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Bunte (illegale) Tomatenvielfalt

Bunte (illegale) Tomatenvielfalt im eigenen Saft, Buttermilchschaum, Verjuszwiebeln, Vogelmiere und Brezelbröckel

 

… so steht es auf unserer Speisekarte, um die Gäste für alte Tomatensorten zu sensibilisieren.

Immer mehr Tomatensorten verschwinden Jahr für Jahr vom Markt. Die Sortenzulassungsverfahren sind derart kompliziert und gewünscht wird vor allem eine Einheitstomate, die auf Bundes- und EU-Ebene besteht. Es ist wie bei anderen Obst- und Gemüsesorten auch, man legt sich auf wenige Sorten fest, das ist bequem für die Herstellung. Wirtschaftlich uninteressante Sorten werden nicht mehr zugelassen. Diese alten Sorten, die oftmals besser im Geschmack sind, kann man nur in seinem eigenen Garten anbauen und das nur zur eigenen Verwendung. Zum Glück hat man immer noch eine gute Auswahl, das Internet macht es möglich. Es gibt noch Anbieter, die sich auf die alten Sorten spezialisiert haben und immer mehr Hobbygärtner nutzen die Angebote. Meist werden sie als Zierpflanzensaatgut angepriesen, so erspart sich der Händler Ärger, denn es ist verboten, mit nicht zugelassenen Sorten zu handeln. Tauschen ist dagegen erlaubt.“ (Quelle)

Und so tausche ich Tomaten in meinem kleinen Tomatennetzwerk mit Vor-, Stadt- und Kleingartenbesitzern, Bio-Gärtnern  und einigen Tomatenfreaks. Auch Winzer bauen gerne Tomaten an: Legendär die Ochsenherztomaten von Paul Fürst aus der Lage Bürgstadter Centgrafenberg.

Bei meinen Köchen bin jetzt ich der „Tomatensommelier“, der stets auf die richtige Behandlung seiner Lieblinge achtet, nicht zu kalt, nicht zu warm, volle Aromen, Reifegrade und Zusammenstellung.

Für die oben gezeigte Vorspeise gibt es kein Rezept. Wir nehmen die vorhandene Tomatenvielfalt und behandeln jede einzelne Frucht, wie es gerade passt oder passen könnte. Manche Tomaten werden dünn aufgeschnitten, manche grob gewürfelt. Die gelben, mehligen Sorten „quetsche“ ich gerne. Von den schwarzen Sorten schmecken Saft und Kerne sehr intensiv. Ochsenherztomate gibt es als Spalte, Eiertomaten als Streifen. Alles nach Lust und Laune (zwei unabdingbare Kochzutaten). Komplementiert wird alles mit Vogelmiere, Buttermilch-Tomatenschaum, feinen Verjuszwiebeln und Brezelbröckel.
Hoffentlich einige Anregungen für Sie, den Tomatenendspurt zu genießen.

Zum Stöbern bitte hier entlang

 

 

Fisch fein-fruchtig

Durch meine Tätigkeit in exotischen Ländern habe ich mich schon immer mit dem Thema Fisch und Früchte befasst. Unser Hausklassiker ist der Stör mit Aprikosenmaische. In diesem Sommer kochen wir „Heilbutt mit Mango“ auf Anregung von Saucier und Poissonnier Fabian Mohr.

Heilbutt mit Mango, Thai-Basilikum und Grünspargel, „Sellerietang“, Piment d`Espelette und Esspapier von „Blauen Schweden“

Ein Detail zum Nachkochen:
Unsere neueste Entwicklung „Sellerietang à la Noriblatt“:

Es gibt kein genaues Rezept, aber die Verfahrensweise ist so:
Sellerieblätter zupfen, waschen, durch den Entsafter jagen, den dicken Saft aufrühren und mit etwas Meersalz würzen, anschließend auf Silpat-Platten streichen und im Ofen bei 75 Grad ungefähr 120 Minuten trocknen. Die dünnen Sellerietangflocken werden zum Würzen der Speise einfach darüber oder auch daneben gestreut.

