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Indischer Personenkult: Saddam Hussein, Rächer der Witwen und Waisen

BBC berichtet, dass Saddam Hussein im nordindischen Dorf Lakhanow grossen Nachruhm geniesst. In dem kleinen Provinznest des Staates Bihar gebe es bereits 20 Saddam Husseins unter den einheimischen Jungen. Die Bevölkerung habe beschlossen, so die BBC, alle neugeborenen Jungen nach dem hingerichteten Diktator zu benennen.

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Der Vater eines Dreijährigen, Ejaj Alam (s. Foto) wird zitiert, er habe sich nach der Exekution entschlossen, seinen Jungen in Saddam Hussein umzubenennen, um den Widerstandsgeist des irakischen Diktators gegen die Amerikaner zu ehren.
Die Dörfer der näheren Umgebung sollen es zusammen auf bis zu 100 Saddams bringen. „George Bush kann einen Saddam umbringen, wir werden eine Armee von Saddam Husseins schaffen. Wir werden Ihnen zeigen, dass Saddam Hussein niemals hingerichtet werden kann“, so Ayub Khan, einer der Dorfsprecher, zur BBC.

Nur die Kindergärtnerin beschwert sich, dass sie manchmal die vielen Saddams nicht auseinander halten kann, die sich im Sandkasten jagen.

 

Stirb langsam II

Ein zweites Video von Saddam Husseins Exekution ist aufgetaucht. Man könnte es als Fortsetzung des ersten sehen: Es zeigt den toten Körper des Diktators unter einem Tuch. Am Hals sind die Einwirkungen des Strangs in einer etwa drei Zentimeter grossen Wunde zu erkennen.

Das Video ist zuerst auf einer Website von Baath-Partei Loyalisten aufgetaucht. Womöglich ist es in einer Leichenhalle aufgenommen worden.
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Es könnte sein, dass es sich hier um einen Versuch handelt, die schiitische Propaganda mit sunnitischer Gegenpropaganda zu kontern. Auf der Website, die das Video veröffentlichte, wurde Saddam als „unsterblicher Märtyrer“ des Irak gepriesen.

 

Englands wachsende Probleme mit Hasspredigern

Zwei Nachrichten aus England vom Wochenende:

Der Guardian berichtet, ein Anführer der Demonstration gegen die Mohammed-Karikaturen sei wegen Aufrufs zu Mord und Rassenhass verurteilt worden. Der 27jährige Umran Javed aus Birmingham war an der Demonstration vor der dänischen Botschaft im letzten Februar beteiligt gewesen. Er hatte dort mit einem Megaphon gerufen:

„Bomb, bomb Denmark. Bomb, bomb USA.“

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Links: Umran Javed. Daneben und darunter die Proteste vor der dänischen Botschaft in London am 3.2.2006, bei denen mit Mord und Massaker gedroht worden war.

Zeugen sagten, Javed habe die Menge zum Töten aufgerufen und gesagt, Dänemark werde mit Blut bezahlen müssen… Weiter„Englands wachsende Probleme mit Hasspredigern“

 

Geniale Verwandlung eines Massenmörders in einen Märtyrer

Das letzte Wort zur Saddam-Exekution aus dem Independent vom 4.1.2007:

It takes real genius to create a martyr out of Saddam Hussein. Here is a man dyed deep with the blood of his own people who refused to fight for him during the United States-led invasion three-and-a-half years ago. His tomb in his home village of Awja is already becoming a place of pilgrimage for the five million Sunni Arabs of Iraq who are at the core of the uprising.
During his trial, Saddam himself was clearly trying to position himself to be a martyr in the cause of Iraqi independence and unity and Arab nationalism. His manifest failure to do anything effective for these causes during the quarter of a century he misruled Iraq should have made his task difficult. But an execution which vied in barbarity with a sectarian lynching in the backstreets of Belfast 30 years ago is elevating him to heroic status in the eyes of the Sunni – the community to which most Arabs belong – across the Middle East.“

 

Youtube als arabische Menschenrechtsmaschine

Das Handy-Video aus dem Irak droht dies zu verdrängen: Es gibt seit kurzem auch eine andere Weise, in der Video und Internet in der arabischen Welt heute zusammenwirken – anders als die Terrorpropaganda in den Märtyrer- und Kopfabschneidervideos und auch anders als das Hinrichtungsvideo von Saddam Hussein.

Hier geht es nicht darum, Hass zu sähen und Gewalt zu predigen, sondern im Gegenteil um die Kritik von Gewalt und Willkür im Namen der Menschenrechte. Es ist gar nicht hoch genug einzuschätzen, was Blogs und Videoplattformen wie etwa Global Voices hier leisten können.
Furchtlose Blogger in Ägypten stellen immer mehr Beweise für grässlichste Menschenrechtsverletzungen des Mubarak-Regimes ins Netz. Wer starke Nerven hat, möge sich diese Videos anschauen.

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Sie zeigen Foltermethoden des ägyptischen Regimes, gegen die immer mehr Menschen aufbegehren: Die Vergewaltigung und sexuelle Demütigung eines Gefangegen, Schläge gegen eine Frau, Ohrfeigen und Demütigungen gegen andere Gefangene.

Am 9. Januar findet in Kairo ein erster Prozess gegen einen der beteiligten Polizisten statt. Auch das ist Web 2.0, auch das ist der Neue Nahe Osten.

 

Das Hinrichtungsvideo wird Saddam Hussein verewigen – und viele Opfer kosten

Soll man dafür nun dankbar sein?

