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Kofi Annan für „respektvolle“ Selbstzensur

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Der aus dem Amt geschiedene UN-Generalsekretär hat sich ein Jahr nach dem Karikaturenstreit Gedanken über die Grenzen Pressefreiheit gemacht:

Ich bin dafür, die Chefredaktionen und die Karikaturisten selbst entscheiden zu lassen, was publiziert werden darf. Sie müssen sich über ihre Verantwortung im Klaren sein und zumindest darüber nachdenken, wie ihre Arbeit von verschiedenen Gruppen wahrgenommen und interpretiert werden könnte.

Wäre dies „Selbstzensur“? Ja, in gewissem Sinne schon, aber eine Selbstzensur, die, so wage ich zu hoffen, in einer respektvollen Haltung für die Gefühle der anderen ausgeübt würde. Sie wäre nicht von Furcht bestimmt.

Impliziert dies „politisch korrektes“ Verhalten? Nein, so wage ich zu hoffen, wenn es bedeuten könnte, langweilig und anbiedernd zu werden. Aber ja, trotz allem, wenn es bedeuten würde, einen Sinn für die Gefühle der anderen zu haben. Einen Teil der Gesellschaft, der sich bereits verletzbar und verängstigt fühlt, mit Beleidigungen zu überhäufen: Daran ist nichts bewundernswert, witzig übrigens auch nichts.

Kofi Annan übernimmt die Deutung der Islamisten um den dänischen Imam Abu Laban, die den Karikaturenstreit in die arabische Welt trugen: Die Karikaturen zu veröffentlichen sei eine Beleidigung der islamischen Minderheit.

Das ist fahrlässig. Und eine Selbstzensur, die nicht von Furcht bestimmt ist, kann ich mir in diesem Klima nach dem Karikaturenstreit nicht vorstellen. Im übrigen hat sie in weiten Teilen der westlichen Welt stattgefunden: Die amerikanischen Zeitungen haben die Karikaturen nicht gedruckt, und auch die BBC hat sie nicht gezeigt. Selbt wenn man die Karikaturen nicht mochte, muss einen das doch wohl beunruhigen.
Ein oder zwei Worte für die Pressefreiheit, vor allem in der arabischen Welt, wären in diesem Zusammenhang nicht schlecht gewesen. Und ein Wort des Bedauerns über die Todesopfer, die den „verletzten Gefühlen“ geschuldet sind. Statt dessen wird die Verantwortung einzig der Presse aufgeladen, die sich wohlwollend präventiv selbst zensieren soll.

 

Richard Perle: Bush wird Iran angreifen

Der prominente Neokonservative hat am Sonntag bei der Sicherheitskonferenz im israelischen Herzliya gesagt, Präsident Bush werde den Iran angreifen, wenn es „ihm deutlich scheine“, dass das Land atomare Waffen erwerbe.

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Die israelische Zeitung Haaretz gibt Pearle so wieder:

„President George Bush will order an attack on Iran if it becomes clear to him that Iran is set to acquire nuclear weapons capabilities while he is still in office, Richard Perle told the Herzliya Conference on Sunday. Perle is close to the Bush administration, particularly to Vice President Richard Cheney.

The leading neoconservative and fellow at the American Enterprise Institute addressed the session on Iran’s nuclear program. He said that the present policy of attempting to impose sanctions on Iran will not cause it to abandon its nuclear aspirations, and unless stopped the country will become a nuclear power.“

Das klingt schon sehr wie eine Ankündigung. Spricht Pearle als Emissär des Präsidenten? Will Bush seine Amtszeit mit einem dritten Krieg beenden, statt mit einem schmählichen Rückzug?

 

Berlin debattiert über Gewaltexzesse von türkischen und arabischen Jugendlichen

In Berlin-Lichtenrade haben am Wochenende schulfremde Jugendliche versucht, eine Party des Georg-Büchner Gymnasiums zu stürmen. Sie wurden zunächst von Büchner-Schülern und Eltern daran gehindert.

Als sich der Vater eines Schülers den Eindringlingen als Polizist zu erkennen gab, wurde er von einer Meute so schwer geschlagen, dass er tagelang im Krankenhaus behandelt werden musste. Mit Eisenstangen wurde auf den bereits am Boden Liegenden eingedroschen.

Umstehende waren sich einig: Diese Jugendlichen wollten den Polizisten töten.

