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Region und Genfood

Deutschland ist schon das Land der Blockwarte. Immer wieder bekomme ich Zuschriften, weil ich mich für meine Region stark mache. Klar, warum nicht. Trotzdem, mein Lieblingswein ist nicht der Trollinger, sondern der Barolo und Rindfleisch aus dem Piemont mag ich auch sehr.

Tja, Viele lieben einfach die Schubladen, alles muss brav sortiert sein. Mit genmanipulierten Lebensmitteln ist so mancher Griffelspitzer auch auf dem Kriegspfad. Bislang findet man diese Ware kaum in den Läden, ob sich allerdings Spuren davon selbst in Bioware finden? Ich weiß es nicht. Wichtig ist, dass man nicht aufgibt, sondern nach besten Kräften sich dagegen stemmt. Nur solcher Druck der Verbraucher bewirkte, dass McDonalds pingelig auf einwandfreie Ware achtet.

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Blätterteig

Kein Wunder, dass in Deutschland niemand so richtig mehr darauf scharf ist. In deutschen Konditoreien oder aus der Tiefkühltruhe werden an diesem schönsten Teig der Welt regelrechte Verbrechen begangen. So lange schon, dass der echte Butterblätterteig fast ausgestorben ist. Patisserie-Weltmeister Bernd Siefert hat lange in Frankreich gearbeitet und dort ist Blätterteig Kult. Das hat seinen Grund. Mit unserem deutschen Murks hat das nichts zu tun. Ich rede jetzt von hochartistischer Patisserie und nicht vom Supermarche.

Endlich kriege ich den Tarte Tatin so hin wie ich ihn einmal in einem kleinen Bistro im Burgund gegessen habe. Deutscher Blätterteig wird ja aus Ziehmagarine gemacht. Kann man vergessen. Nach deutschem Rezept, mit Butter, funktioniert es nicht, da die Butter zu weich ist. Also wird die Butter mit einem Teil Mehl vermischt u.s.w..

Jedenfalls, unser bislang mit Butter gemachter Teig war als Boden gerne so zäh, dass er mit der Gabel kaum zu druchtrennen war.

Das Geheimnis liegt am Essig, den man dem Teig beigibt. Der Essig zerstört in gewisser Weise die Bindung, den Kleber. Alles wird mürber.

Hier das Rezept:

Blätterteig
Ein echtes Betriebsgeheimnis: Die Essigzugabe, macht den Teig so elegant leicht und mürbe.

Einziehbutter:
800 g Butter
300 g Mehl Type 550 oder 405 und 1050 zu gleichen Teilen.
Zu einem glatten Teig verkneten
Grundteig:
325 g Wasser
20 g Salz
25 cl Reisessig
200 g Butter
Zusammen aufkochen, etwas abkühlen lassen und wieder mixen
2800 g Mehl Type 550
Die abgekühlte Wasser/Buttermasse mit dem Mehl zu einem Teig verkneten.
Diesen Teig plattwalzen und mit der oben gefertigten Einziehbutter bedecken. Diese wird am besten zwischen großen Pergamentbögen auf die Größe des anderen Teigs ausgewellt und darauf gelegt.

Nun wird tourniert: Einfach, doppelt, einfach, doppelt, einfach.
Der Teig wird also einmal zusammen geschlagen, so dass das Fett innen ist. Auswellen. Ruhe.

Doppelt getourt geht so: Linkes Teigende zur Mitte schlagen und das rechte auch. Beide Enden treffen sich nun in der Mitte. Jetzt ist die Teigbahn doppelt und wird nun noch einmal zusammen geschlagen. Wir haben jetzt vier dicke Schichten übereinander.

Nochmal mit anderen Worten:
Einfache Tour geht genauso wie man ein Blatt Papier zusammen faltet, so dass man zwei Bögen hat die halb so groß sind.

Doppelte Tour:
Man merkt man sich die Mitte der Teigbahn und schlägt beide Enden bis zu dieser Mitte. Nun ist die Bahn doppelt und wird noch mal zusammengefaltet. Nun haben wir eine Schicht von vier Bahnen. Diese mit dem Wellholz wieder ausrollen. Der Teig darf nie unter 1 Zentimeter ausgerollt werden.

Wenn der Teig ruht, so muss er in Klarsichtfolie eingepackt werden, damit nichts verkrustet. Für die Ruhezeit (30 Min.) muss er sehr kühl gelagert werden, am Besten im Kühlschrank.