Ein Handy-Video hat die Wahrheit über die Hinrichtung Saddam Husseins an den Tag gebracht. Die regierungsamtliche Propaganda der irakischen Administration, es habe sich um einen korrekten Urteilsvollzug gehandelt, wurde durch das auf zahllosen Webseiten verbreitete Video durchkreuzt.

So hat die Weltöffentlichkeit nun das zweifelhafte Vergnügen, die ganze Schäbigkeit des Vorgangs mitverfolgen zu können… Weiter„Das Hinrichtungsvideo wird Saddam Hussein verewigen – und viele Opfer kosten“

 

Saddams Exekution – ein schäbiger Rache-Akt

Das neue Handy-Video von der Exekution Saddam Husseins lässt keinen Zweifel daran, dass es sich nicht um einen (wie auch immer grausamen und kritikwürdigen) Gründungsakt für eine unabhängige irakische Justiz handelt, sondern vielmehr um eine bis zum letzten Augenblick schäbige Rache-Aktion.

Anwesende riefen den Namen des Anführers der Mahdi-Armee, Moqtada Al Sadr, Saddam Hussein antwortere, den Strick bereits um den Hals, „Benehmen sich so Männer?“

Darauf wurde ihm zugerufen, er werde in der Hölle schmoren. Nicht einmal ein Gebet konnte er zuende sprechen, beim Namen Mohammed wurde die Klappe geöffnet, und er stürzte in den Tod.

Auch bereits die Auswahl des Datums für die Exekution ist nicht anders denn als absichtliche Provokation der Sunniten zu verstehen – ausgerechnet am ersten Tag des Opferfestes!

Am Opferfest wird die Verschonung des Sohnesopfers Ibrahims – jüdisch/christlich Abrahams – durch den gnädigen Gott gefeiert, der keine Menschenopfer will.
Wie kann man – ausser in bewusster Provokations-Absicht – darauf kommen, ausgerechnet an diesem Tag eine Exekution zu vollziehen, die damit wie ein religiöser Frevel wirken muss?
Und schließlich die Tatsache, dass das Mitschneiden per Video-Handy erlaubt wurde, mit den Folgen der Publikation im Internet.

Eine Republik, die sich auf einen solchen Akt gründet, wird noch viel Blut fliessen lassen.

 

Saddam Husseins Exekution wird die Zerstörung des Irak besiegeln

p.s. am 31.12. Angesichts der vielen Verurteilungen der Exekution seitens der Leser (s.u.) sollte vielleicht ein Standpunkt in Erinnerung gerufen werden, von dem aus sie trotz allem einen moralischen Sinn haben könnte. An der allgemeinen Verurteilung der Exekution ist etwas sehr Eilfertiges, das mich stört.
Es fehlt uns nämlich die Perspektive des Geschundenen, des Opfers, der seinen Folterer leiden und sterben sehen will, um ihn damit zugleich in die gemeinsame Menschlichkeit zurückgerissen zu sehen… Weiter„Saddam Husseins Exekution wird die Zerstörung des Irak besiegeln“

 

Spanische Muslime bitten den Vatikan: Wir wollen in der Kathedrale von Cordoba beten!

Al Dschasira (English) berichtet, dass spanische Muslime beim Vatikan ersucht haben, dass man sie in der Kathedrale von Cordoba beten lassen solle. Am Dienstag sei ein entsprechendes Schreiben beim Papst eingegangen.

„Wir wollen die heilige Stätte nicht übernehmen“, wird ein Sprecher der spanischen Muslime zitiert, „sondern zusammen mit Ihnen und anderen Glaubensrichtungen einen ökumenischen Ort schaffen, der in der Welt einmalig ist und große Bedeutung für den Weltfrieden hat.“

Eine ähnliche Bitte sei früher bereits vom spanischen Klerus abgewiesen worden. Mansur Escudero, der Generalsekretär des spanischen Muslimrates, beschwerte sich über „reaktionäre Elemente“ in der katholischen Kirche, die gegen Moscheebauvorhaben, Kopftücher und islamischen Religionsunterricht in staatlichen Schulen seien.

Die Kathedrale von Cordoba war ursprünglich eine Moschee, die im 13. Jahrhundert zum christlichen Gotteshaus konvertiert wurde. 

Die Moschee wiederum war auf dem Platz errichtet worden, auf dem zuvor die St. Vincent-Kathedrale stand, die von den muslimischen Eroberern Spaniens zerstört worden war.

Immer wieder versuchen Muslime, in der Kathedrale zu beten. Sie werden von Wärtern aufgefordert, dies zu unterlassen.

Die spanische Bischofkonferenz hatte im Dezember eine Empfehlung an die spanischen Muslime veröffentlicht, in der sie von Gebeten in der Kathedrale abrät.

Erinnert dieser Streit nicht von fern an die Aufregung während des Papst-Besuchs, als türkische Islamisten die Angst schürten, Benedikt werde die Hagia Sophia durch ein Gebet wieder in eine Kirche zurückverwandeln? Und an die merkwürdige Hysterie der türkischen Medien, als der Papst dann in der Blauen Moschee – ja, was denn? – gebetet oder meditiert hatte?

Es ist schon erstaunlich, wie leicht es Muslimen fällt, Ökumene in Cordoba einzufordern, und sie im Gegenzug überall anderswo zu verweigern. Was, wenn etwa der Papst auf die Idee gekommen wäre, die Verwandlung der Hagia Sophia in ein ökumenisches Zentrum zu verlangen?

 

 

Weihnachten!

Ich wünsche allen Lesern und Mitbloggern von Herzen ein gesegnetes, friedliches und besinnliches Weihnachtsfest!