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Wie Republikaner die Islamfeindlichkeit europäischer Populisten übernehmen

Der republikanische Abgeordnete Peter King, Vorsitzender des Innenausschusses (Homeland Security) im Kongress, wird in dieser Woche Anhörungen über die Radikalisierung amerikanischer Muslime halten.

Befürchtet wird eine Art Stimmungsmache gegen Muslime, was nach den Äußerungen von Peter King nicht auszuschließen ist. Er hat behauptet, Muslime würden der amerikanischen Polizei nicht bei der Aufklärung terroristischer Gefahren helfen. Die New York Times widerspricht dieser Behauptung mit Verweis auf eine Studie der Duke University, aus der hervorgeht, dass Muslime die ergiebigste Quelle von Tips im Kampf gegen die Radikalen in den eigenen Reihen sind.

Peter King reiht sich ein in die Ränge deren in den Reihen der  Republikaner und der Tea Party, die durch zunehmende antimuslimische Agitation ein großes Publikum finden.

Das ist eine interessante Entwicklung, die an das letzte Jahr mit dem Streit um die „Ground Zero Moschee“ anschließt.

Peter Beinart stellt fest, dass die amerikanischen Konservativen immer „europäischer“ werden. Europäischer im Sinne der Rechtspopulisten des alten Kontinents. Sie haben die Position aufgegeben, die noch unter George W. Bush galt: Krieg dem gewalttätigen Islamismus, Friede den Muslimen. Bush hat immer sehr darauf geachtet, dass seine religionsfreundliche Attitüde nicht als Bigotterie mißverstanden werden konnte. Er hat Moscheen besucht und Iftar gefeiert, um friedliebende Muslime von Extremisten zu unterscheiden. Der neue Dreh von Republikanern wie King besteht in dem umgekehrten Prinzip: Wo auch immer man kann, werden die Linien verwischt. Ein Kampf gegen eine „Moschee am falschen Ort“ oder gegen „zu viele Moscheen in Amerika“ wird als Kampf gegen den Islamismus definiert. Beinart:

Republicans like to claim that Democrats are the “European” party: the party that wants a big welfare state, believes in international law, and doesn’t think America is an exceptional nation. But I’ve noticed a certain Europeanification of the GOP of late, as regard to Muslims. For years, Republicans have explained that their brand of patriotism has nothing to do with blood and soil. Unlike right-wing European parties, which often fashion themselves bulwarks against the Muslim menace, Republicans—in their telling—defend the universal ideals of unfettered capitalism, traditional morality, and bucketloads for defense. They welcome anyone who adheres to those principles, no matter their complexion and faith (except perhaps if they don’t have one).

It would be nice if someone explained that to Representative Peter King.

 

Amerika unterstützt iranischen Protest

Die Frage, die ich gestern noch etwas skeptisch gestellt hatte – ob Amerika im Licht der tunesischen und ägyptischen Ereignisse umdenkt und sich deutlicher an die Seite der Demokratiebewegungen in der Region stellt – kann heute als beantwortet gelten: Ja.

Secretary of State Hillary Rodham Clinton has expressed support for the tens of thousands of protesters in Iran’s capital, saying they deserve to have the same rights that they saw being played out in Egypt and are part of their own birthright.

„Let me, clearly and directly, support the aspirations of the people who are in the streets in Iran today,“ Clinton told reporters after meeting with the Republican speaker of the House of Representatives, John Boehner.

„What we see happening in Iran today is a testament to the courage of the Iranian people, and an indictment of the hypocrisy of the Iranian regime — a regime which over the last three weeks has constantly hailed what went on in Egypt,“ Clinton said.

„We wish the opposition and the brave people in the streets across cities in Iran the same opportunities that they saw their Egyptian counterparts seize.“

Clinton spoke after an Iranian opposition website said dozens of people were arrested on Monday while taking part in a banned rally in Tehran to support popular uprisings which toppled the governments in Egypt and Tunisia in recent weeks.

Großartig! Endlich die richtige Sprache. Ich bin sehr froh, dass die USA nicht zusehen, wie Teheran versucht, auf zynische Weise die Errungenschaften der Demokratiebewegung im Ägypten als „islamisches Erwachen“ zu kapern. Die Proklamationen von Khamenei und Achmadinedschad über den Aufstand in Ägypten sind lächerlich: Alle die Helden der ägyptischen Revolution wären im Iran längst im Knast.

