Lesezeichen
 

Politcomedy auf Amazon: „Alpha House“

(© Amazon Studios)
(© Amazon Studios)

Das Videoportal Netflix ist einer neuen Studie zufolge in Stoßzeiten für 31,6 Prozent des gesamten nordamerikanischen Internetverkehrs verantwortlich. Diese Zahlen dürfte der Amazon-Chef Jeff Bezos genau verfolgt haben. Amazons Instant Video frisst nämlich nur vergleichsweise mickrige 1,61 Prozent, und steht damit noch hinter Apples iTunes und knapp vor der Konkurrenz von Hulu. Das soll sich ändern und zwar möglichst bald. Deshalb zeigt Amazon mit der Politcomedy Alpha House nun ebenfalls eine erste selbstproduzierte Serie exklusiv im Netz. Die ersten drei Folgen gibt es ab sofort kostenlos auf der US-Seite im Stream (wenn man als Amazon-Kunde eingeloggt ist).

In einer ersten Runde im Frühling ließ Amazon 14 Pilotfolgen für Serien, darunter sechs für Kinder, produzieren. Die Kunden durften entscheiden, welche es schließlich als komplette Staffel ins Streaming-Programm schafften. Die Kritiken waren mäßig. Einzig Alpha House, die Geschichte einer Senatoren-WG, überzeugte. Wohl nicht zuletzt dank ihres bekannten Hauptdarstellers.

(Grafik: Mashable, Quelle: Sandvine)
(© Grafik: Statista Quelle: Sandvine)

John Goodman spielt den gemütlichen republikanischen Senator Gil John Biggs. Der lebt gemeinsam mit seinen Parteikollegen, dem smarten John Bettencourt, dem homophoben und offenbar doch schwulen Louis Laffer sowie dem jungen Schürzenjäger Andy Guzman in einem Haus in Washington D.C.

Inspiriert von einer tatsächlichen Senatoren-WG erwarten die vier Herren neben den häuslichen Mätzchen auch politische Probleme. Biggs bekommt in seinem Heimatstaat North Carolina plötzlich einen neuen, gefährlichen Gegner und muss nach Jahren wieder mal Wahlkampf machen. Laffer droht im ruppigen Nevada als Weichei zu verkommen, Bettencourt hat Probleme mit der Ethikkommission und Guzman muss sich mit seiner neuen, natürlich äußerst attraktiven Freundin arrangieren.

Eigenproduktionen als Maßstab

Eine Serie über den Politbetrieb mit WG-Feeling also. Damit ist Amazon zwar wenig originell, liegt aber im Trend: Serien mit politischen Zwischentönen tauchten in den vergangenen Jahren auf fast jedem US-Sender auf. Nicht zuletzt auf Netflix. Dessen erste Eigenproduktion, das Politdrama House of Cards, erhielt als erste Webserie überhaupt in diesem Jahr gleich drei Emmys und bewies, dass ein Streamingportal qualitativ mit dem klassischen Fernsehen mithalten kann.

Nun wollen Amazon, Apple und Hulu natürlich nachlegen. Denn es geht um mehr als Prestige. Im umkämpften Streamingmarkt braucht man Alleinstellungsmerkmale. Die Lizensierung von TV-Inhalten allein reicht nicht mehr aus, um neue Abonnenten zu gewinnen. Netflix, das in diesem Jahr bereits vier exklusive Serien herausbrachte, hat inzwischen den Kabelsender HBO in Sachen Abonnenten überholt. Um diese bei Laune und vor allem beim Zahlen zu halten, bedarf es immer neuer, attraktiver Inhalte. Auch das deutsche Angebot Watchever des französischen Vivendi-Konzerns hat deshalb kürzlich eine erste eigene Serie angekündigt.

Tolle Besetzung, durchschnittliche Story

John Goodman ließ sich vom Prinzip Webserie überzeugen. „Ich hatte zunächst gedacht, ich spiele in einem YouTube-Video mit“, sagte er noch zu Beginn des Jahres, „aber das ist wie an einem richtigen Filmset.“ Tatsächlich: In Sachen Ausstattung muss sich Alpha House nicht verstecken. Mit Gastauftritten von Bill Murray, Komiker Stephen Colbert und Cynthia Nixon (Sex and the City) kann die Serie mit der TV-Konkurrenz problemlos mithalten.