Alle Beteiligten sind türkische oder arabische Deutsche: Eylem, Eren, Ahmet, Yahya, so heissen die Schläger.

Die Berliner Zeitungen diskutieren über diesen neuen Gewaltexzess von Jugendlichen mit Migrationshintergrund. (Nur die taz erwähnt Namen und Herkunft der Verdächtigen nicht.)

Es ist höchste Zeit für diese Debatte: Denn während Jugendkriminalität (laut Berliner Gewaltstatistik 2005) insgesamt rückläufig ist, sind „männliche jugendliche Nichtdeutsche“ überdurchschnittlich hoch vertreten – und dies auch im letzten Jahr mit steigender Tendenz. Sie greifen häufiger zur Waffe und schlagen immer schlimmer zu.

In Relation zu ihrem Bevölkerungsanteil sind nichtdeutsche Jugendliche

3 mal so häufig an Sexualdelikten,

7,5 mal so häufig bei Vergewaltigungen,

2 mal so häufig bei Straßenkriminalität,

3,4 mal so häufig bei Gewaltkriminalität,

3,1 mal so häufig bei gefährlicher Körperverletzung und

3,6 mal so häufig an Strassenraub-Delikten beteiligt.

Bei den Rohheitsdelikten (Körperverletzung) wurden in Berlin 2005 3225 deutsche Jugendliche ermittelt – das ist eine Abnahme um 6,7% gegenüber dem Vorjahr. Unter nichtdeutschen Jugendlichen wurden 1549 Tatverdächtige ermittelt, das ist eine Zunahme um 10%. Bei der Gewaltkriminalität ist die Zahl der nichtdeutschen Jugendlichen um 8,1% auf 1100 Tatverdächtige gestiegen.

Es ist gut, dass darüber endlich gesprochen wird. „Nichtdeutsch“ ist allerdings ein irreführender Ausdruck. Wir reden hier nämlich nicht über Vietnamesen, Portugiesen, Inder oder Iraner. Es geht nahezu ausschliesslich um Jungs aus türkischen und arabischen Familien.

 

Türkisch-armenischer Intellektueller erschossen

Der Journalist Hrant Dink wurde am heutigen Freitag, den 19. Januar, in Istanbul vor dem Gebäude seiner Zeitschrift AGOS erschossen.

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Dink war die grosse Hoffnung aller, die darauf setzten, dass die Türkei sich (langsam) mit ihrem Völkermord-Erbe auseinanderzusetzen versucht. Letztes Jahr erst erhielt er darum den Nannen-Preis in Hamburg.
Jetzt haben die Nationalisten dieser Hoffnung ein Ende gesetzt.

Wir gehen in ein finsteres Jahr. Die Verrückten, die Fanatiker, die religiösen, ethnischen, nationalistischen Extremisten sind überall am Drücker.

Ein bewegender nachruf und mehrere Texte finden sich hier auf Opendemocracy.net.

 

Der Burkini

Nach einem Bericht von Islamonline.net macht der Burkini (von „Burka“ und „Bikini“) weiter in Australien Furore. Über das Kleidungsstück, das ausser Händen, Füssen und Gesicht den ganzen Körper bedeckt, ist bereits mehrfach berichtet worden. Australiens erste muslimsche Rettungsschwimmerin, Mecca Laalaa, trägt ihn.
Laut Islamonline spricht sich nun auch der notorische Scheich Taj Al-Din al-Hillali für den Burkini aus.

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Der Imam einer Moschee in Sydney, der sich gerne als Großmufti Australiens bezeichnet (was andere Muslime ihm allerdings streitig machen), war kürzlich durch den Kommentar bekannt geworden, vergewaltigte Frauen dürften sich nicht beklagen, wenn sie ihren Körper nicht bedeckt gehalten haben, weil „unbedecktes Fleisch“ nun mal die Katzen anziehe.