 

Kairo ist nicht Teheran

Charles Krauthammer schreibt in der Washington Post, Amerika brauche angesichts der demokratischen Welle im Nahen Osten eine „Freedom Agenda“. Er zieht eine Analogie zum Kalten Krieg, in dem die USA auch für die Freiheit und gegen den Totalitarismus standen – damals den Kommunismus der Sowjetunion. Heute sei der Islamismus die Gefahr, und Iran eine „Sowjetunion im Kleinen“, mit Satellitenstaaten wie Syrien, Libanon und Hamastan. Wie seinerzeit im Kalten Krieg müssen die USA der Beteiligung von Totalitären an den neu entstehenden Regierungen widerstehen. Man habe kürzlich im Libanon und zuvor in Gaza gesehen, was passiert, wenn man da nicht aufpasst. Für Ägypten heißt dies: keine Regierungsbeteiligung der Muslimbrüder.

As the states of the Arab Middle East throw off decades of dictatorship, their democratic future faces a major threat from the new totalitarianism: Islamism. As in Soviet days, the threat is both internal and external. Iran, a mini-version of the old Soviet Union, has its own allies and satellites – Syria, Lebanon and Gaza – and its own Comintern, with agents operating throughout the region to extend Islamist influence and undermine pro-Western secular states. That’s precisely why in this revolutionary moment, Iran boasts of an Islamist wave sweeping the Arab world.

(…)

We need a foreign policy that not only supports freedom in the abstract but is guided by long-range practical principles to achieve it – a Freedom Doctrine composed of the following elements:

(1) The United States supports democracy throughout the Middle East. It will use its influence to help democrats everywhere throw off dictatorial rule.

(2) Democracy is more than just elections. It requires a free press, the rule of law, the freedom to organize, the establishment of independent political parties and the peaceful transfer of power. Therefore, the transition to democracy and initial elections must allow time for these institutions, most notably political parties, to establish themselves.

(3) The only U.S. interest in the internal governance of these new democracies is to help protect them against totalitarians, foreign and domestic. The recent Hezbollah coup in Lebanon and the Hamas dictatorship in Gaza dramatically demonstrate how anti-democratic elements that achieve power democratically can destroy the very democracy that empowered them.

(4) Therefore, just as during the Cold War the United States helped keep European communist parties out of power (to see them ultimately wither away), it will be U.S. policy to oppose the inclusion of totalitarian parties – the Muslim Brotherhood or, for that matter, communists – in any government, whether provisional or elected, in newly liberated Arab states.

Ich fürchte nur: Weder die USA noch irgendeine andere westliche Macht hat dabei nennenswerten Einfluss. Und das liegt wiederum daran, wie wir unseren Einfluss bisher ausgeübt haben, beziehunsgweise wie nicht. Wir haben das Regime bedingungslos gestützt und der Opposition jenseits der MB keine Aufmerksamkeit geschenkt. Unsere Außenpolitik braucht immer Leute, mit denen man Deals machen kann, feste Strukturen, am besten schon so,  dass sie perfekt zu unseren eigenen passen (eine linke, eine rechte, eine liberale Partei). Alles andere, was sonst so in der Gesellschaft herumwuselt, ist irrelevant. Indem wir die Breite der Gesellschaft ignoriert haben, haben wir das Spiel des Regimes und er MB mitgespielt, die sich wechselseitig stärken und voneinander ihre Legitimiation beziehen („Ich halte euch die vom Leib!“  – “ Wir sind die einzige organisierte Opposition!“).

Auch Charles Krauthammer gessteht zu, dass die USA wohl nicht das letzte Wort haben werden über die Frage, wer wieviel mitreden wird in einer künftigen Regierung. Ich finde, er hat recht, die Obama-Regierung für ihre Gratis-Anerkennung der MB zu kritisieren. Bevor die Brüder mitmachen dürfen, stellen sich viele berechtigte Fragen. Sie werden auch von Ägyptern gestellt, und darum sollte die US-Regierung dem nicht vorgreifen mit einem Blankoscheck für „nichtsäkulare Kräfte“. (Man stelle sich mal die Aufregung vor, irgendjemand von außen würde Amerika raten, nichtsäkulare Kräfte sollten einbezogen werden in die Beratung einer neuen Verfassung.)