Nicht ganz so überzeugend ist dagegen die Story. Der dicke Weiße, der smarte Schwarze, der attraktive Latino und der Ist-er-oder-ist-er-nicht-Schwule: Es sind nicht bloß die Stereotype, die nerven. Darüber könnte man bei einer Comedy noch hinwegsehen.

Zwischen dem zynischen House of Cards, dem satirischen und hochgelobten Veep auf HBO und Klassikern wie The West Wing findet die Serie keine eigene Sprache. Alpha House bietet weniger Situationskomik als eine klassische Sitcom und ist gleichzeitig weniger anspruchsvoll als ein Drama. Die ironischen Zwischentöne des US-Politbetriebs werden von der Karikatur der Republikaner überschattet – was der Serie in vielen konservativen Medien erwartungsgemäß schlechte Kritiken einbrachte. Am Ende ist Alpha House eine Serie zum Nebenbeigucken mit einem sympathischen John Goodman. Aber ob das Amazons Ansprüchen genügt?

Amazon unter Dauerdruck

Denn der notorische Gemischtwarenladen des Internets steht unter Dauerdruck. Statt Gewinne einzufahren, expandiert das Unternehmen in immer neue Geschäftsfelder, seit einiger Zeit eben auch in Filme und Serien. In Deutschland gehört Amazons Streamingportal Lovefilm zu den drei größten Anbietern. In den USA aber hat es das direkt in die Website integrierte Amazon Instant Video schwer. Eben weil Netflix mit beeindruckender Stärke den Markt umklammert.

Einen Vorteil aber hat Amazon: Es kann auf Big Data zugreifen, also seinen riesigen Kundenbestand und dessen Vorlieben. Darauf basierend lassen sich genau abgestimmte Inhalte schalten – und diese wiederum mit anderen Segmenten verknüpfen. So plant Amazon für seine nächste Originalserie eine Verfilmung der Romanfigur Harry Bosch. Das E-Book ist bereits ein Hit auf Amazon. Der Konzern hofft also, dass die Fans des Buchs möglicherweise auch an einer Serie interessiert sind und sich deshalb für den Videoservice anmelden.

Und in noch einem letzten Punkt unterscheidet sich Amazon von Netflix: Nicht alle Folgen von Alpha House sind auf einmal abrufbar. Stattdessen gibt es die ersten drei Episoden gratis und die folgenden jeweils im Abstand von einer Woche. Kein sogenanntes binge viewing also. Vielleicht findet Jeff Bezos, dies sei der bessere Weg, eine Serie zu genießen. Oder er hofft, dass man bei häufigeren Besuchen auf der Seite auch gleich noch ein Buch oder einen Gartenstuhl kauft.

 

Kurzfilm: „Castello Cavalcanti“

Nach Roman Polanski und seinem Kurzfilm A Therapy im vergangenen Jahr, hat die Modemarke Prada einen neuen Kurzfilm als branded content produzieren lassen. In Castello Cavalcanti führte kein geringerer als Wes Anderson Regie und sein regelmäßiger Schauspielpartner Jason Schwartzman darf gleich die Hauptrolle spielen. Es geht um einen Rennfahrer im Italien der Fünfziger Jahre, eine bizarre Familienhistorie, enthält den für Anderson typisch schrulligen Humor und ist – für dieser Art von Kurzfilmen erfreulicherweise – von aggressivem Product Placement befreit.

 

Netzfilm der Woche: „The Record Breaker“

Auf einem Hüpfball die Chinesische Mauer entlang, 14 Kilometer einen Baseballschläger auf dem Finger balancieren oder einen 3.000-Meter-Berg auf Stelzen erklimmen: Das klingt anstrengend und irgendwie…sinnlos? Nicht für Ashrita Furman. Der 59-jährige hat in all diesen Disziplinen Weltrekorde aufgestellt. Und noch viele mehr: Mehr als 450 waren es in den vergangenen 35 Jahren, 167 davon stehen bis heute. Damit ist Furman der Weltrekordler im Weltrekordaufstellen.