 

Austern öffnen u. deutsche Betulichkeit

Mit dem Fernsehen ist es genauso wie mit der Feinschmeckerei. Das Publikum ist längst nicht so blöd, wie die Macher glauben. Beim Italiener kriegt man den ganzen Fisch auf den Teller gelegt. Niemand wundert sich, der Gast macht sich an die Arbeit und alles ist prima. In der oft betulichen Sternegastronomie ist alles filiert und möglichst noch vorgekaut.

Austerngabeln haben an der einen Seite einen scharfen Rand. Das hat seinen Grund. Denn ganz übel sind vorgelöste Austern. Das Seewasser wird durch ein Sieb gekippt, die Austernschalen werden ausgewaschen, und dann kommt das vom Koch befingerte Tier wieder in die Austernschalen und das gesiebte Seewasser drüber. Widerlich!

Ist man nicht in der Lage, Austern splitterfrei zu öffnen? Ist es die Angst des Sternekochs, der Gast könnte einen kleinen Partikel Perlmutt erwischen und daran kollabieren? Klar gibt es gewisse idiotische Feinzungen, die lieber den Giftsalat akzeptieren, als an einer Blattlaus durchzuknallen. Was die Austern anbetrifft, so ist die Ursache der Perlmuttsplitter beim deutschen Werkzeug zu suchen. Beispielsweise ist der Rösle-Austernbrecher höchstens für Steinmetzarbeiten geeignet. Das wirklich einzig taugliche Instrument (ohne Ausnahme) ist der französische schmale, lanzettartige Austernöffner und nicht die breite deutsche Schaufel, die aussieht wie ein Parmesan-Stechbeutel.

 

Schmorgericht aus der Provence

Ich bastele gerade an meinem Provence-Buch und da passt das folgende Rezept auch gut zu dem wunderbaren Hinterwälder-Fleisch.

Boeuf en daube
Für 8 Portionen

2 kg Rinderschulter in kinderfaustgroße Würfel schneiden
4 Knoblauchzehen
3 Zwiebeln
3 TL gewürfelten Knollensellerie und Karotte
2 EL Olivenöl

Marinade:
3 Lorbeerblaetter
3 Gewürznelken
3 Pimentkörner
1 Stück Orangenschale
1 Sternanis
1 l Rotwein
Pfeffer, Salz
150 g entkernte, schwarze Oliven
1 Zweig Rosmarin
1 Zweig Thymian

Zum Garen nehmen wir am besten einen schweren Gusseisentopf.
Das Fleisch darf ruhig einige Tage in der Marinade verweilen. Zwar hängt der Metzger das Fleisch einige Tage ab, gute Fleischreifung dauert aber 10 Tage.

In jedem Rezeptbuch dröhnt beim Kapitel Braten der Donnerschlag: Von allen Seiten scharf anbraten. So das allgemeine Kommando als wolle man ein Stoßgebet zum Himmel richten, um dem großen Stück Fleisch die Schrecken zu nehmen. Grundsätzlich, das trifft auch auf den Rostbraten oder das Schnitzel zu, sollten Topf oder Pfanne gerade so gewählt werden, dass das Fleisch knapp darin Platz hat.

Pfeffern, salzen und mit Olivenöl von allen Seiten anbraten. Es sollte keine Flüssigkeit austreten, sondern das Stückchen soll bequem vor sich hin brutzeln. Es geht darum, keine verbrannten Fette entstehen zu lassen. Großes Herdfeuer hat was von Kampfgetümmel und selbst jungen Berufsköchen muss man erst einmal diese Hektik abtrainieren, die nur auf den ersten Eindruck tüchtige Überlegenheit suggeriert. Das schmoren im Topf könnte man auch die Kunst der Langsamkeit nennen. Unterm dicht schließenden Deckel geht es sanft zu. Während im Ofen mindestes hundertachtzig Grad das Fleisch angreifen und auch austrocknen, sind im Topf maximal achtundneunzig Grad zu erreichen. Deshalb dauert auch alles länger, und um abzukürzen schneiden die Provencalen ihr Fleisch in Stücke.

