are Muslims. This is quantitatively true, of course — al Qaeda and its ideological affiliates have murdered thousands of Muslims — but it is ideologically true as well: al Qaeda’s goal is the purification of Islam (that is to say, its extreme understanding of Islam) and apostates pose more of a threat to Bin Laden’s understanding of Islam than do infidels.

I know Feisal Abdul Rauf; I’ve spoken with him at a public discussion at the 96th street mosque in New York about interfaith cooperation. He represents what Bin Laden fears most: a Muslim who believes that it is possible to remain true to the values of Islam and, at the same time, to be a loyal citizen of a Western, non-Muslim country. Bin Laden wants a clash of civilizations; the opponents of the mosque project are giving him what he wants.“

„In 2003, Imam Rauf was invited to speak at a memorial service for Daniel Pearl, the journalist murdered by Islamist terrorists in Pakistan. The service was held at B’nai Jeshurun, a prominent synagogue in Manhattan, and in the audience was Judea Pearl, Daniel Pearl’s father. In his remarks, Rauf identified absolutely with Pearl, and identified himself absolutely with the ethical tradition of Judaism. „I am a Jew,“ he said.

There are those who would argue that these represent mere words, chosen carefully to appease a postentially suspicious audience. I would argue something different: That any Muslim imam who stands before a Jewish congregation and says, „I am a Jew,“ is placing his life in danger. Remember, Islamists hate the people they consider apostates even more than they hate Christians and Jews. In other words, the man many commentators on the right assert is a terrorist-sympathizer placed himself in mortal peril in order to identify himself with Christians and Jews, and specifically with the most famous Jewish victim of Islamism.“

Tja Leute, was nun?

 

Der Moscheeplaner von Manhattan spricht

Das ist also der Feind! Der Entwickler des „Community Centers“ in Nähe von Ground Zero, der mittlerweile als „Moschee am Ground Zero“ so viel Hass entgegenschlägt, spricht. Ist Sharif El-Gamal der Botschafter Obama, pardon Osama bin Ladens? (Haha!) Machen Sie sich selbst ein Bild. (Vollständiges Interview hier.)
Und falls meine bescheidene Meinung gefragt ist: Das Ganze stinkt bis über den Atlantik nach Xenophobie, Rassismus und (na gut, meinetwegen, ich schreibe das Wort jetzt hin) Islamophobie:

 

Warum eine Moschee am Ground Zero legitim ist

Obamas Iftar-Rede finde ich wieder einmal bemerkenswert. Ich bewundere diesen Mann für seine Fähigkeit to cut through the bullshit, wie es so schön heißt. Klasse Mann, ein Präsident für Erwachsene.

Ist er unterdessen zurückgerudert, weil er ja später nachgeschoben hat, seine Bemerkungen haben nicht der Frage gegolten, ob es „weise“ sei, eine Moschee am Ground Zero zu errichten (nur ob es legitim sei)? Sehe ich nicht so. Er nimmt ja die Frage der Gefühle der New Yorker schon auf, wenn er von „heiligen Boden“ spricht, wo einmal die Türme waren.

Und dann gegen Ende seine Erinnerung daran, gegen wen „wir kämpfen“ (Muslime einbegriffen) – gegen die vor allem Muslime mordende Al-Kaida.

D a s  ist die moral clarity, von der sein Vorgänger und seine verrottete Partei immer nur reden.

(Unglücklich über Obamas Position ist auch der Religionskritiker Sam Harris, was allerdings nicht sehr überrascht. Aber in dessen Stück sind immerhin nicht nur fiese Unterstellungen drin.)

Hier der Text der Präsidentenrede:

„Hier im Weißen Haus ist die Einladung zum Fastenbrechen eine Tradition, die mehrere Jahre zurückreicht, ebenso wie unsere Feiern zu Weihnachten, zum Seder und zum Lichterfest. Mit diesen Veranstaltungen würdigen wir die Rolle, die der Glaube im Leben der Amerikaner spielt. Sie führen uns vor Augen, dass wir alle Kinder Gottes sind und dass unser Glaube uns Kraft und Sinnhaftigkeit gibt.

Diese Veranstaltungen sind auch eine Bestätigung dessen, wer wir Amerikaner sind. Unsere Gründerväter wussten, dass der Glaube am ehesten dann seinen Platz im Leben unserer Bürger haben würde, wenn die Freiheit der Religionsausübung geschützt wird. Im Gesetz von Virginia zur Religionsfreiheit (Virginia Act of Establishing Religious Freedom), schrieb Thomas Jefferson, dass „alle Menschen ihre religiösen Meinungen frei bekunden und durch Argumente behaupten sollen können“. Mit dem ersten Verfassungszusatz wurde Religionsfreiheit als Gesetz im ganzen Land verankert. Dieses Recht wurde seitdem gewahrt.