Richtig ist auch, dass der Westen säkulare demokratische Kräfte mit Ressourcen, Beratung und diplomatisch unterstützen sollte. Aber wie? Der Kalte Krieg ist vorbei. In einer globalisierten Medienwelt mit Facebook und Twitter funktioniert kein „Kongress für Kulturelle Freiheit„.

Vielleicht werden mich die Ereignisse Lügen strafen, aber bei aller Vorsicht wegen der künftigen Rolle der MB sehe ich eigentlich nicht, warum die Ereignisse in Tunesien und Ägypten in die große Erzählung des Kampfes gegen den neuen Totalitarismus (Islamismus) passen sollen. Es gibt Islamisten unter den Protestierenden und ausgeschlossen ist nicht, dass islamistische Parteien profitieren könnten. Aber zunächst einmal ist hier eine pluralistische Freiheitsbewegung zu sehen, die unsere Unterstützung verdient.

Ein Problem mit dieser großen Erzählung, in die Krauthammer nun alles einpassen will, ist auch folgendes: Der Westen hat nach 9/11 selber keine konsistente Politik gemacht. Den Krieg in Afghanistan konnte man als Kampf gegen den islamistischen Extremismus verstehen. Aber mit Saddam Hussein wurde ein säkularer Diktator gestürzt (ausgerechnet der Erzfeind jener neuen Komintern-Zentrale in Teheran !), der sehr viel mehr mit Hosni Mubarak gemein hatte als mit Ajatollah Chamenei. Die Islamisten konnten erst nach seinem Sturz im Irak Fuß fassen und mussten unter großem Blutzoll zurückgeschlagen werden (wer weiß für wie lange). Das ist eine der seltsamen Inkonsistenzen dieser Jahre: Der Westen hat einen säkularen Diktator gestürzt und damit Irak ins Machtfeld Teherans gebracht. Jetzt stürzen die Ägypter ihren Diktator, und der Westen schaut ängstlich zu und lässt die Demonstranten im Stich. Man muss sich einmal vorstellen, wie das von Kairo aus betrachtet erscheinen muss.

 

Frank Wisners ägyptische Geschäftsinteressen

(Screenshot: JL)

Peinlicher geht’s nimmer. Frank Wisner, der Mubarak weiter im Amt sehen will, hat massive Geschäftsinteressen beim ägyptischen Regime.

Zitat aus dem Independent von gestern:

Mr Wisner is a retired State Department 36-year career diplomat – he served as US ambassador to Egypt, Zambia, the Philippines and India under eight American presidents. In other words, he was not a political appointee. But it is inconceivable Hillary Clinton did not know of his employment by a company that works for the very dictator which Mr Wisner now defends in the face of a massive democratic opposition in Egypt.

So why on earth was he sent to talk to Mubarak, who is in effect a client of Mr Wisner’s current employers?

Patton Boggs states that its attorneys „represent some of the leading Egyptian commercial families and their companies“ and „have been involved in oil and gas and telecommunications infrastructure projects on their behalf“. One of its partners served as chairman of the US-Egyptian Chamber of Commerce promoting foreign investment in the Egyptian economy. The company has also managed contractor disputes in military-sales agreements arising under the US Foreign Military Sales Act. Washington gives around $1.3bn (£800m) a year to the Egyptian military.

Mr Wisner joined Patton Boggs almost two years ago – more than enough time for both the White House and the State Department to learn of his company’s intimate connections with the Mubarak regime.

 

Was Obama für Ägypten tun muss

Marc Lynch (Experte für arabische Medien und die Muslimbrüder) bewertet in seinem Blog auf Foreign Policy die Ägypten- Politik der Obama-Regierung recht freundlich:

It’s crucial to understand that the United States is not the key driver of the Egyptian protest movement. They do not need or want American leadership — and they most certainly are not interested in „vindicating“ Bush’s freedom agenda or the Iraq war, an idea which almost all would find somewhere between laughable, bewildering, and deeply offensive. Suspicion of American intentions runs deep, as does folk wisdom about decades of U.S. collaboration with Mubarak. They are not really parsing Hilary Clinton’s adjectives. Their protest has a dynamic and energy of its own, and while they certainly want Obama to take their side forcefully and unequivocally they don’t need it.