Grund genug für den Filmemacher Brian McGinn, den Bioladenbesitzer aus New York zu porträtieren. Die 25-minütige Kurzdokumentation The Record Breaker ist eine wunderbar erquickende Geschichte. McGinn begleitet Furman bei der Vorbereitung zu seinen nächsten Rekorden: Zum Beispiel beim Training für einen Stelzenlauf in die Tempelstadt Machu Picchu. Oder beim Laufen mit den schwersten Schuhen der Welt. Nicht selten müssen seine Kumpels als Helfer herhalten. Was sie nur allzugerne tun. Denn Furman versprüht bei jeder Aktion eine kindliche Lebensfreude, die auch auf die Zuschauer des Films übergreift.

McGinn gelingt aber noch etwas anderes. Nämlich Ashrita Furman nicht bloß über seine bizarren Weltrekorde zu definieren. The Record Breaker erzählt vielmehr die Geschichte eines hochbegabten Mannes, der mit 16 Jahren die Schule schmiss und sich stattdessen einem Hindu-Guru anschloss – und sich dabei fast mit seiner Familie überwarf. Mit neuem Selbstbewusstsein fand sich der bis dato gänzlich unsportliche junge Mann plötzlich neuen Herausforderungen gewachsen. Für seinen ersten Weltrekord im Jahr 1979 machte Furman nicht weniger als 27.000 Hampelmann-Sprünge. Es war der Beginn einer langen Leidenschaft, die auch im Alter nicht nachlässt.

Einzig das mit den Stelzen und dem Machu Picchu gelang Furman nicht: Die peruanischen Behörden stoppten ihn auf dem Weg nach oben. Den Rekord hält Furman dennoch: Er hat ihn einfach wenig später in Kalifornien aufgestellt.

 

Kurzfilm: Wenn „Gravity“ auf Ikea trifft

Für viele junge Pärchen ist es die erste richtige Bestandsprobe: Der gemeinsame, samstägliche Trip zu Ikea. Die sich schier endlos windenden Gänge, das metallische Klacken der Einkaufswagen, mieser Handyempfang, Durchsagen von verlorenen Kindern im Kinderparadies und der Geruch von angebrannten Köttbullar und die Teelichter am Horizont. Manche Menschen sollen nie aus dem Ikea zurückgekehrt sein. Daniel Hubbard hat die Ikea-Erfahrung in eine Parodie des Weltraumthrillers Gravity und dessen Trailer gepackt.

(via)

 

YouTube-Kommentare: Viel Lärm um Google+

Untitled-2

Vor einer Woche führte YouTube das neue Kommentarsystem auf Basis von Google+ ein. Dass die Reaktionen zunächst nicht besonders freundlich ausfallen würden, war absehbar. Doch dass die Ablehnung so heftig sein würde, hatte die Google-Tochter sicherlich nicht erwartet. Es ist, wie es so schön heißt, ein richtiger Shitstorm, der YouTube gerade entgegenbläst.

Seit der Umstellung protestieren die Nutzer gegen das neue System, das neben einigen kosmetischen Änderungen die Nutzung eines Profils bei Google+ erfordert. Zuvor genügte ein einfaches und in der Regel anonymes YouTube-Konto. Viele fühlen sich nun genötigt, Googles notorisch zweitrangiges soziales Netzwerk zu nutzen.

So kam Jawed Karim, YouTube-Mitgründer und Uploader des allerersten Videos, nach acht Jahren plötzlich wieder aus der Versenkung – „Warum zur Hölle brauche ich einen Account bei Google+, um ein Video zu kommentieren?“, fragte er.

Karim spricht vielen Nutzern aus der Seele. Eine Petition gegen das neue System hat mittlerweile über 110.000 Mitzeichner. Die Nutzer von Reddit fluteten das Google-Forum, das nun bei über 430.000 Beschwerden steht.