 

Hurra, unser Verjus hat 19 Grad Oechsle

Deutsche Welle: Das Verjus-Video - die komplette Ernte 2010

 Die Verjusernte ist jedes Jahr aufs neueste spannend. Mal ist die grüne Ernte knapp (2011 wegen Frost), mal ist der Farbumschlag durch Vegetationsvorsprung zu früh. Oder die Kellermannschaft ist bereits in Urlaub oder nirgendwo ist eine vernünftige Presse auffindbar (2008). Die Verjusherstellung bleibt immer dramatisch. Dieses Jahr hat alles wunderbar geklappt. Alle Beteiligten waren genau zur Stelle. Die Tauberhasen danken dem Gutsleiter Karl-Heinz Rebitzer, Winzermeister Peter Hemberger und dem Domänenamt Castell für die Bereitstellung der ungespritzten Trauben und die anschließend mühevolle Arbeit des Zermahlens und Pressens der hartschaligen unreifen Trauben. Und natürlich unserem Fruchtsaftkelterer Michael Schmitt für die gewohnt präzise und saubere Abfüllung. Sowieso allen Helfern und Erntehelfern, die bei der umfangreichen Aktion Verjus 2012 dabei waren. Die Mühe lohnt sich. Weitere Informationen zum Thema Verjus finden Sie bei
Elmar Lorey &
Nachgesalzen: Wie im Mittelalter: Verjus statt Zitrone

 

Sommerliche Verwandtschaft: Gurke und Melone

Obst ? Gemüse ?: Melone und Gurke

Schon seit vielen Jahren mache ich gerne Desserts mit Gemüse und das nicht nur mit Rhabarber.
Etablierte Desserts im Laurentius sind Chicoree in Orangenmarzipan zum Schokoladensouffle, Paprika-Himbeeren zu Eiskrem von schwarzen Oliven, Preiselbeer-Fenchel-Sorbet zu Schmandtarte, zimtgespickte Schmortomate zu Vanilleeis, einige Kürbisspielereien und natürlich das legere Kompott von Grünkern, Beeten und Hutzelfrüchten.

Die Verwandtschaft von Gurke und Melone hat meine Pâtissière Sabine Seibold und mich dieses Jahr gereizt, ein erfrischendes Sommerdessert zusammenzustellen:
„Zuppa Inglese“ vom  Ziegenquark, dazu Johannisbeersulz, Melonensalat, Gurken-Ingwersorbet und Wiesenkräuter.

 

Serviervorschlag: „Zuppa Inglese“ vom Ziegenquark, dazu Johannisbeersulz, Melonensalat, Gurken-Ingwersorbet und Wiesenkräuter

Als kleiner Anreiz zum Motto „Desserts mit Gemüse“ hier unser Rezept für die „Maracujamöhrle“;  unser all time favorite, seit 1995 im Programm.

50 g Zucker
200 g junge Möhren, in feine Streifen geschnitten oder gehobelt
100 ml Maracujasaft
50 ml Orangensaft
Salz
1 TL-Spitze gemahlener Koriander
1 Messerspitze Vanillemark
1 EL Vanille-Puddingpulver
2 EL Sherry

Zucker in einem großen Topf leicht karamellisieren, Möhrenstreifen zufügen und sofort mit Maracuja- und Orangensaft ablöschen. Die Möhren knapp gar kochen. Salz, Koriander und Vanillemark zufügen. Puddingpulver in einer Schüssel mit Sherry anrühren und die Möhren damit binden. Eine Minute kochen, umfüllen und bis zum Servieren gut kühlen.
Sie passen hervorragend zu Vanilleeis, Schokoladendesserts und frischen Beeren. Wichtig: Nicht überdosieren.

 

Hohenloher Holunderzauber

Wir Hohenloher streifen schon seit langem durch unsere Wälder, Täler und Auen, stets auf der Suche nach feinsten Früchten und Schätzen der Natur. Wir freuen uns, wenn es jetzt „en Vogue“ ist, Essen wieder naturnaher zu gestalten. Dazu gehört sicherlich auch die Verwendung von Holunderblüten. Der Weg von der Blüte zur Frucht ist bei uns heuer schon sehr weit fortgeschritten, es gibt nur noch ganz wenige Blüten an schattigen Stellen. Aber Bernulf Schlauch hat bestimmt genügend Blüten gesammelt für seinen köstlichen Holunderzauber. Mit diesem Trunk machen wir unsere Gäste glücklich. Der betörende Duft, die leichte Restsüße, dazu ein geringer Alkoholgehalt (2,4-2,7% vol.) machen seinen Hollersekt zur idealen Sommererfrischung. 