Es ist nun Zeit, eine Handvoll würfeliges Wurzelgemüse, Zwiebeln, Sellerie, Karotte beizugeben, nochmals kurz die Temperatur zu erhöhen und bei offenem Deckel das Gemüse zu rösten. Dann wieder den Deckel drauf und zurück zum Rubato des Bratenwendens. Nun beginnt die bedächtige Rhythmik des Küchenwerkelns. Der Braten gibt Saft ab, der im Topf Dampf entstehen lässt. Da alles ganz sanft geschieht, entweicht nicht viel am Deckel, der dicht schließen sollte. Der Dampf kondensiert im Inneren und fällt dann in Tropfen wieder auf den Braten zurück. Es gibt Bratentöpfe, die in der Deckelmitte eine Vertiefung haben, meist unter dem Griff. Wer es ganz perfekt machen will, kann hier Eiswürfel hineingeben, welche die Dämpfe noch besser kondensieren. Der Topf sollte aus dickwandigem Eisen sein, so dass sich die Hitze gleichmäßig verteilt und ein harmonisches Klima gehalten werden kann. Nach wie vor muss die Temperatur soweit gedrosselt sein, dass alles brät, aber trotzdem nicht kocht und nur wenig Saft austritt. Für die richtige Abstimmung braucht es etwas Übung. Der Anfänger muss also öfter den Deckel lupfen und sich Überblick verschaffen, während für den Routinier alle zehn bis fünfzehn Minuten das Kratzen am Topfboden fällig wird. Ab und an muss das Fleisch mit etwas Marinade angegossen werden.

Wir alle haben schon etwas vom Niedertemperaturgaren gehört, insbesondere die Jünger Siebecks schwören darauf. Das hat nichts mit Schmorbraten zu tun und um es nochmals genau ins Gedächtnis zu rufen eine kurze Erklärung dazu: Das Eiweiß des Fleischs gerinnt zwischen fünfundsiebzig und achtzig Grad. Die alte Methode ein Roastbeef zu braten war die, dass man ca. eine viertel bis halbe Stunde im knallheißen Ofen das Stück brät und danach an einer lauwarmen Stelle ziehen lässt, so dass sich die rohen Säfte des Fleischkerns mit den gegarten der äußeren Bereiche austauschten. Bei der Niedertemperaturtechnik wird darauf geachtet, die Gerinnungstemparatur des Eiweißes nicht zu überschreiten – langsames Durchwärmen könnte man das nennen.

Nach einer Stunde kann man mit einer Stick- oder Spicknadel probieren, ob sie sanft ins Fleisch gleitet oder selbst beim Herausziehen noch Mühe macht. Zu oft sollte selbst der größte Zweifler nicht ins Fleisch stechen, denn jedesmal entströmt durch den Einstichkanal Fleischsaft, der zwar die Sauce anreichert aber das Fleisch austrocknet. Die letzte Viertelstunde geben wir noch Gewürze wie Lorbeerblatt, Nelke, einige gestoßene Pimentkörner und, bei Belieben, gehackten Knoblauch zu. Thymian und Rosmarin dürfen auch nicht fehlen.
Die Endphase des Bratens dient auch der Saucenbereitung. Das Fleisch mit der restlichen Marinade untergießen. Vor dem Anrichten wird der Fond entfettet und evtl. mit etwas Mehlbutter angedickt. Gemüsestücke und Kräuterzweige absieben oder man lässt sie drin und serviert sie mit.

Wer vom Rezeptlesen schon ermattet ist, dem sei gesagt, dass der Beruf des Bratenwenders ein hochangesehenes Image hatte: Dem Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens kann man entnehmen, dass bereits die Zwerge und Unterirdischen mit Vorliebe den Topf mit Braten ehrten.

 

Weiße Trüffel

Klar sind weiße Trüffel etwas Wunderbares. Ich selbst bin allerdings zu schwäbisch veranlagt, als dass ich die Knollen in die Teller meiner Gäste hobeln möchte. Es ist ja auch keinerlei Kochkunst dahinter und gerade deswegen hat der Koch ja seine Gäste. Gerne kann man sich die Dinger zu Hause unter die Nudeln mischen.

Insgesamt ist aber der Bohei um den weißen Trüffel ein ziemlicher Lifestyle-Wahnsinn. Doch er hat auch was Gutes:

Tatort Alba, Piemont: Bei der diesjährigen Trüffel-Auktion (simultan in Paris u. Hongkong) ersteigerte der Schauspieler Depardieu eine Knolle für 24.000 EUR – als ob ihm seine eigene nicht schon reichte…

Nun der Hit: Ein Banker in Hongkong ersteigerte das letzte Trüffelangebot (3 Knollen, 1,5 kg) für 125.000 EUR!!!!