Die Kritiker lassen ihren Unmut aber nicht nur in den Kommentarspalten aus, sondern natürlich auch in Videoform. Nicht alle der Reaktionen fallen so sympathisch aus wie die von Emma Blackery und ihrem passiv-aggressiven Song. In den meisten Videos geht es deutlich derber zur Sache.

Der bekannte Gamer Athene bezichtigt YouTube sogar des Astroturfings: Er will Beweise gefunden haben, in denen die (überraschend positiv ausfallenden) Top-Kommentare in Wirklichkeit von YouTube selbst stammen, um den Gegenwind etwas abzuschwächen.

Zu unübersichtlich, viel Spam, seltsame Integration

Viele kritisieren aber nicht nur die Google-Plus-Pflicht. Die neuen Kommentare bringen ganz andere Probleme mit. So führt die Integration bisweilen zu absurden Ergebnissen: Wer etwa ein Video auf Google+ kommentiert, liefert häufig eine kleine Zusammenfassung für seine Freunde mit, um auf den Link zu klicken. Unter dem YouTube-Video aber wirken diese Zusammenfassungen überflüssig und in der Summe wie Spam.

Untitled-1

Zudem ist es möglich, ganze Romane in einen einzelnen Kommentar zu packen. Die sind zwar in der Ansicht minimiert, aber dennoch lockt es Spammer an. Auch die Option, Links in die Kommentare zu posten, eröffnet Spammern und Kriminellen ganz neue Möglichkeiten: Was wie ein harmloser Link zu einem weiteren Video erscheint, kann Nutzer auf Websites mit Malware führen.

Und dann wären da noch die ASCII-Zeichen. Richtig benutzt, können Nutzer daraus kleine Bilder aus Sonderzeichen erstellen. Herzen und Blümchen etwa. Oder Hakenkreuze und Penisse. Ausgerechnet dieses, vermutlich ungewollte Feature, nutzen die Kritiker nun zum Protest: Unter fast allen populären Videos tauchte in den vergangenen Tagen stets der gleiche Kommentar mit einem Pixelpanzer auf: „This tank and Bob are against Google+„. Jegliche Diskussion soll damit unmöglich gemacht werden – bislang mit Erfolg.

 

Bekannte YouTuber deaktivieren die Kommentare

Am bittersten für YouTube dürfte aber nicht nur der Missmut der Nutzer sein. Auch die Partner wenden sich vom neuen System ab. Der Schwede PewDiePie, bis vor Kurzem hatte er den Kanal mit den meisten Abonnenten, hat die Kommentare zu allen seinen Videos geschlossen, bis das System „repariert“ sei. Das ist eine ernstzunehmende Warnung für die Plattform, die doch eigentlich gerade die Interaktion mit den Fans verbessern wollte. Sollten sich noch weitere bekannte YouTuber für einen Boykott entschließen, dürfte sich der Druck auf die Verantwortlichen erhöhen.

Doch was sagt eigentlich YouTube zu den Reaktionen? In einer Stellungnahme gegenüber VideoInk sagt ein Sprecher des Unternehmens, dass man daran arbeite, die Bugs zu beheben. Man wolle nicht „einfach weglaufen“, sondern weiterhin an dem neuen System arbeiten.

Google steht also zu seiner Entscheidung. Das ist nicht überraschend, schließlich gehört es zur Strategie, sämtliche Produkte früher oder später mit Google+ zu vernetzen. Nur so lassen sich maximal viele Nutzerdaten abgreifen. Für die YouTuber ist das keine gute Nachricht: Es gibt offenbar aller Proteste zum Trotz keinen Weg zurück.

 

Dokumentation: „The Wall Street Code“

VPRO Backlight, eine niederländische Dokumentarsendung, hat dieser Tage den dritten Teil einer Serie über die Wall Street auf YouTube gestellt. Nach den beiden Dokumentarfilmen Quants: the Alchemists of Wall Street und Money & Speed: Inside the Black Box geht es in The Wall Street Code abermals um die Details des sogenannten Hochfrequenz-Handels (HFT). Dieser basiert nahezu ausschließlich auf Computerprogrammen und Algorithmen. Dabei geht es um Millisekunden, die über Gewinn und Verlust des Wertpapierhandels entscheiden. Die Menschen dahinter werden als „Algo-Developers“ oder „Quants“ (für Quantitative Analyst) bezeichnet und tauchen in den Medien bislang nur selten auf.