 

Spargelparty 2012

So war’s letztes Jahr

So war’s dieses Jahr:

Klassisch einfacher Auftakt: Mousse von Grünspargel und Estragon mit Schwäbisch-Hällischem Coppa und Traubenkernöl

 

 

Zart: Tellersulz von Spargelspitzen mit Verjus-Apfel, Sauerampfer und Piment de Espelette

Anschmiegsam: Wok-Spargel mit Buchenraslingen und Oyster-Sauce

 

Erfrischend anders: Gehobelter Grünspargel mit Maracujasaft und Rucola-Honig-Eis

 

Klassisch Italienisch: Arancini-gebackene Bällchen von Spargelrisotto

 

Knusprig: Spargelragout mit Blätterteig

 

Blickfang neben dem Spargeltopf: Ganzer Lachs in der Salzkruste

 

Saftiger und zarter Spargelbegleiter

 

Abschluss: Rhabarber-Topfenstrudel mit Waldmeisterkrem und Erdbeersorbet

 

Und als Kartoffeln gab es noch Bamberger Hörnla, denn die regionalen Frühkartoffeln brauchen noch etwas Zeit…

 

Was das MHD alles kann:

Eine Feststellung meines Freundes und Kollegen Alexander Hermann, die ich Ihnen nicht vorenthalten möchte:

Aha, 280 Mio Jahre ...

Doch aufgepasst: Kaum hat der Mensch die Finger im Spiel …

haltbar bis Ende 01/2013

Wie kann so etwas zustande kommen?

 

Im Testen nichts Neues

Große Aufregung in Frankreich über die Öffnung der Michelin-Homepage für Kommentare. Doch es gilt zu beachten, dass der Michelin auf seine Art und Weise schon immer empfänglich war für Lesermeinungen.

1. In früheren Jahren lag jedem Michelin-Buch ein Fragebogen über Restaurantbesuche bei, in dem explizit aufgefordert wurde, seine Erfahrungen mitzuteilen.

2. Im fortgeschrittenen Zeitalter von Internet, Email & Co. steht im Vorwort gleich neben den Grundsätzen unter den Hinweisen der Benutzung:

Ihre Meinung interessiert uns, bitte teilen Sie uns diese mit … Ihre Mitarbeit ist für die Planung unserer Besuche und für die ständige Verbesserung des Michelin-Führers von ständiger Bedeutung … Weiter heißt es: oder schreiben Sie uns eine Email. dermichelinfuehrer-deutschland@de.michelin.com

3. Nur einige Jahre nach der Erfindung des Smartphones wurde eine App entwickelt, die meiner Meinung nach auch sehr hilfreich ist beim Auffinden von Restaurants und auch hier können seit 2010 direkt Kommentare eingegeben werden.

4. Nun wurde auch der Weg für die Gäste geöffnet via Homepage ihre Kommentare loszuwerden. Als Betroffener sage ich „na und“. Wer gute Erfahrungen teilen möchte, kann das nun sofort tun. Und das Internet hat auch bisher genug Möglichkeiten bereit gestellt, seinem Ärger Luft zu machen. Solange sich die Qualität der „Michelin-Inspektoren“ hält, werden diese in der Lage sein, Spreu und Weizen voneinander zu trennen.

Durch das Internet wurde eine Möglichkeit zur ständigen Weiterentwicklung des Michelin-Guides geschaffen, die vielleicht nicht so stürmisch voranschreitet wie die der anderen Restaurant-Guides, dafür gibt es den Michelin-Führer aber auch schon seit über 100 Jahren.

 

Die Kirche bleibt im Dorf, Sterneköche sind "bibeltreu"

 

Leider immer aktuell: Rezepte gegen den Wegwerf-Wahn

Für das Magazin „Feinschmecker“ Ausgabe Januar 2012 wurde ich um ein paar Tipps gebeten, wie man aus Resten das Beste macht – mit wenig Aufwand. Ich erklärte, wie man die  Reste vom Festtagsessen verwenden kann.
Selbstverständlich ist dies ein Luxusproblem.
Viel größere Sorgen machen mir die erschütternden Zahlen der Studie, die vom BMELV veröffentlicht wurden und die Titelblätter der Tageszeitungen beherrschten und den ganzen Wahnsinn aus Überfluss und Konsum verdeutlichten.

Frau Prof. Andrea Gröppel-Klein (BWL, Saarbrücken)  ist spezialisiert auf Konsum und Verhaltensforschung und hat im gleichen „Feinschmecker“-Bericht ein paar Tipps gegeben, die ich bestätigen und unterstützen konnte:

Möglichst oft einkaufen – Wer frische Lebensmittel wie Obst und Joghurt nur für den nächsten Tag einkauft, weiß ganz genau, dass er heute Abend noch ein Apfel und morgen Früh eine Banane und einen Vanillejoghurt essen will. Wer sich für die ganze Woche oder noch größere Zeiträume eindeckt, verschätzt sich meist. Er kauft in der Regel zu viel.

