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Danke Tonino!

Tonino Verro und Pascal Boesch

Tonino Verro vom Restaurant La Contea und dem gleichnamigen Weingut aus Neive hat uns besucht. Pascal Boesch von Victoria Weine hat alles vermittelt, übersetzt und organisiert

Tonino hatte ordentlich Salumi, Grissini, Castelmagno di Montagna, Murazzano und Bra eingepackt.

Antipasti (von unten im Uhrzeigersinn): Rauchaal, Safranfenchel, geschmorte Artischocken, Pimentos, hausgebackenes Rucolabrot, Coppa und Entenlebertartufo mit Quittensenf und Zucchini

Francesco

Und weil noch Platz im Auto war, wurde sein Koch Francesco gleich mitverfrachtet, damit die Tajarin bei uns vor Ort frisch gemacht werden konnten!

Tajarin Tartufati: Piemonteser Eiernudeln, eigentlich Eigelbnudeln, da davon 30 Stk pro Kilo Mehl gebraucht werden.

Von den Nudelresten kochte Francesco noch „Maltagliati“ („schlecht geschnitten“), das sind sozusagen die Nudelreste vom Ausrollen, die gesammelt werden und ohne Rücksicht auf Form oder Gleichmäßigkeit gekocht werden. Dazu gab es ein flottes Sugo aus Huhn, Kalb und Schwein nur mit Olivenöl, Rosmarin und Knoblauch gesotten.

"Maltagliati“

Wir waren begeistert. Bravo Francesco!

Alba-Trüffel

Gott sei Dank waren für die 482 g weiße Alba-Trüffel auch noch Platz im Auto. So hatten meine Gäste, mein Team und ich viel Spaß. Asti Spumante, Arneis Roero, ein klarer kräftiger 2007er Barbaresco „Serragrilli“ Riserva und ein  beeriger, ausgereifter 1996er Barbaresco „Ripa Sorita“ aus der Magnum sorgte für Stimmung und angemessene Weinbegleitung.
Tonino weihte mich in die wahre Kunst des Trüffelhobelns (Großzügigkeit) ein.
Als der Duft den Raum erfüllte, bemerkte man das Wohlbehagen, das die Gäste ergriff.
Mein Restaurant ist sonst kein „Trüffelrestaurant“ und ich bin auch kein Koch, der überall was teures drauf tun muss. Aber gemäß dem Motto: „Lieber einmal gescheit, als zweimal halblebig“ haben wir uns die weißen Trüffel mal richtig gegönnt.
Alba-Trüffel gibt es bei mir erst wieder in 2 Jahren, wenn Tonino vorbeikommt, aber dann wieder richtig! Garantiert!

Spessart-Gans: Piemontesisch auf unsere Art. Geschmort mit Rotwein, dazu Ragout von Kastanien, Chicorée und Rosenkohl, Polenta mit Pilzen

 

 

 

 

 

 