The Wall Street Code erzählt die Geschichte von Haim Bodek, einem dieser Quants. Bodek hat jahrelang in der Industrie gearbeitet, bevor er Unregelmäßigkeiten im System feststellte und potenzielle Probleme entdeckte, die mit neuen Regeln und Vorschriften des HFTs einhergehen. Seitdem gilt Bodek gewissermaßen als ein Whistleblower der Wall Street. Der 50-minütige Film gibt einen spannenden, wenn auch nicht immer ganz einfachen, Einblick in die computergesteuerte Handelswelt des 21. Jahrhunderts – und deren Probleme.

 

Zu Besuch im YouTube Space Los Angeles

(© Eike Kühl)
Der YouTube Space ist in einem früheren Hangar untergebracht (© Eike Kühl)

Hannah Hart rückt die Baseballkappe zurecht und holt noch einmal tief Luft. Take 6, Klappe, Action! Die Kamera läuft. Zum sechsten Mal spricht die 27-Jährige mit ihrem Kollegen Chuey Martinez die Szene ein. Scheinwerfer, drei Kameras und Mikrofone sind auf sie gerichtet. Eine kleine Gruppe beobachtet das Geschehen aus dem Dunklen, darunter Fotografen, Visagisten, Produzenten und Techniker. Nach einer Minute ertönt das „Aaaand…cut!“ des Regisseurs. Wohlwollendes Nicken. Applaus. „Good job, everyone!

Wer die Szenerie betritt, erkennt keinen Unterschied zu einem professionellen Filmstudio. Doch hier entsteht an diesem Oktobertag kein traditioneller Film, sondern eine Episode der neuen Webserie El Show. Und Hannah Hart ist keine Schauspielerin. Sie ist ein YouTube-Star und heute als Gast zu Dreharbeiten im YouTube Space Los Angeles: Nur wenige Minuten vom Flughafen und dem Pazifik entfernt, hat YouTube einen ehemaligen Flugzeughangar in eine moderne Produktionsstätte umgewandelt. Hier soll die nächste Generation von YouTube-Inhalten entstehen.

Creators“ nennt YouTube die jungen Kreativen wie Hannah Hart, die sich mit Inhalten auf der Plattform längst ihren Lebensunterhalt verdienen. „Im YouTube Space möchten wir ihnen die Werkzeuge geben, um Dinge zu tun, die sie bisher nicht machen konnten“, sagt Liam Collins. Er leitet die Einrichtung seit der Eröffnung vergangenen November. Für ihn verheißt der Space vor allem Potenzial. „Wir wollten eine Einrichtung für Macher auf allen Stufen schaffen. Wer noch neu auf der Plattform ist, bekommt Workshops und Networking-Hilfe angeboten. Wer schon einen etablierten Kanal hat, kann an verschiedenen Programmen teilnehmen, in denen wir Ausrüstung, Crew und Expertise zur Verfügung stellen.“

Hannah Hart und Chuey Martinez (© Eike Kühl)
Hannah Hart und Chuey Martinez (© Eike Kühl)

Modernste Technik auf 4.000 Quadratmetern

Entsprechend viel los ist an diesem Tag. Im Foyer flackert ein Mosaik aus 36 einzelnen Bildschirmen mit YouTube-Videos. Junge Leute unterhalten sich über Laptops und Kaffee, Techniker wuseln mit Kabeln und Adaptern hin und her. Zahlreiche Film- und Soundtechniker stehen den YouTubern zur Seite. Im Bürotrakt des Hangars arbeiten noch etwa 50 Angestellte von YouTube. Im Zweiten Weltkrieg ließ der exzentrische Luftfahrtpionier Howard Hughes hier seine Fichtengans bauen. Heute erinnert bloß ein kleiner Helikopter aus Hughes‘ Privatsammlung vor der Tür an den früheren Besitzer, der von den YouTubern gern als Requisit benutzt wird.