What they do need, if they think about it, is for Obama to help broker an endgame from the top down — to impose restraints on the Egyptian military’s use of violence to repress protests, to force it to get the internet and mobile phones back online, to convince the military and others within the regime’s inner circle to ease Mubarak out of power, and to try to ensure that whatever replaces Mubarak commits to a rapid and smooth transition to civilian, democratic rule. And that’s what the administration is doing. The administration’s public statements and private actions have to be understood as not only offering moral and rhetorical support to the protestors, or as throwing bones to the Washington echo chamber, but as working pragmatically to deliver a positive ending to a still extremely tense and fluid situation.

I completely understand why activists and those who desperately want the protestors to succeed would be frustrated — anything short of Obama gripping the podium and shouting „Down With Mubarak!“ probably would have disappointed them. But that wasn’t going to happen, and shouldn’t have. If Obama had abandoned a major ally of the United States such as Hosni Mubarak without even making a phone call, it would have been irresponsible and would have sent a very dangerous message to every other U.S. ally. That doesn’t mean, as some would have it, that Obama has to stick with Mubarak over the long term — or even the weekend — but he simply had to make a show of trying to give a long-term ally one last chance to change.

The key to the administration’s emerging strategy is the public and private signal that this is Mubarak’s last chance, that the administration does not expect him to seize it, and that the U.S. has clear expectations of those who might succeed him. The key line in his remarks here is this:

„When President Mubarak addressed the Egyptian people tonight, he pledged a better democracy and greater economic opportunity. I just spoke to him after his speech and I told him he has a responsibility to give meaning to those words, to take concrete steps and actions that deliver on that promise.“

This is not the language of capitulation to Mubarak’s empty promises of reform. It’s a pretty sharp challenge to him to demonstrate serious change immediately, which in no way commits to backing Mubarak if he fails to do so. And comments made by various administration officials suggest that they don’t really expect him to be able to deliver. This blunt conditionality has to be understood in tandem with White House Spokseman Robert Gibbs‘ carefully chosen words that U.S. economic and military aid to Egypt would now be reviewed — a direct, almost unprecedented form of pressure on Egypt for which many democracy activists have clamored for years to no avail.

It’s also crucial that the U.S. is signaling directly and clearly to the Egyptian military that the administration will not accept a massive, bloody escalation in repressive force. Secretary of State Clinton’s statement well-crafted message yesterday morning, reinforced by Gibbs and then Obama, was important: not just wringing their hands over the violence, as many seem to think, but sending a pretty clear and strong signal to the Egyptian army about American red lines. That might not be as morally satisfying as the more „full blooded“ language which many would like to hear, but in the end it is likely to be crucial to brokering a decent endgame.

What happens next? I really don’t think that Mubarak’s gambit of dismissing the government is going to work. The protestors want to be rid of him, not of a faceless government of technocrats. His speech last night had an air of desperation, disconnect and delusion which will only feed the protests. Al-Jazeera has been filling up with prominent Egyptian figures disparaging Mubarak, and there’s a palpable sense of people positioning themselves for a new era. It isn’t over yet — Mubarak is likely calculating that if he can survive only a few more days, the protest fever will break and he can go back to the old status quo. It’s not like he had much legitimacy or popular support before these protests, and his regime has long been comfortable ruling without it. But the rush of events has a feel of finality to it. It’s hard to believe, and it’s far from certain even now, but as an accelerated Ben Ali script plays out it really is possible that Mubarak could be gone by tonight.

Vollkommen anderer Meinung ist Elliot Abrams in der Washington Post. Seine Schlußfolgerung: George W. Bush (für den er einmal als stellvertretender Sicherheitsberater gearbeitet hat) hatte Recht. Der Beweis sei in den Straßen Kairos zu besichtigen:

This has been the greatest failure of policy and imagination in the administration’s approach: Looking at the world map, it sees states and their rulers, but has forgotten the millions of people suffering under and beginning to rebel against those rulers. „Engagement“ has not been the problem, but rather the administration’s insistence on engaging with regimes rather than with the people trying to survive under them.