Blick über die Schulter


Das Wirtshaus ist mein Zuhause schon solange ich zurückdenken kann. So war es mir vergönnt, gastronomische Entwicklungen über einen langen Zeitraum aus nächster Nähe verfolgen zu dürfen. Mir sind die großen Braten, die Schweinshaxen und Jägerschnitzel für ganze Heerscharen von Bustouristen im Gasthof Linde aus meinen Kindertagen noch in bester Erinnerung. Genauso wie die Murgtäler Jagdschüssel und die guten heißgeräucherten Buhlbacher Forellen aus der Lehrzeit. Gourmet-Teller mit „Etwas von Allem“ und gebratene Scampi mit Knoblauchspaghetti konnten in den späten 80igern durchaus als „contemporary“ bezeichnet werden. Kleine Kirsch- und Strauchtomaten haben die großen Holland-Tomaten verdrängt und die Dessert-Teller (min. 31cm Durchmesser!) wurden von Karambola und Tamarillo erobert, Zitronenmelisse zur Garnitur war obligatorisch. Meerrettich-Senfkruste auf Filetsteaks und Kartoffelkruste auf Zanderfilets (natürlich mit Schnittlauchsoße) waren hip.
Mitten in die einsetzende Regionalierungswelle, verbunden mit Rückbesinnung auf traditionelle (und übrigens zwangsläufig unzeitgemäße) Zubereitungen ist die Avantgarde der spanischen Küche gestürmt. Mit einer Mischung aus Spott und Ignoranz zuerst mit dem dämlichen Begriff Molekularküche belegt, hat dieser völlig neuartige Ansatz doch mittlerweile die gastronomische Landschaft dauerhaft und entscheidend geprägt. Espuma-Siphons und moderne Texturgeber finden sich auch in Landgasthöfen. Die Stars der Szene servieren lebende Ameisen und Shrimps, getrocknete Rentier-Penisse werden über Speisen gehobelt. Das sind sicher Extreme, aber sie stehen für eine Tendenz: Die Entwicklung und der Fortschritt in der Küche gehen weiter, junge und ehrgeizige Köche suchen ihren Weg.
Es stellt sich die Frage, wo die Reise nun hingeht. Während Pioniere der deutschen Gourmet-Szene (wie der legendäre Adalbert Schmitt, Gründer der Schweizer Stuben) Mitte der siebziger Jahre noch Gänseleber und Creme fraîche auf abenteuerlichen Wegen beschaffen mussten, so sorgt heute moderne Logistik für die ständige Verfügbarkeit bester Produkte.
Wie werden die Köche, wie werden die Verbraucher damit umgehen, dass der Warenkorb größer und bunter geworden ist? Wie wird mit dem handwerklichen Rüstzeug, das ohne Frage größer und umfangreicher geworden ist, zukünftig gearbeitet? Werden die Chancen genutzt? Ich bin gespannt.

 

Karpfen in Franken


In den fränkischen Dialekten wird das „r“ gern eindrucksvoll gerollt. Und in den Monaten mit einem „r“, also von September bis April, ist Karpfen-Saison in Nordbayern. Diese landwirtschaftlich geprägte Region ist jahreszeitlich getaktet und zum Herbst und zur Erntezeit gehören die Stoppelfelder, die Bäume voller Äpfel, Birnen und Zwetschgen und eben auch die Karpfen.
Ich bin nun nicht der Meinung, dass in einem Europa der offenen Grenzen alle zur Verwendung kommenden Lebensmittel ausschließlich rund um den Kirchturm wachsen müssen.
Auch den Begriff „Regionalküche“ als solches mag ich nicht. Zu oft wurde er prostituiert, wurde er von reaktionären Köchen als zeitgeistige Rechtfertigung für langweilige und einfallslose Angebotsgestaltung missbraucht. Das gehört für mich in die gleiche Kategorie wie der Aufdruck „ohne Gentechnik“ auf Schmelzkäse-Packungen.

Der Karpfen jedoch macht eine wirklich gute Figur in vielen Bereichen, die mir bei der Produkt-Beurteilung wichtig sind. Die Fische ernähren sich auf natürliche Weise in den Teichen, ihr Wachstum wird durch Zufütterung von Roggen und Weizen unterstützt. Die Transportwege sind kurz und die Fische frisch, denn in den guten Wirtshäusern werden die Karpfen erst unmittelbar vor der Zubereitung geschlachtet. Eine ordentliche Portion kostet im Wirtshaus ungefähr 10 Euro. In Franken gibt es jede Menge gute Adressen für Karpfen, meine beiden habe im „Ochsen“ in Rothenburg und bei „Oberle“ in Kosbach gegessen.

Bestimmt wird ein gebackener Karpfen und eine Halbe Bier es nicht in die Rezeptsammlung der Weight Watchers schaffen. Doch der Fisch selbst ist mager, er enthält nur ca 5% Fett und schmeckt auch „blau“. Der Karpfen wächst innerhalb von drei Jahren zur Schlachtreife. Es wäre wohl vermessen, ihm denselben Rang und dieselbe Grandezza zuzuschreiben wie einem hochwertigen Salzwasserfisch. Denn die Teiche sind flach und dadurch im Sommer oft recht warm und so klar wie der Atlantik sind sie auch nicht. Deshalb wird er einige Tage vor seiner Schlachtung nochmal in klarem Wasser gehältert, schmeckt danach sauber und rein.