Drei voll ausgestattete Sound-Stages gibt es in dem knapp 4.000 Quadratmeter großen Areal. Dazukommen drei Greenscreen-Studios, eine Anlage für Motion-Capturing, ein Kinosaal, ein Tanzstudio, ein Raum für Soundbearbeitung und noch ein gutes Dutzend Rechner für die Post-Produktion. Nur über die Kosten redet hier niemand. Es wird vermutet, dass die Google-Tochter mindestens 25 Millionen Dollar in die Anlage gesteckt hat.

Das ist viel Geld für ein Studio, das seine Nutzer nichts kostet. Doch YouTube denkt längerfristig. „Wir möchten den Machern auf der Plattform zeigen, dass ihr Erfolg auch unser Erfolg ist“, sagt Collins und erwähnt im gleichen Atemzug die Initiativen der Plattform: die Originalprogramme etwa, die YouTube vorfinanziert und Themenwochen wie die Comedy-Week, deren Inhalte zum Teil im Space entstanden. Das Ziel ist klar: Je professioneller die Inhalte auf der Plattform werden, desto besser lassen sie sich vermarkten. Da YouTube an jedem Video durch Werbung mitverdient, ist man nur allzu interessiert daran, dass die Qualität der Inhalte steigt.

Dreharbeiten vor dem Gebäude (© Eike Kühl)
Dreharbeiten vor dem Gebäude (© Eike Kühl)

Mitmachen kann fast jeder YouTuber

Für die Nutzung des YouTube Space kann sich jeder YouTube-Partner mit mehr als 10.000 Abonnenten bewerben. Entweder für einen kurzen Dreh an maximal zwei Tagen. Oder als Teilnehmer eines sogenannten Labs: Jeweils einen Monat lang dürfen sich eine Handvoll Teilnehmer dann austoben. Das Thema gibt YouTube vor. Ein Musik-Lab gab es bereits, ein Parodie-Lab, und im Hinblick auf Halloween wurden die Requisiten für ein Scream-Lab errichtet. „Zusammenarbeit ist der Schlüssel zum Erfolg auf YouTube“, sagt Collins, „und indem wir den Teilnehmern der Labs ein gemeinsames Thema anbieten, ist der Grundstein bereits gelegt.“

Die Teilnahmebedingung von 10.000 Abonnenten, sagt Collins, wurde gewählt, weil YouTuber erst ab dieser Schwelle das Meiste aus den Möglichkeiten des Space machen könnten: Sie haben in der Regel schon erste Erfahrungen mit der Arbeit in einem Studio gesammelt, sind aber dennoch nicht mit allem vertraut. Machern mit weniger Abonnenten bietet YouTube Workshops und Lehrgänge an, wie man seinen Kanal zunächst aufbaut und Inhalte entwickelt.

Blick ins Foyer (© Eike Kühl)
Blick ins Foyer (© Eike Kühl)

Wer nicht in Tausenden, sondern schon in Millionen Abonnenten rechnet, hat es leichter. Freddie Wong etwa nahm im YouTube Space große Teile der erfolgreichen Webserie Video Game High School auf und brachte dazu eine Crew von fast 50 Leuten mit. Zurzeit gastieren die News-Talker von The Young Turks als sogenannte residents im kleinsten Studio des Space, nachdem sie ihr eigenes Studio kurzfristig räumen mussten.