 

Abschied von den Lebenslügen

Ich habe einen Leitartikel für die aktuelle Nummer der Bundestags-Zeitschrift Das Parlament geschrieben:


Auf einmal sagen es alle: Die Bundesrepublik Deutschland ist ein Einwanderungsland. Haben nun also diejenigen gewonnen, die diese Tatsache länger schon anerkannt haben – und diejenigen verloren, die viele Jahre mit ihrer Leugnung zugebracht haben? So einfach ist die Sache nicht. Es sind vielmehr die Lebenslügen beider politischen Lager an ihr Ende gekommen: Denn ohne Zweifel ist der naive Multikulturalismus mancher Linken gescheitert, die sich Integration als Selbstläufer vorstellten. Wir zahlen aber auch einen hohen Preis dafür, dass die Konservativen zwar einst die Anwerbepolitik in Gang setzten, zugleich aber den Menschen vorgaukelten, mit regelrechter Einwanderung hätte das nichts zu tun… Weiter„Abschied von den Lebenslügen“

 

Bush: Saddams Exekution „sah aus wie ein Rachemord“

Der amerikanische Präsident tastet sich im Interview mit PBS an die Wirklichkeit heran:
MR. LEHRER: How do you feel about the way the Iraqi government handled the hangings of Saddam Hussein, and now more recently, two of his top aides?

PRESIDENT BUSH: You know, I was pleased with the trials they got; I was disappointed and felt like they fumbled the – particularly the Saddam Hussein – execution… Weiter„Bush: Saddams Exekution „sah aus wie ein Rachemord““

 

SPD: Wolf Biermann ist (ein Stück weit, vielleicht, womöglich, ja doch, na gut!) ein grosser Sohn Berlins

Die Berliner SPD will Wolf Biermann jetzt doch zum Ehrenbürger machen. Wochenlang hatten die Genossen sich gegen die Initiative der Opposition gesträubt.
Doch die Wahrheit ist: Die Berliner SPD gönnt Wolf Biermann die Ehrenbürgerwürde der Hauptstadt nicht, die sie ihm nun – widerwillig – verleihen möchte. Sie beugt sich bloß dem öffentlichen Druck, wenn sie jetzt den Antrag der Opposition aus CDU, Grünen und FDP unterstützt.

Der Liedermacher, Dichter und Freiheitsheld könnte also Nummer 115 im ewigen Gedächtnis Berlins werden. Kann er die schmallippig angediente Ehre annehmen?
Verkehrte Welt: Aus der PDS waren einzelne Stimmen zu vernehmen… Weiter„SPD: Wolf Biermann ist (ein Stück weit, vielleicht, womöglich, ja doch, na gut!) ein grosser Sohn Berlins“

 

Deutsche Muslime gegen die Zwangsehe

Die Website des „Zentralrats der Muslime“ veröffentlicht ein Gutachten der „Islamischen Religionsgemeinschaft Hessen“, in dem sich einige wichtige Klarstellungen finden:

Die Praxis der Zwangsverheiratung ist ein massiver Eingriff in die Persönlichkeitsrechte und das Selbstbestimmungsrecht betroffener Personen und deshalb eine schwere Form der Menschenrechtsverletzung… Weiter„Deutsche Muslime gegen die Zwangsehe“

 

Lieben die Araber ihre Diktatoren mehr als sich selbst?

Ein Beitrag von Raja Ben Slama, Professorin für arabische Literatur in Tunis und Kairo, auf Qantara.de. Sie kritisiert zunächst das Verfahren gegen Saddam und seine Exekution, ganz wie auch auf diesem Blog geschehen. Und dann macht sie folgenden Punkt:

„Angenommen, das Gerichtsverfahren gegen Saddam Hussein wäre fair gewesen, die Akten, die die Verstrickung westlicher Staaten in die Verbrechen Saddam Husseins behandeln, wären nicht geschlossen und das Urteil gegen Hussein vorschriftsmäßig vollstreckt worden – wären die arabischen Eliten und Völker dann bereit, aus dieser Lektion zu lernen?

Seit der Vollstreckung des Todesurteils gegen Saddam Hussein habe ich zahllose politische Kommuniqués und Gedichte erhalten, in denen er betrauert und beweint wird. Offenbar lieben die Araber ihre Diktatoren mehr als sich selbst. (In diesem Zusammenhang fällt mir Sigmund Freuds Kommentar über seine psychisch kranken Patienten ein, der gesagt hat, dass sie ihre Wahnvorstellungen mehr lieben als sich selbst).

Wenn politische Parteien, die sich als demokratisch bezeichnen, darunter auch islamistische, um den ‚Märtyrer und Helden‘ Saddam Hussein trauern, der für das Gesetz des Dschungels und das Fehlen jeglicher Demokratie stand, müssen wir uns fragen, welches politische Denken diese Eliten aufweisen und welche politische Zukunft uns noch erwartet.“