Immerhin: Die Knete geht an eine Krebsstation in Italien und ein Heim für Frau mit Kind in Hongkong. Wer’s hat, soll’s also ruhig bezahlen.

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© [M] MN Chan/Getty Images

 

Restaurant-Guides

Restaurantführer sind bei Köchen gehasst und geliebt. Wird der Smutje gelobt ist der Führer klasse, wird er herabgestuft, klagt das Köchlein von Mist, Korruption und Schlimmerem. Insgesamt haben diese Bücher für die gehobene Gastronomie jedoch viel Gutes bewirkt. Es gibt allerdings Journalisten, um nicht zu sagen Trittbrettfahrer, welche die Grande Cuisine zur Sportart erheben wollen. Also werden Rankings veranstaltet, um damit die niederen Instinkte des Publikums zu locken. Dafür können die Gastronomieführer aber nicht verantwortlich gemacht werden.

Seit 28 Jahren habe ich nun einen Michelinstern, habe aber auch die Erfahrung gemacht, dass ich in dieser Zeit zweimal den Stern, jeweils für ein Jahr, entzogen bekam. Wenn auch kurz, so war das Interregnum schmerzhaft. Ich stellte mir im Nachhinein die Frage, warum eigentlich? Die Antwort ist schnell gefunden, weil ich nämlich ums verrecken ein Sternelokal betreiben wollte.

Jetzt kommt’s: Die meisten Köche haben überhaupt kein Unternehmenskonzept, außer, dass sie ein Sternelokal betreiben wollen, und dort steckt das Dilemma. Keine eigene Kontur wird herausgearbeitet, alles folgt gewissen Patterns und Vorbildern und deshalb sind viele Sternelokale ohne Individualität. Daran sind aber wiederum nicht der Michelinführer und Co. schuld, sondern es sind die Gerüchte, dass man einen Stern, oder sonstige Hauben und Löffel, nur bekommt, wenn man gewisse Luxusprodukte kocht.

Eigentlich sollte es für Köche ganz anders laufen. Als Koch habe ich beispielsweise ganz gewisse Stärken, und die liegen im Interesse und Wissen um alte, vergessene Gerichte. Diese neu zu interpretieren ist meine ganze Freude. Das kulinarische Operationsgebiet reicht vom Schwabenland im Winter und bis nach Südfrankreich und Süditalien im Sommer. Ich habe mir also eine klare Zielsetzung geschaffen. Sie kann nicht so falsch sein, denn das Lokal ist ohne Zitronengras, frittierte Chips, Lauchheu und Soßengetröpfel gut gefüllt.

So mache ich es, und wenn das der Gault-Millau, der Schlemmeratlas oder der Michelin auch für gut befinden, dann bin ich froh. Wenn nicht, dann muss es halt ohne Meriten gehen. Aus eigenem Erleben weiß ich, die Gourmets sind längst nicht so hammelherdig wie es sich die Guides wünschen. Mit oder ohne Stern, die Gäste kommen trotzdem freudig, auch wenn der Koch ein anderes (evtl. besseres) Unternehmensziel hat als die öffentlichen Auszeichnungen.

Zum Schluss noch das gastronomische Unwort des Jahres: „Sternekoch“. Von hirnlosen Journalisten sehr gerne wiedergekäut, weil sie alles in Schubladen packen müssen, eben auch ihren Patterns folgen. Was wäre, wenn mir aufgrund meiner eigenwilligen Küche der Stern entzogen würde? Ich hatte das ja schon mal. Die Gäste kamen trotzdem in gleicher Zahl. Zu wem kamen sie aber damals? Wenn nicht zu einem Sternekoch, dann zu einem Arschkartenkoch? Deppenkoch? Loserkoch? Kochheini? Wohl kaum!

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Was soll man kochen?

Einer der großen Küchenweltmeister in Frankreich heißt Marc Veyrat. Ich war zwei mal bei ihm und muss sagen, der Mann kann kochen. Es steht mir auch gar nicht zu einen Kollegen zu beurteilen. Marc Veyrat ist ein sehr ländlicher Typ, kommt von den Bergalmen und hat sich um seinen Betrieb am Lac d’Annecy eine gutes Netzwerk an artisanalen Zulieferern geschaffen. Supermetzger, Käselieferanten Kräuterhexen etc.