Auch die Hollywood-Prominenz ließ sich bereits blicken. Die Schauspielerin Amy Poehler schaute schon vorbei, Matt Damon ebenfalls. Die Verantwortlichen von YouTube freut’s; man hofft auf Synergien mit „old media„, wie die Filmbranche gern bezeichnet wird. Deshalb fiel die Wahl des Standorts auf Los Angeles und nicht etwa auf San Francisco, wo Google sein Hauptquartier hat, erklärt Liam Collins: „Zum einen gibt es in Los Angeles diese Kreativszene, die versteht, wie man Inhalte produziert. Zum anderen aber haben sich viele YouTuber hier niedergelassen. Wir wollten deshalb dorthin, wo die Szene sich trifft.“

Dass YouTube sein Studio auch als Community-Zentrum versteht, zeigt sich am frühen Abend. Jeweils an einem Freitag im Monat lädt YouTube alle Mitarbeiter, Teilnehmer und Gäste zur Happy Hour ein, eine Mischung aus After-Work-Party und Fan-Event. Es gibt Bier und Softdrinks aufs Haus, Foodtrucks servieren Burritos auf dem Parkplatz und ein DJ beschallt das Foyer mit elektronischer Musik. Kichernde junge Frauen nippen an Pepsidosen und blicken verstohlen auf eine Gruppe YouTuber. Anzugträger mit Firmennamen aus der IT-Branche auf dem Namensschildchen unterhalten sich angeregt mit Mitarbeitern.

Kontrollraum (© Eike Kühl)
Kontrollraum (© Eike Kühl)

Der Einfluss der Internetfirmen auf die Filmindustrie wächst

Auch das ist kein Zufall: Wenn der YouTube Space etwas verdeutlicht, dann dass der Einfluss des Silicon Valley auf die klassische Filmindustrie wächst. Noch wurden die in diesem Jahr viel diskutierten Eigenproduktionen der Streaming-Portale von Netflix, Hulu und Amazon bei den etablierten Studios eingekauft. Doch das könnte sich bald ändern. Neben YouTube hat auch Microsoft in diesem Jahr ein Filmstudio in Los Angeles errichtet. Der Trend geht dahin, die gesamte Wertschöpfungskette zu kontrollieren, weg von der reinen Vertriebsplattform hin zur kompletten Filmproduktion.

Neben dem Flaggschiff in Los Angeles gibt es noch YouTube Spaces in London, Tokio und New York. Weitere sollen folgen. Vielleicht sogar bald in Deutschland? „Etwa 70 Prozent aller YouTube-Nutzer kommen von außerhalb der USA“, sagt Collins, „und wir wissen, dass talentierte Macher überall auf der Welt sitzen. Deutschland ist ein wichtiger und schnell wachsender Markt für YouTube. Es gibt da noch keine konkreten Überlegungen, wir planen statt eigenen Spaces auch Kooperationen mit bestehenden Einrichtungen. Ich kann nur so viel sagen: Wir haben Deutschland auf dem Schirm.“

Schwarzes Brett (© Eike Kühl)
Schwarzes Brett (© Eike Kühl)

 

Was Kinder über die gleichgeschlechtliche Ehe denken

(Quelle: Buzzfeed)
(Quelle: Buzzfeed)

Dicke Luft bei den Koalitionsverhandlungen zwischen CDU und SPD. Heute drohte SPD-Vize Manuela Schwesig sogar mit dem Abbruch. Der Grund ist der Streit um die gleichgeschlechtliche Ehe und damit einhergehende Adoptionsrecht. Die CDU bleibt bei ihrer Linie und ist weiterhin gegen die völlige Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Partner.

Auch in den USA ist die vielzitierte „Homo-Ehe“ schon lange ein umstrittenes Thema. Nur 15 Bundesstaaten, zuletzt Illinois, erlauben sie bis jetzt.

Dabei muss es doch gar nicht so kompliziert sein. Die YouTuber The Fine Brothers etwa beweisen in ihrer neusten Folge von Kids react to…, dass unsere Sprösslinge manchmal klüger sind als die Erwachsenen.

In dem Video bekommen 13 Kinder zwischen 5 und 13 Jahren zwei berühmte Heiratsanträge gleichgeschlechtlicher Paare gezeigt. Die Reaktionen der Kids? Ein wenig verwirrt, aber fast ausnahmslos positiv und herzallerliebst: Wer sich liebt, sollte auch heiraten dürfen. Logisch. Vielleicht sollten die Damen und Herren aus der deutschen Politik dieses Video auch mal angucken – über acht Millionen Menschen haben es innerhalb von knapp einer Woche bereits getan.