If the Arab regimes learn the wrong lessons and turn once again to their police and their armies, the U.S. reaction becomes even more important. President Obama’s words of support for both the demonstrators and the government late Friday, after speaking with Mubarak, were too little, too late. He said Mubarak had called for „a better democracy“ in Egypt, but Obama’s remarks did not clearly demand democracy or free elections there. We cannot deliver democracy to the Arab states, but we can make our principles and our policies clear. Now is the time to say that the peoples of the Middle East are not „beyond the reach of liberty“ and that we will assist any peaceful effort to achieve it – and oppose and condemn efforts to suppress it.

Such a statement would not elevate our ideals at the expense of our interests. It turns out, as those demonstrators are telling us, that supporting freedom is the best policy of all.

 

Die Killerhaie des Mossad, Scharia in Oklahoma

Aus der Welt des Irrsinns, i.e. „Kampf der Kulturen“. Zwei Nachrichten von heute, die mir nahelegen, meine Frage von vor ein paar Wochen noch einmal zu wiederholen: Kann es sein, dass die Welt gerade durchdreht?

1. Juan Cole berichtet folgende Weiterung aus Ägypten, wo die Haie sich bekanntlich an deutschen Touristen vergehen. Der Gouverneur des südlichen Sinai hält es für möglich, dass der Mossad Haie in den Gewässern um Sharm El Sheik freisetzt, um der ägyptischen Touristenindustrie zu schaden. (Kein Witz, arabisches Original hier. Dass die israelischen Haie ausgerechnet deutsche Touristinnen in Ägypten angreifen, ergibt ja auch irgendwie Sinn. Ich freue mich schon auf das Weisser Hai-Remake von Quentin Tarantino: „Inglorious Beasts.“?)

„Even shark attacks in the Middle East get caught up in the Arab-Israeli conflict. The fifth victim of a shark attack this week at Sharm El Sheikh in Egypt’s Sinai, an elderly German woman, was killed this weekend.

The governor of southern Sinai, Muhammad Abd al-Fadil Shosha, said that it is not unlikely that the rumors that Israel’s intelligence service, Mossad, was releasing sharks into the waters around the Sharm El Sheikh resort in the Sinai on the Red Sea, in order to harm Egypt’s tourist industry. “It will take time to verify it,” he said. In the meantime, he noted, the strictest measures had been taken to halt swimming off the shore for 72 hours, after the death of a German swimmer. He also said that consultations were ongoing with scientists about how to deal with this sort of fish, which forensic investigation of its teeth had demonstrated to be a beast of prey. (I swear to God, that is what the Arabic article says he said!).“

2. Roger Cohen war in Oklahoma, wo jüngst ein Verfassungszusatz gegen den Vormarsch der Scharia angenommen wurde, der wahrscheinlich bald vor dem Supreme Court landen wird. Weniger als ein Prozent der Bevölkerung in dem Staat, der einst ein reines Indianergebiet war, sind überhaupt Muslime. Für die Einführung der Scharia in die Rechtssprechung hat sich bisher keiner von ihnen ausgesprochen. Der Initiator verteidigt das Amendment als „Präventivschlag“:

You might not expect Shariah, a broad term encompassing Islamic religious precepts, to be a priority topic at the Kumback given that there’s not a Muslim in Perry and perhaps 30,000, or less than one percent of the population, in all Oklahoma. And you’d be wrong.

Shariah is the new hot-button wedge issue, as radicalizing as abortion or gay marriage, seized on by Republicans to mobilize conservative Americans against the supposed “stealth jihad” of Muslims in the United States and against a Democratic president portrayed as oblivious to — or complicit with — the threat. Not since 9/11 has Islamophobia been at such a pitch in the United States.

The neoconservative Center for Security Policy in Washington recently described Shariah as “the pre-eminent totalitarian threat of our time.” Many Republicans, with Newt Gingrich leading, have signed up. Their strategy is clear: Conflate Obama with creeping Shariah and achieve the political double-whammy of feeding rampant rumors that he’s a closet Muslim and fanning the fears that propel a conservative lurch.