Nun ist er auf die Cyber-Kochplatte des Ferran Adria aufgesprungen. Nichts dagegen, denn diese Küche ist zweifellos interessant, auch wenn ich sie nicht essen möchte. Marc Veyrat sagt sehr glaubhaft, dass seine Lieblingsgerichte Kalbshaxe, Blutwurst und Gemüse seien. Da frage ich mich, warum er dann mit Stickstoff und Molekühlspaltung hantiert.

Ich glaube fest daran, dass man als Koch auf Dauer, also über einen Modezyklus hinaus, nur gut kochen kann, wenn man seine Ergebnisse der Küche am liebsten selber essen würde. In meiner Küche darf nicht gekocht werden, was dem jeweiligen Koch nicht schmeckt. Wie auch, wie will er das Essen denn beurteilen, wenn er beispielsweise eine Kalbskuttel igitt findet.

Kurzum, man kocht nicht für die Gäste sondern für sich selbst. Hat man das mal verinnerlicht, dann kann man großzügig an seine Gäste abgeben. Es ist deshalb für einen Berufskoch grottenfalsch, dit un dat zu kochen, nur weil es gerade im Trend und in Mode ist. Was soll man dann kochen wenn die Mode vorbei ist? Man könnte noch lange darüber diskutieren, oh ja.

Übrigens, wenn uns in der Wielandshöhe mal ein Gericht daneben geht, dann stürze ich in den Gastraum und sage den Betreffenden: „Entschuldigung, Ihr Essen war zu gut, wir haben es selbst gegessen. Sie müssen nun wieder fünf Minuten warten, dazu spendieren wir Ihnen ein Zwischengericht.“ Der Spruch kommt immer gut an, die Leute merken, wir sind heiß drauf, und das schafft Vertrauen.

 

Zuchtfisch

Gestern hatte es mich gepackt und ich bin zum Fischen gefahren. Habe meine Rute ausgeworfen. Es ist ein gutes Fischwasser, kristallklar und jede Menge Bachforellen drin. Fliegenfischen ist ja eine sportliche Tätigkeit und es geht nicht darum eine Riesenbeute heim zu schleifen. Bald hatte ich meine drei Forellen, die man aus Fliegenfischers Sicht nur selbst verspeisen oder verschenken darf. So bin ich noch die paar Kilometer weiter gefahren nach Calmbach im Nordschwarzwald und habe in der Fischzucht von Alexander Berger und seiner Frau Kerstin einen Schwung Bachforellen mitgenommen. Zuhause habe ich aus Neugierde eine Wildforelle und eine Zuchtforelle in den Rieslingsud geworfen. Einen Unterschied konnte ich nicht ausmachen höchstens sogar, dass die Zuchtforelle etwas saftiger wirkte, was daran liegen mag, dass sie etwas fetter geraten war.

Es geht also, man kann Zuchtforellen in optimaler Qualität erzeugen. Ganz klar, dass sie bei bestem Futter und bei lockerem Besatz teurer sein müssen wie intensiv gezüchtete Fische. Woran erkennt man eine artgerecht gezüchtete Forelle? Ganz einfach, achten Sie mal darauf, was im Fischgeschäft meinst für gequälte Kreaturen im Bassin darben. Die Schwänze sind stummelartig und oft auch die Nasen abgerubbelt. Intensivzuchten füllen ihre Teiche mit vier mal mehr Fischen als die Bergers. So stehen die Tiere dicht an dicht und können nicht frei schwimmen, stoßen dauernd aneinander und scheuern sich gegenseitig ab.

Gebratene Forellen schmecken mir am besten, wenn ich allerdings den feinen differenzierten Geschmack der Forelle testen will, dann wird sie gekocht. Sehr frische Forellen haben noch viel Gewebespannjung in sich und beim Kochen zerreißt es sie, als hätte der Koch mit dem Suppenschöpfer draufgehauen. In meiner Lehrzeit handelten wir bei altem Fisch immer nach diesem Rezept, denn die Gäste wussten noch warum eine Forelle so explodiert auszusehen hat. Gebratenen Forellen tut es gut, wenn sie wenigstens einen Tag alt sind. Sie liegen so brav in der Pfanne und bekommen eine gleichmäßige Kruste.