Der Fisch wird vor dem Backen entweder durch einen Teig gezogen oder mit Semmelbröseln paniert. Dazu passt Endivien-, Feld- oder Kartoffelsalat. Und eine halbe Bier und hinterher ein Zwetschgenwasser.
Von der Zubereitung zuhause rate ich eher ab. Zum einen hängt sich selbst bei bestem Dunstabzug der Geruch in die Wohnung und zum anderen passt zu Karpfen, Bier und Zwetschgenwasser (jetzt hab ich aus Versehen den Salat vergessen) ganz wunderbar eine Wirtshaus-Atmosphäre mit klapperndem Besteck, klingenden Gläsern, fröhlichen Gesichtern und fröhlichem Gemurmel.

 

Bunte (illegale) Tomatenvielfalt

Bunte (illegale) Tomatenvielfalt im eigenen Saft, Buttermilchschaum, Verjuszwiebeln, Vogelmiere und Brezelbröckel

 

… so steht es auf unserer Speisekarte, um die Gäste für alte Tomatensorten zu sensibilisieren.

Immer mehr Tomatensorten verschwinden Jahr für Jahr vom Markt. Die Sortenzulassungsverfahren sind derart kompliziert und gewünscht wird vor allem eine Einheitstomate, die auf Bundes- und EU-Ebene besteht. Es ist wie bei anderen Obst- und Gemüsesorten auch, man legt sich auf wenige Sorten fest, das ist bequem für die Herstellung. Wirtschaftlich uninteressante Sorten werden nicht mehr zugelassen. Diese alten Sorten, die oftmals besser im Geschmack sind, kann man nur in seinem eigenen Garten anbauen und das nur zur eigenen Verwendung. Zum Glück hat man immer noch eine gute Auswahl, das Internet macht es möglich. Es gibt noch Anbieter, die sich auf die alten Sorten spezialisiert haben und immer mehr Hobbygärtner nutzen die Angebote. Meist werden sie als Zierpflanzensaatgut angepriesen, so erspart sich der Händler Ärger, denn es ist verboten, mit nicht zugelassenen Sorten zu handeln. Tauschen ist dagegen erlaubt.“ (Quelle)

Und so tausche ich Tomaten in meinem kleinen Tomatennetzwerk mit Vor-, Stadt- und Kleingartenbesitzern, Bio-Gärtnern  und einigen Tomatenfreaks. Auch Winzer bauen gerne Tomaten an: Legendär die Ochsenherztomaten von Paul Fürst aus der Lage Bürgstadter Centgrafenberg.

Bei meinen Köchen bin jetzt ich der „Tomatensommelier“, der stets auf die richtige Behandlung seiner Lieblinge achtet, nicht zu kalt, nicht zu warm, volle Aromen, Reifegrade und Zusammenstellung.

Für die oben gezeigte Vorspeise gibt es kein Rezept. Wir nehmen die vorhandene Tomatenvielfalt und behandeln jede einzelne Frucht, wie es gerade passt oder passen könnte. Manche Tomaten werden dünn aufgeschnitten, manche grob gewürfelt. Die gelben, mehligen Sorten „quetsche“ ich gerne. Von den schwarzen Sorten schmecken Saft und Kerne sehr intensiv. Ochsenherztomate gibt es als Spalte, Eiertomaten als Streifen. Alles nach Lust und Laune (zwei unabdingbare Kochzutaten). Komplementiert wird alles mit Vogelmiere, Buttermilch-Tomatenschaum, feinen Verjuszwiebeln und Brezelbröckel.
Hoffentlich einige Anregungen für Sie, den Tomatenendspurt zu genießen.