Innerhalb unserer Grenzen konnte Religion sich im Verlauf unserer Geschichte genau deshalb entfalten, weil die Amerikaner das Recht hatten, ihren Glauben so zu praktizieren, wie sie es wollten – und dazu zählt auch die Möglichkeit, keinem Glauben anzugehören. Es ist ein Zeugnis der Weisheit unserer Gründerväter, dass Amerika zutiefst religiös ist – eine Nation, in der Menschen unterschiedlichen Glaubens friedlich und in gegenseitigem Respekt miteinander leben ist ein scharfer Kontrast zu den religiösen Konflikten, die andernorts auf der Welt andauern.

Das heißt nicht, dass Religion frei von Kontroversen ist. Seit einiger Zeit erhält der Bau von Moscheen in einigen Gemeinden – insbesondere in New York – verstärkte Aufmerksamkeit. Wir müssen alle die Befindlichkeiten erkennen und respektieren, die mit der Entwicklung von Lower Manhattan einhergehen. Die Anschläge vom 11. September waren für unser Land zutiefst traumatisch. Der Schmerz und das Leid, das jene erfahren mussten, die Angehörige verloren haben, sind unvorstellbar. Ich bin mir also der Emotionen, die dieses Thema hervorruft, bewusst. Ground Zero ist zweifellos heiliger Boden. Weiter„Warum eine Moschee am Ground Zero legitim ist“

 

Was Obama für die „Grüne Bewegung“ im Iran tun kann

Reuel Marc Gerecht, ein amerikanischer Iran-Experte, der in den achtziger Jahren bei der CIA für das Land zuständig war, wirft Obama vor, zu lange an seiner Strategie der „ausgestreckten Hand“ zu bleiben und zu wenig für die oppositionelle Bewegung des Landes zu tun. Obama soll Gelder bewilligen, mit denen der Zugang der Bewegung zu digitalen Medien und Satellitenkommunikation erleichtert wird. Iran, mein Gerecht, brauche ein Programm wie während des Kalten Krieges die Länder hinter dem Eisernen Vorhang:

As it turns out, many of the intellectual heavyweights who’ve driven Iran’s ever-growing pro-democracy Green Movement also love Popper and his defense of liberal democracy. The former reformist president, Mohammad Khatami, who is fascinated by (and a little fearful of) Western philosophy and the economic dynamism of liberal democracy, can’t stop writing about Popper. And the much more influential Abdolkarim Soroush, an Iranian philosopher of religion who may be the most important Muslim thinker since the 11th-century theologian al-Ghazali, also pays his respects to the Austrian in his efforts to create a faith that can thrive in a more open, democratic society.
(…)

The Green Movement, which is an upwelling of Iran’s enormous cultural and political transformation, is what America has long wanted to see in the Middle East, especially after 9/11: a more-or-less liberal democratic movement, increasingly secular in philosophy and political objectives, rooted in Iran’s large middle class and even larger pool of college-educated youth (a college education in Iran, where the revolution zealously opened universities to the poor, doesn’t connote any social status).

The movement is similar in its aspirations and methods to what transpired behind the Iron Curtain in the 1980s. It aims to incorporate the spiritually dispossessed, the free thinkers, the poorly paid, the young (more than 60 percent of Iran’s population is now under 30), the dissident clergy and, perhaps most important, the first-generation revolutionaries of the 1970s who have been purged by Ayatollah Ali Khamenei, Khomeini’s charisma-free, paranoid successor as supreme leader. The movement is also the most recent manifestation (the first being Mr. Khatami’s presidential victory in 1997) of widespread anger by women over their second-class citizenship in the Islamic Republic.

The movement is unique in Islamic history: an intellectual revolution that aims to solve peacefully and democratically the great Muslim torment over religious authenticity and cultural collaboration. How does a proud people adopt the best (and the worst) from the West and remain true to its much-loved historical identity?

(…)
The principal battle is not between “us” and “them,” but within Islam itself. Yet President Obama doesn’t seem to grasp that the United States is unavoidably part of this increasingly violent struggle. And we really do want one side to win: the friends of Karl Popper.

Ich sympathisiere mit dieser Lesart. Aber was ist mit dem Einwand, dass eine allzu offene Unterstützung der „Grünen Bewegung“ durch Amerika die Authentizität dieser Protestbewegung in Frage stellen und den Propaganda-Schergen des Regimes Recht geben würde – dass es sich nämlich um eine verdeckte Operation von ausländischen Feinden der Islamischen Republik handelt? Soll man sich darüber einfach hinwegsetzen? Man kann diesen Einwand ja gerade auch von iranischer Seite hören: Kompromittiert uns nicht durch Einmischung. Das Dilemma bleibt.

 

Ein Amerikaner unter den Toten auf der Marmara

Ein amerikanischer Bürger mit türkischen Wurzeln ist unter den Toten, die durch die israelische Militäraktion verursacht wurden: Furkan Dogan, ein Neunzehnjähriger, wurde nach türkischen Berichten vier mal in den Kopf geschossen. Das bringt die amerikanische Regierung unter Druck, von Israel Konsequenzen zu fordern.
Unterdessen wird berichtet, dass das irische Schiff Rachel Corrie auf dem Weg nach Gaza ist. Die Geschichte geht also weiter.