Warum der vielen Worte: Mir geht es darum den Zuchtfisch zu fördern. Zuviele Jahre hatte man nur die billige Produktion im Fokus. Mittlerweile sind aber die Meere nahezu leer und der Koch muss sich Gedanken machen wie man mit Qualität die Zukunft des Fischs fördern kann.

 

Bullenhitze

So fühle ich mich richtig wohl. Wenn alles vor Hitze stöhnt, dann geht es mir richtig gut. Die rostigen Knochen sind wieder gangbar und Meditation finde ich beim stundenlangen Gartengießen. Bloß, was kocht man, dass die Gäste locker und unbeschwert genießen können?

Beispielsweise grünen Spargel mit Tomatenvinaigrette und Salat von Sepia. Ja, Sepia, denn Tintenfisch ist nicht gleich Tintenfisch.
Sepie, so die Mehrzahl, haben kurze Tentakeln und einen eierförmigen Körper. Sie sind nicht rosa oder sonstwas, sondern rein weiß und haben ziemlich dickes Fleisch. Sepie sind wesentlich teuerer als Calamaris und das hat seinen Grund. Mir sind sie innerhalb der Familie der Tintenfische die liebste Sorte. In der Mitte der Tentakeln ist ein hartes Stückchen, sozusagen der Schnabel, das muss man herausquetschen. Der Rest ist essbar, allerdings tut man gut daran, das Innere des Körpers auch auszuputzen. In Salzwasser mit einem Gewürzsträußchen werden Seppioline (kleine Sepia, von der Größe eines Tennisballs, die Viecher können aber auch die Ausmaße eines Rugby-Eies haben) in ungefähr 45 Minuten gargekocht. Wer an Esoterik glaubt kann einen Korken mitkochen. Ich mache das, weil eine schöne portugiesische Köchin mich das gelehrt hat.

Man lässt die Sepia abtropfen, etwas antrocknen, grober schwarzer Pfeffer dran, salzen und auf den Grill geben. Dazu Olivenöldressing mit etwas Zitronensaft darüber. Momentan gibt es bei guten italienischen Gemüseläden sogenannte Amalfizitronen, solche mit Blätter dran, hmmm, wunderbar.

 

Holunderküchle

Gestern stehe ich in meinem Garten und ein betörendes Parfüm streicht mir um die lange Nase. Jeden Tag glotze ich diesen Baum an und merke erst beim schnuppern, dass er voller reifer Blüten hängt. Blühen alleine genügt übrigens nicht, es muss auch heftig duften, die Blüten also vollreif sein.

Für zwei Personen:

8 Holunderblüten
Wenn ich mitesse dürfen es auch 16 Blüten sein.

Teig:
4 Eigelb
80 g Mehl
1/8 l Milch
4 Eiweiß mit 50 g Zucker steifgeschlagen
1 EL flüssige Butter
1 Prise Salz
2 EL Butterschmalz zum Backen

Mehl, Milch und Eigelb vermischen und die Butter untermixen und den Eischnee unterheben. Mit einer Prise Salz würzen.

Die Blüten durch den Teig ziehen, etwas abtropfen lassen. Halt, stimmt nicht! Man muss den Teig fast ganz abschütteln. Ideal wäre, wenn jedes Blütchen einzeln von etwas Teig umgeben wäre. Das funktioniert nur, wenn der Teig nicht zu dick ist. Wäre er zu dünn würde alles von den Blüten abrinnen.

Es ist wie mit vielen Rezepten, so ganz mit der Schublehre lässt sich auch diese Köstlichkeit nicht abzirkeln. Also den Teig lieber zu dick ansetzen und dann mit Milch verdünnen. Ist alles zu dünn geraten wird’s blöd. Man müsste dann Mehl einsieben und dies unterarbeiten. Bei dieser Übung geht aber die Luft aus dem Teig. Okay, schmeckt trotzdem.

Um zu Potte zu kommen, die Blüten in heißem Butterschmalz goldbraun backen und mit Puderzucker bestreuen. Gut dazu passt mein Lieblingsdessert. Es hat sogar einen aristokratischen Namen: „Eaton Mess“. Das ist nicht anderes als gezuckerte, zermatschte Erdbeeren mit flüssiger Sahne vermengt.