Zum Stöbern bitte hier entlang

 

 

Drauf losgekocht

Bei fröhlichen Kochen unter Freunden war Fachwissen ebenso gefragt wie die Lust, mal etwas Neues auszuprobieren. So testeten 5 Jeunes Restaurateurs, wie die mitgebrachten und zubereiteten Wolfsbarsche schmeckten und brachten spontan verschiedene Gerichte auf die Teller. Den Loup als Cevice, mit Allgäuer Steinpilzen, im Salzteig gebacken, gegrillt mit Haut und ohne, dazu die üblichen Verdächtigen wie verschiedene Kresse, Paprika-Gel, Limetten-Mayonnaise usw.
Jeder kochte nach eigenem Gusto und die Ergebnisse waren so unterschiedlich wie die Köche. Dennoch waren wir uns relativ einig darüber, dass Aquafarming eine Notwendigkeit für den Erhalt der Wildbestände ist. Aber vielleicht gibt es Fische, die sich besser dafür eignen als Wolfsbarsch.

 

Fisch fein-fruchtig

Durch meine Tätigkeit in exotischen Ländern habe ich mich schon immer mit dem Thema Fisch und Früchte befasst. Unser Hausklassiker ist der Stör mit Aprikosenmaische. In diesem Sommer kochen wir „Heilbutt mit Mango“ auf Anregung von Saucier und Poissonnier Fabian Mohr.

Heilbutt mit Mango, Thai-Basilikum und Grünspargel, „Sellerietang“, Piment d`Espelette und Esspapier von „Blauen Schweden“

Ein Detail zum Nachkochen:
Unsere neueste Entwicklung „Sellerietang à la Noriblatt“:

Es gibt kein genaues Rezept, aber die Verfahrensweise ist so:
Sellerieblätter zupfen, waschen, durch den Entsafter jagen, den dicken Saft aufrühren und mit etwas Meersalz würzen, anschließend auf Silpat-Platten streichen und im Ofen bei 75 Grad ungefähr 120 Minuten trocknen. Die dünnen Sellerietangflocken werden zum Würzen der Speise einfach darüber oder auch daneben gestreut.

 

Amrumer Lamm

Eine Salzwiese ist ein eigenartiger und faszinierender Lebensraum. Bereits auf kleinster Fläche zeigt sich ein kraftstrotzender und vielfältiger Bewuchs, der sich offenbar bestens mit den wirklich rauen klimatischen Bedingungen arrangiert hat. Ein Potpourri von sattgrünen Pflanzen, durchsetzt mit bunten Blüten. Strandflieder, Strandastern, Portulak-Salzmelden, natürlich Queller, Sode und Strand-Wermut, Salz-Spärkling und Meersenf sind nur einige Vertreter einer üppigen Vegetation, die oftmals mit Schafen beweidet wird. Bereits beim Vorbeiradeln geht von diesem Stück intaktem Lebensraum eine regelrechte Faszination aus, die Luft ist geschwängert von Kräuterduft und Salz, kreischende Möwen und rauschende Brandung vermitteln Ursprünglichkeit und Romantik. Auf Amrum gehen die Dinge ihren Gang, die Insel bietet sich an für einen geschlossenen Kreislauf zur Aufzucht, Schlachtung und Verarbeitung von Schafen und Rindern.
Es scheint eine Art von friesischer Unaufgeregtheit zu geben, die sich auch im souveränen Umgang mit hochwertigen Lebensmitteln manifestiert. Es wird nicht besonders viel Tamtam um die Herkunft der Waren gemacht. Es erscheint vielmehr normal und natürlich, dass (für einen leicht höheren Preis) die Butter und Milch von den Halligen, die Eier aus Föhr und der Käse von der Festlandküste kommen. Die Qualität der Produkte ist bemerkenswert gut und entspricht überhaupt nicht dem Vorurteil, dass Genuss in Süddeutschland größer geschrieben würde als im Norden der Republik. Einer der besten Botschafter dieser Köstlichkeiten ist Johannes King vom Söl´ring Hof in Rantum, der sich für Feinheimisch einsetzt.