It’s not pretty, in fact it’s pretty odious, but to judge by the Republican surge last month, it’s effective in an anxiety-filled America.

Galvanized by State Question 755, barring “courts from considering or using Shariah Law,” Republicans swept to the Oklahoma governorship and veto-proof majorities in the Legislature for the first time.

Question 755 was “a pre-emptive strike,” in the words of its most active proponent, Republican State Representative Rex Duncan, whose portrait hangs in the Kumback. The question arises, given the quiet on the prairies, against whom? A prominent Oklahoma pastor, Paul Blair, told me it was aimed at those “whose plan is not to coexist but bring the whole world under Islam.”

A preliminary federal injunction, granted after a prominent local Muslim, Muneer Awad, challenged the constitutionality of the amendment in the nation where “Congress shall make no law respecting an establishment of religion, or prohibiting the free exercise thereof,” has blocked its certification for now. The very curious case of Shariah and Oklahoma may be headed to the Supreme Court.

 

8 Thesen zu Wikileaks

1 Wikileaks Enthüllungen nutzen dem Iran. Das Land steht nun als einziger aufrechter Hort des Widerstands gegen das amerikanische Imperium da. Die anderen Mächte der Region sind als Lakaien und Stiefellecker Amerikas entlarvt. (Sie nützen auch Israel, siehe unten.)

2 Die amerikanischen Diplomaten, die düpiert werden sollen, kommen eher gut weg. Ihre Berichte sind oft nicht nur gut recherchiert, sondern auch noch gut geschrieben. Mein Favorit: Putin und Medwedjew als „Batman und Robin“! Klasse, da muss man erst mal drauf kommen!

3 Obama und Clinton stehen auch eher gut da: Sie haben sich dem Druck, Iran zu bombardieren (der noch viel massiver ist als geahnt), bisher entzogen und haben sehr geschickt eine große Koalition gegen Iran gezimmert: der „Reset“ mit Rußland diente diesem Ziel, die Raketenabwehrpläne Bushs wurden zum Kapital im Handel mit den Russen umgeschmiedet. Ebenso die Diplomatie mit China: sehr geschickt wurde den Chinesen eine Alternative zum iranischen Öl vermittelt, indem man die saudischen Kontakte nutzte.

4 Die deutsche Regierung steht deppert da – aber: „what else is new“? Die Depeschen von Botschafter Lästermaul werden keine großen Folgen haben, weil sie das Maß des in deutschen Medien üblichen kaum überschreiten. Das ist alles höherer Klatsch.

5 Grundsätzlich: Je länger ich darüber nachdenke, um so falscher finde ich die Veröffentlichung des Kabel (bisher). Die Vorstellung, die Welt wäre besser, wenn alle alles von allen wüßten – Wikileaks‘ Geschäftsgrundlage – ist unfaßlich naiv und zeugt von einer geradezu kindlichen Weltsicht. Wer schon einmal ein Familienfest erlebt hat, bei dem die Verwandten einander endlich die Wahrheit sagen, weiß was ich meine. (Ich sage nur: Festivus, The Airing of Grievances. Seinfeld-Fans wissen, wovon ich rede.) Ich spreche aus beruflichen Gründen regelmäßig vertraulich mit Diplomaten. Sie müssen sich darauf verlassen können, dass ich mich ebenso an die Chatham-House-Regel halte wie ich umgekehrt mit ihrer Diskretion rechne. Sonst war es das letzte Treffen, und zwar zu recht. Brechen darf man eine solche Verabredung nur, um gravierenden Schaden abzuwenden. Bisher ist mir nicht ersichtlich, wo die Wikileaks-Dokumente dies rechtfertigen könnten.

