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Schweigende Zeugen und ein Spiel voller Hass – Das Medienlog vom Mittwoch, 29. Januar 2014

 

Eigentlich wollte das Gericht die vielen Fragen zur Mordwaffe Ceska 83 aufklären – doch das verhinderten zwei Zeugen: Frank L. und Andreas Sch. sagten wenig bis gar nichts. Beide Zeugen arbeiteten früher in einem Jenaer Szeneladen und sollen dort die Pistole an den Angeklagten Carsten S. verkauft haben. L., der damalige Inhaber, stützte sich jedoch wie bei seiner ersten Vernehmung auf Erinnerungslücken, sein ehemaliger Angestellter Sch. verweigerte die Aussage, um sich nicht selbst zu belasten. Wichtig war der Tag für die Anwälte der Nebenkläger: Sie stellten mehrere Beweisanträge.

An jedem Werktag sichten wir für das NSU-Prozess-Blog die Medien und stellen wichtige Berichte, Blogs, Videos und Tweets zusammen. Wir freuen uns über Hinweise via Twitter mit dem Hashtag #nsublog – oder per E-Mail an nsublog@zeit.de.

War der Mord an der Polizistin Michèle Kiesewetter ein Racheakt? Unterschiedliche Ansichten zu dieser Frage hatten zuletzt zu Konflikten zwischen Nebenklage und Bundesanwaltschaft geführt. Jetzt forderte Anwalt Alexander Kienzle Klarstellung: Er beantragte, festzustellen, bei wie vielen Polizeieinsätzen Kiesewetter mit Rechtsextremen in Kontakt gekommen war, wie unter anderem die Süddeutsche Zeitung berichtet. So sollten Dienstpläne gesichtet und geklärt werden, ob Kiesewetter vor Gericht als Zeugin gegen Nazis aufgetreten war. Fast alle Nebenkläger schlossen sich dem Antrag an.

Auch Asservate aus der Anfangszeit des NSU wollen die Nebenkläger genauer untersuchen. Dazu gehört das Brettspiel „Pogromly“, eine perfide Abwandlung des Klassikers Monopoly, über das die FAS schon 2011 schrieb und über das Spiegel Online nun detaillierter berichtet. Die hasserfüllte Parodie sollen Beate Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt hergestellt und in der Szene verkauft haben. Auf dem Spielfeld sind die Bahnhöfe durch Konzentrationslager ersetzt, Ziel der Spieler sollte es sein, die Städte „judenfrei“ zu machen.

Auch Waffen aus der ehemaligen Wohnung von Beate Zschäpe sollten untersucht werden, forderte Anwalt Reinhard Schön. Dabei handle es sich unter anderem um ein Luftgewehr, einen Wurfstern und eine Armbrust. So solle gezeigt werden, dass Zschäpe beim Untertauchen des Trios 1998 bereits „eine gefestigte rechtsradikale und antisemitische Ideologie vertreten hat“ und gewaltbereit war, sagte Schön.

Von einer gefestigten Einstellung der drei NSU-Mitglieder sprach auch die Anwältin Antonia von der Behrens in einer Stellungnahme, wie die Thüringer Allgemeine berichtet. Uwe Böhnhardts Vater Jürgen habe in seiner Zeugenaussage vom vergangenen Donnerstag deutlich gemacht, dass „ein Sich-Stellen für sie nicht in Frage käme“. Zudem seien die Sicherheitsbehörden bereits 1999 davon ausgegangen, dass das Trio bewaffnet sei.

Warum besaß der NSU ein Arsenal von 20 Schusswaffen, setzte jedoch nur vier davon bei seinen Morden ein? Weil das Trio eine Obsession für Waffen pflegte, durch die es sich dem Staat überlegen fühlte, analysiert ZEIT ONLINE. Sichtbar sei dies etwa beim Heilbronner Polizistenmord 2007 geworden, bei dem Uwe Böhnhardt dem Beamten Martin A. mit höchster Aggressivität die Dienstpistole aus dem Holster riss. Die Waffe sei „für den NSU die ultimative Trophäe, Zeichen eines Siegs über die Staatsgewalt“ gewesen.

Keine Berichte in englischsprachigen Onlinemedien.

Das nächste Medienlog erscheint am Donnerstag, 30. Januar 2014.