Der wöchentliche Rhythmus, in dem Helge Dethlefsen aus Nebel seine Lämmer schlachtet, kommt mir sehr entgegen. So kann ich eine abgehangene, gut gereifte Lammkeule aus der Vorwoche erstehen und dazu tagesfrische Innereien. Schade, dass diese sonst nur als Hundefutter verkauft werden… Die Keule habe ich ausgelöst, zugeschnitten und alle Teile außer der Haxe in kleine Steaks von jeweils ca. 70g geschnitten. Das Fleisch ist mürbe, trocken und saftig zugleich, von marzipanartiger Struktur. Ich habe es mit griechischem Joghurt, Bohnenkraut, weißem Pfeffer, Zwiebeln und Knoblauch noch einige Stunden mariniert. Die Innereien wurden in walnussgroße Stücke geschnitten, dann mit Paprika, Zwiebeln und Speck zu kleinen Schaschliks gespießt. Beides wurde anschließend auf Holzkohle gegrillt und sorgte für manchen Zungenschnalzer.
In meiner kulinarischen Welt lege ich größeren Wert auf Produktqualität als auf Regionalität. Aus diesem Grundsatz leitet sich manche, zugegebenermaßen technokratisch geprägte Sichtweise zu Herstellung und Verarbeitung von Lebensmitteln ab. Ich erlaube mir gerne und mit gutem Grund amerikanisches Rindfleisch zu verarbeiten. Doch wenn mit Tradition und mit Fleiß, mit Natürlichkeit und Selbstverständlichkeit alles so gut zusammenpasst, wie es hier der Fall ist, dann ist Amrum zumindest in dieser Hinsicht eine Insel der Glückseligen. Und darauf gilt es gut aufzupassen!

 

Hurra, unser Verjus hat 19 Grad Oechsle

Deutsche Welle: Das Verjus-Video - die komplette Ernte 2010

 Die Verjusernte ist jedes Jahr aufs neueste spannend. Mal ist die grüne Ernte knapp (2011 wegen Frost), mal ist der Farbumschlag durch Vegetationsvorsprung zu früh. Oder die Kellermannschaft ist bereits in Urlaub oder nirgendwo ist eine vernünftige Presse auffindbar (2008). Die Verjusherstellung bleibt immer dramatisch. Dieses Jahr hat alles wunderbar geklappt. Alle Beteiligten waren genau zur Stelle. Die Tauberhasen danken dem Gutsleiter Karl-Heinz Rebitzer, Winzermeister Peter Hemberger und dem Domänenamt Castell für die Bereitstellung der ungespritzten Trauben und die anschließend mühevolle Arbeit des Zermahlens und Pressens der hartschaligen unreifen Trauben. Und natürlich unserem Fruchtsaftkelterer Michael Schmitt für die gewohnt präzise und saubere Abfüllung. Sowieso allen Helfern und Erntehelfern, die bei der umfangreichen Aktion Verjus 2012 dabei waren. Die Mühe lohnt sich. Weitere Informationen zum Thema Verjus finden Sie bei
Elmar Lorey &
Nachgesalzen: Wie im Mittelalter: Verjus statt Zitrone

 

Welcher Fisch gehört in die Pfanne?

Heiß zur Sache ging es im historischen Schäfersaal zu Rothenburg. Draußen herrschten hochsommerliche Temperaturen, drinnen brutzelten die Fische in der Pfanne und 5 Jeunes Restaurateurs führten hitzige Debatten über Fischzucht und über Fischfang. Michael Philipp, Peter Strauß, Erich Schwingshackl, Jürgen Koch und ich hatten etliche Wolfsbarsche mitgebracht. Ein Vergleich sollte zeigen, ob wild gefangene Tiere wesentlich anders schmecken als gezüchtete.
Es sollte kein wissenschaftlich angelegter Vergleich werden, denn zu viele Fehlerquellen wären bereits vorprogrammiert: So sind die gezüchteten Tiere in der Regel doch wesentlich kleiner als ihre wild gefangenen Pendants. Bei den wilden wiederum ist zu unterscheiden, ob sie im Netz oder mit der Ligne gefangen wurden. Fische aus dem Mittelmeer schmecken potentiell anders als solche aus dem Atlantik usw.
Vielmehr sollte ein ungeplantes und spontanes Draufloskochen uns zeigen, welcher Koch aus welchem Fisch welches Gericht zubereitet und wir waren gespannt, ob uns so eine Jam Session auch zu brauchbaren Ergebnissen führen könnte. Um es vorweg zu nehmen: sie konnte.
Es gab den Loup als Cevice, mit Allgäuer Steinpilzen, im Salzteig gebacken, gegrillt mit Haut und ohne, dazu die üblichen Verdächtigen wie verschiedene Kresse, Paprika-Gel, Limetten-Mayonnaise usw.