6 Die Enthüllungskultur von Wikileaks trifft (was Cablegate angeht!) nur ohnehin schon relativ transparente, demokratische Gesellschaften. Alle Staaten, die nur 100%ige Kader in ihren Reihen dulden, sind auf diese Weise unverwundbar. Deren Diplomaten schreiben Berichte eh nicht so „candid“ und ungeschützt wie die Amerikaner. Und Menschen, die dort leaken, müssen mit ganz anderen Repressionen rechnen. Also könnte es sein, dass die radikale Transparenz-Ideologie von Wikileaks de facto der Freiheit einen Tort antut? (Das ist kein Plädoyer gegen echte Enthüllungen.) Diplomaten der USA handeln im Auftrag einer gewählten und abwählbaren Regierung, die ihre Außenpolitik im Kongress erklären und verantworten muss. Julian Assange ist von niemandem gewählt und auch nicht vom Weltgeist beauftragt worden. Er stellt aber sein Handeln als legitim dar und suggeriert, das diplomatische Regierungshandeln sei schon deshalb illegitim, weil es der Geheimhaltung unterliegt. Das ist eine Verdrehung der Realität und eine Anmaßung. (Die Anweisung der US-Regierung an Diplomaten, sie sollten sich als Spione betätigen und persönliche Daten ihrer Konterparte ermitteln, ist eine Ausnahme hiervon und bisher der einzige Scoop der Enthüllungen.)

7 Wikileaks sieht sich offenbar als Kämpfer gegen den bösen Drachen des amerikanischen Emipres. So mutig ist das denn doch nicht mehr: Denn leider ist dieses seit Jahren für alle ersichtlich im Abschwung. So erscheint es auch in den Cables, wie der Guardian treffend schreibt:  „The impression is of the world’s superpower roaming helpless in a world in which nobody behaves as bidden. Iran, Russia, Pakistan, Afghanistan, Yemen, the United Nations, are all perpetually off script. Washington reacts like a wounded bear, its instincts imperial but its power projection unproductive.“ Meine Genugtuung über die Relativierung amerikanischer Macht hält sich in Grenzen, bis jemand mir eine Macht oder meinetwegen Mächte zeigt, die den Job besser machen – oder überhaupt bereit wären, in die Lücke zu treten. Auch in diesem Sinn sind die Kabel entlarvend: Sie zeigen eine Welt, die nicht mehr auf Amerika hört, aber doch im Zweifelsfall auf Washington starrt, wenn es gilt, Probleme zu lösen, ganz egal ob Nahost, Iran, Nordkorea oder den Klimawandel.

8 Noch etwas. Israel ist bisher das einzige Land, das sich in seiner Weltsicht und in seiner Gefahrenanalyse voll bestätigt sieht. Eine sicherlich unbeabsichtigte Nebenfolge der Wikileaks-Enthüllungen: So kann es gehen: Du ziehst aus, das Imperium zu besiegen, und siehe da, plötzlich bist Du sein Propagandist.

 

Islam, Islamismus und der Westen

Das Mideast Freedom Forum hat nun ein Video meiner Debatte mit Daniel Pipes hochgeladen.
(Sehr lang. Aber das Tolle am digitalisierten Leben ist ja die Vorspulfunktion, die im analogen Alltag leider noch fehlt.)

Daniel Pipes, Jörg Lau debate „Islam, Islamism and the West“ from Mideast Freedom Forum Berlin on Vimeo.

 

„Die Islam-Debatte ist primitiv“

Meint Daniel Pipes in einem Interview mit Ramon Schack (in der NZZ), das anläßlich unseres Berliner Disputs geführt wurde.

Zitat:

„Wie beurteilen Sie eigentlich die aktuelle Debatte in Europa und den USA um den Islam, die Integration von muslimischen Einwanderern usw.?

Die aktuelle Islam-Debatte im Westen ist primitiv. Unsere Probleme bestehen doch nicht aus Moscheebauten, Minaretten oder Kopftüchern. Es handelt sich um eine Phantomdebatte, an den eigentlichen Problemen wird vorbeidiskutiert. Wir müssen Massnahmen ergreifen, um die unbestrittenen, einmaligen Vorzüge der westlichen Zivilisation zu verteidigen, und dabei die Herzen der moderaten Muslime gewinnen, nicht aber Hysterie und Misstrauen streuen.

