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Gruselige Episoden aus der Szene-Zeit – Das Medienlog vom Donnerstag, 17. April 2014

 

An vieles aus ihrer Zeit in der Nazi-Szene kann sich die Zeugin Jana J. angeblich nicht mehr erinnern – doch zeichneten Episoden aus ihrem Gedächtnis das Bild „einer geradezu unheimlich heilen rechten Welt“, wie Gisela Friedrichsen auf Spiegel Online resümiert. J. war in den neunziger Jahren die Freundin des Zeugen André K., zuvor war sie schon einmal vernommen worden. Sie kannte Beate Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt – und gewann den Eindruck, die drei seien eine „verschworene Gemeinschaft“. Damit bestätigte sie den Eindruck der Anklage.

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Die Vernehmung von J. „wirft ein Licht auf Facetten einer Lebenswelt in den neuen Bundesländern nach der Wende“, schreibt Friedrichsen. In diese Lebenswelt zog es auch die Zeugin in die rechte Szene. Dort herrschte offenbar eine Atmosphäre „bürgerlicher Nächstenhilfe“, doch machte J. auch dramatische Beobachtungen: Einmal habe sie gesehen, wie Zschäpe eine Frau an einer Straßenbahnhaltestelle verletzte, sagte sie der Polizei – im Prozess fehlte ihr jedoch angeblich die Erinnerung. Für frühere Szenezeugen typisch, meint die Autorin: „Sie wollen nicht mehr zu den Rechten gehören und schützen aus offensichtlicher Angst vor Repressalien Erinnerungslücken vor.“

Eine weitere gruslige Episode aus der Szenezeit: Mundlos und Böhnhardt kamen in Uniformen auf den Winzerclub, ein Jugendtreff in Jena, zu. „Es war ein schräges Bild – zwei Typen, die aussehen wie aus einem Kriegsfilm“, zitiert die Nachrichtenagentur dpa die Zeugin. Sie wusste nach eigenen Angaben, dass Zschäpe zu den beiden gehörte, das sei in der Szene bekannt gewesen.

„Es scheint, als versuche sie, die Fragen des Gerichts ehrlich zu beantworten“, beschreibt Martin Debes J.s Aussageverhalten in der Thüringer Allgemeinen. Die Zeugin sagte, sie schäme sich für die Zeit in der Szene. „Und dennoch: Ihre Beschreibung der Jenaer Zeit fällt eher positiv aus“, das Umfeld aus braunen Kameraden „wurde zu ihrem Zuhause“. Dort herrschte Konsens über das, was sich die Rechten als Alternative für die demokratische Ordnung wünschten: Sie hätten „ein nationalsozialistisches System“ etablieren wollen, sagte J.

Das nächste Medienlog erscheint am Dienstag, 22. April 2014.