Gewürzt war dieses Treffen mit jeder Menge freundschaftlichem Spaß und Kameradschaft und mein persönliches Fazit in fachlicher Hinsicht mag ich so beschreiben:
Aqua Farming mag eine geeignete Methode sein, um den Hunger der Menschheit nach Fisch zu stillen. Moderne Fischzuchten arbeiten ohne Antibiotika und verfüttern Pellets, die wiederum aus anderen Fischen hergestellt werden. Ich vermag nicht zu beurteilen, ob die Fischbestände zur Futterpellets-Herstellung auch gefährdet sind. Wenn sie es nicht sind, halte ich Fischzucht für eine gute Alternative zum Fang. Allerdings folgt m.E. die Zucht von Wolfsbarsch ganz einfach dem Verbraucherwunsch nach einem in Mode geratenen Fisch, den vor zwanzig Jahren hier noch kaum jemand kannte. Ich habe schon gezüchteten Fisch weit besserer Qualität probiert als die Loups in unserem Versuch. Weißer Heilbutt, Eismeer-Forelle, Kabeljau und durchaus auch Lachs hoher Güte haben mir dabei viel besser gefallen. Der Loup mit 3,5 kg den ich dabei hatte, der hat mich fast 200 Euro gekostet. Anfänglich habe ich mich über den Preis geärgert. Aber im Nachhinein finde ich es prima, dass es jetzt vielleicht doch die Gesetze des Marktes sind, die den verbliebenen Prachtexemplaren in den Weiten der Meere ein bisserl Ruhe verschaffen.
Von unserem Treffen haben wir einen Film gemacht, der wird gerade geschnitten. Wenn er fertig ist, stelle ich ihn hier ein.

 

Sommerliche Verwandtschaft: Gurke und Melone

Obst ? Gemüse ?: Melone und Gurke

Schon seit vielen Jahren mache ich gerne Desserts mit Gemüse und das nicht nur mit Rhabarber.
Etablierte Desserts im Laurentius sind Chicoree in Orangenmarzipan zum Schokoladensouffle, Paprika-Himbeeren zu Eiskrem von schwarzen Oliven, Preiselbeer-Fenchel-Sorbet zu Schmandtarte, zimtgespickte Schmortomate zu Vanilleeis, einige Kürbisspielereien und natürlich das legere Kompott von Grünkern, Beeten und Hutzelfrüchten.

Die Verwandtschaft von Gurke und Melone hat meine Pâtissière Sabine Seibold und mich dieses Jahr gereizt, ein erfrischendes Sommerdessert zusammenzustellen:
„Zuppa Inglese“ vom  Ziegenquark, dazu Johannisbeersulz, Melonensalat, Gurken-Ingwersorbet und Wiesenkräuter.

 

Serviervorschlag: „Zuppa Inglese“ vom Ziegenquark, dazu Johannisbeersulz, Melonensalat, Gurken-Ingwersorbet und Wiesenkräuter

Als kleiner Anreiz zum Motto „Desserts mit Gemüse“ hier unser Rezept für die „Maracujamöhrle“;  unser all time favorite, seit 1995 im Programm.

50 g Zucker
200 g junge Möhren, in feine Streifen geschnitten oder gehobelt
100 ml Maracujasaft
50 ml Orangensaft
Salz
1 TL-Spitze gemahlener Koriander
1 Messerspitze Vanillemark
1 EL Vanille-Puddingpulver
2 EL Sherry

Zucker in einem großen Topf leicht karamellisieren, Möhrenstreifen zufügen und sofort mit Maracuja- und Orangensaft ablöschen. Die Möhren knapp gar kochen. Salz, Koriander und Vanillemark zufügen. Puddingpulver in einer Schüssel mit Sherry anrühren und die Möhren damit binden. Eine Minute kochen, umfüllen und bis zum Servieren gut kühlen.
Sie passen hervorragend zu Vanilleeis, Schokoladendesserts und frischen Beeren. Wichtig: Nicht überdosieren.