Sie selbst haben den niederländischen Politiker Geert Wilders öffentlich unterstützt. Begrüssen Sie den Aufstieg von islamfeindlichen, rechtspopulistischen Parteien in Europa?
Wilders‘ politische Agenda ist natürlich bizarr und nicht ernst zu nehmen, sein Parteiprogramm voller unhaltbarer Versprechungen und einfacher Lösungen. Allerdings hat er das Recht, seine Meinung zu äussern. Ich betrachte es als Skandal, dass er nicht ohne Leibwächter das Haus verlassen kann. Der Aufstieg dieser Parteien in Europa, die ja keinen einheitlichen Block bilden, ist das Resultat eines Versagens der politischen Klasse. Es wäre den etablierten Politikern und Parteien zu raten, sich dieses Themas anzunehmen, die Debatte zu führen und zu moderieren. Andernfalls wird die innenpolitische Lage in Europa weiter eskalieren, mit einer zunehmenden Radikalisierung auf allen Seiten.“

Mit diesen Äußerungen habe ich überhaupt kein Problem. Aber ich muss sagen, dass ich Pipes nicht verstehe, und das wird durch dieses Gespräch unterstützt. Er heizt doch selber eben jene haltlosen Debatten mit an, die er hier nun plötzlich als „primitiv“ oder „hysterisch“ bezeichnet. Er war es doch, der die geplante Moschee am Ground Zero als „Triumphalismus“ denunzierte. Er war es, der sogar noch die muslimische Miss America runtermachte zu einem Beleg für politische Korrektheit und affirmative action (lies: Dhimmitum auf seiten der Juroren). Er stilisiert das angebliche Verbot von Sparschweinen in England zum Beleg für für die Islamisierung Europas.

Und Wilders: Dass er ihn nun so runtermacht, wundert mich auch, denn er begrüßt ausdrücklich das Aufkommen rechtspopulistischer Parteien überall in Europa. So geschehen in unserer Debatte vorletzten Mittwoch in Berlin.
Mir fehlen die Worte dafür, dass er die  Türkei langfristig als eine „größere Bedrohung“ denn Iran ansieht und sie als schechthin „verloren“ für den Westen abtut. In Berlin hatte er sogar gesagt, die Türkei sei „the enemy“. Zugleich wird aber Iran als so gefährlich hingestellt, dass Obama „endlich handeln“ müsse, vulgo: bombardieren.
Und so hat man immer einen Feind im Ärmel. Ist der Iran erst ausgeschaltet, muss man sich etwas für den langfristigen „Feind“ Türkei überlegen.

 

Was an Obama unerträglich ist

Beste Erklärung bisher – für meinen Geschmack – von Ronald Dworkin in der New York Review of Books:

We must take seriously what so many of them actually say: that they feel they are losing their country, that they are desperate to take it back. What could they mean? There are two plausible answers, both of them frightening. They might mean, first, that their new government is not theirs because it is not remotely of their kind or culture; it is not representative of them. Most who think that would have in mind, of course, their president; they think him not one of them because he is so different. It seems likely that the most evident difference, for them, is his race—a race a great many Americans continue to think alien. They feel, viscerally, that a black man cannot speak for them.

Obama isn’t one of them in other ways as well: in the period since he was elected it’s become clearer that he is uncomfortable with the tastes, rhetoric, and reflexive religiosity they identify as at the heart of American political culture. He tries to find his way into that culture—he speaks of “folks” in every paragraph these days—but his articulate, rational style strikes the wrong note. Many of those who voted for him before don’t like what they got. They want to take their country back by taking its presidency back, by making its leader more like them.

There is a second, equally dismaying, understanding of what they mean. All their lives they have assumed that their country is the most powerful, most prosperous, most democratic, economically and culturally the most influential—altogether the most envied and wonderful country in the world. They are coming slowly and painfully to realize that that is no longer true; they are angry and they want someone to blame.

They read every day of our declining power and influence. Our dollar is weak, our deficit frightening, our trade balance alarming. The Chinese own more and more of our currency and our debt, they, not we, have built the world’s fastest computer, and they show no inclination whatever to heed our demands about revaluing their currency or helping to protect human rights in Africa or prevent nuclear weapons in Iran. Our requests and demands are more and more ignored in foreign capitals: in Jerusalem, for example, and in congresses on climate change. Our vaunted military power suddenly seems inept: we are unable to win any war anywhere. Iraq was a multiple disaster: we could not win peace in spite of a vast expenditure of blood and treasure. Afghanistan seems even worse: we are unable to win and morally unable to quit. The democracies of the world, who once thought us the model of the rule of law, now point to Guantánamo and Abu Ghraib and call us human rights criminals.