Schluss mit den Alibikäufen – Viele Menschen kaufen Obst und Gemüse nicht nur, wenn sie es wirklich essen wollen, sondern immer dann, wenn sie denken, sie sollten es essen – ihrer Gesundheit zuliebe. Doch leider reicht es den meisten schon, mit dem Kauf von Gurken, Paprika, Birnen und Trauben das schlechte Gewissen beruhigt zu haben. Gegessen werden die gesunden Sachen dann oft nur zum Teil, das meiste altert vor sich hin und landet irgendwann im Müll.

Hochwertige Lebensmittel kaufen – Wer viel Geld in eine Ware investiert, geht sorgfältiger mit ihr um. Das gilt auch für Premium-Lebensmittel: Sie werden aktuellen Studien zufolge sehr viel seltener weggeworfen als Discountprodukte. Was für Feinschmecker selbstverständlich ist, wird nach dieser Logik auch für Sparfüchse interessant. So lässt sich mit Sauerteigbrot vom Spitzenbäcker Geld sparen – frisch bleibt es eh länger.“

In Kürze gebe ich Ihnen hier im Blog noch ein paar Vorschläge, wie man aus weniger mehr macht. Aber dieses Wochenende haben wir noch eine große Aufgabe zu stemmen: Unseren Tauberzeller Genießer Spaziergang, an dem wir 35 Erzeugern hochkarätiger Lebensmittel (gemäß dem Slow Food Motto gut, sauber, fair) ein Podium geben.

Vorsicht. Hier geht’s zur Werbung für weniger, aber besseren Konsum

 

Garnelen kann jeder

Bei Aufenthalten an der Meeresküste essen alle Leute gerne Garnelen. Bei Aufenthalten innerhalb Deutschlands anscheinend auch. (Import 200t täglich, Quelle: impulse Okt/11)
Lustig wird es, wenn man auf das türkisblaue Meer schaut und aufs Geratewohl Garnelen bestellt. Die Garnelen, die dann serviert werden, sind sicherheitshalber meistens schon ein paar Wochen vorher in das Feriendomizil gereist.
Interessant ist deshalb der Blick hinter die Kulissen der populären Strandkneipen; dort wo sich die leeren Tiefkühlkartons stapeln. Die dann „Made in Thailand“ oder „Vietnam“ sind, zumindest meist entfernt von der Küste, an der man sich gerade selbst aufhält.
Ich rate Ihnen, sich einfach mal durchzufragen, was es denn an so echtem Seafood gibt, da kriegt man manchmal spannende Sachen gezeigt, die man selber noch nicht kennt. So wie vor zwei Jahren in Andalusien die „Ortiguillas“.

Bei dem diesjährigen Urlaub auf den Kapverden bekam ich einmal fantastische Entenfußmuscheln (percebes), die in Europa aufgrund der Umweltverschmutzung (Tanker-Katastrophen sorgen immer für gewaltige Preiserhöhungen) sehr selten geworden sind.

Da mir die Strandkneipe, die Frische der Meeresfrüchte und die Livemusik gefallen hat (O Falorim in Santa Maria, Sal, Cabo Verde), bin ich gleich nochmal hin. Beim weiteren Durchfuttern des Angebotes bekam ich diese „Steinklotzmuscheln“ und eine Art Miniharpune mit Spatel serviert.

So sahen bestimmt schon die Geräte aus, mit denen man einst den Pharaos in Ägypten das Hirn durch die Nase gezogen hat (zwecks Mumifizierung).

Nachdem die Ratlosigkeit in meinem Gesicht angesichts des getellerten Korallenriffs offensichtlich war, bekam ich einen kurzen, gestenreichen Lehrgang in kreolisch und hatte dann  mit dem Genuss des Muschelfleisches einen phantastischen Meeresgeschmack auf der Zunge.

Die Muschel nannten Sie in dem Restaurant Buzio, aber dies ist die portugiesische Oberbezeichnung für Muscheln. Nun hab ich dazu auch nichts in meinen Fachbüchern und im Internet gefunden, sodass ich bis heute nicht wusste, was für eine Muschel ich gegessen habe. Während ich diesen Blog geschrieben habe, hat mir mein Hotelkaufmann Marc Kuhn, der auch ein paar Semester Biologie studiert hat, weitergeholfen. Es handelt sich um Seepocken, die man unter dem Suchbegriff „Muschel“ wohl lange suchen kann. Eine echte Überraschung !