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Auch Beate Zschäpe wurde unterschätzt – Das Medienlog vom Dienstag, 6. Mai 2014

 

Der NSU-Prozess macht deutlich, dass auch Frauen gefährliche Rechtsextremisten sein können – und nicht nur Männer, die das Stereotyp des rechten Skinheads mit Springerstiefeln erfüllen. Frauen als Nazi-Aktivistinnen würden „übersehen und unterschätzt“, warnt etwa die Anti-Rechtsextremismus-Initiative Amadeu Antonio Stiftung. Andrea Dernbach schreibt im Tagesspiegel: „In der Geschichte falscher Fährten, blinder Flecken und systematischen Versagens der Behörden vor der Mordserie des NSU steckt eine spezielle zweite, die bislang wenig beleuchtet ist“ – die Geschichte der Frauen, die dem NSU sein mörderisches Treiben ermöglichten.

An jedem Werktag sichten wir für das NSU-Prozess-Blog die Medien und stellen wichtige Berichte, Blogs, Videos und Tweets zusammen. Wir freuen uns über Hinweise via Twitter mit dem Hashtag #nsublog – oder per E-Mail an nsublog@zeit.de.

Dem Bild der unbeteiligten Frau waren auch die Ermittler aufgesessen: Nachdem sie im Raum Nürnberg eine Liste aller Rechtsextremen angefordert hatten, strichen sie sofort alle Frauen als Verdächtige. Dabei lebte damals auch Mandy S. in der Region – gegen sie läuft heute ein Verfahren, weil sie dem NSU einen Ausweis überlassen haben soll. Die Hauptangeklagte Beate Zschäpe war zudem in ihrer Jugend mehrmals mit Gewalttaten aufgefallen, wurde jedoch nie dafür verurteilt.

Mit einer weiteren rechtsextremen Frau beschäftigt sich Martin Debes in der Thüringer Allgemeinen: Jaqueline Wohlleben, der Frau des Mitangeklagten Ralf Wohlleben. Diese ist am Mittwoch als Zeugin geladen, hat jedoch das Recht, die Aussage zu verweigern – und wird das wohl auch tun, „obschon sie durchaus etwas mitzuteilen hätte“. Die Ehefrau ist seit mehr als zehn Jahren mit Wohlleben zusammen, hat mit ihm gemeinsam zwei Kinder und „war auch eine seiner wichtigsten Helferinnen in der Jenaer NPD“, schreibt Debes. Dort war sie als Schatzmeisterin tätig.

Eine Bilanz nach einem Jahr Verhandlung zieht Claudia Wangerin in der Jungen Welt. Geprägt ist der Prozess demnach durch den ständigen Wechsel der Tatkomplexe, die in München behandelt werden. Das Gericht habe vielen Zeugen zu wenig Zeit eingeräumt – „dadurch scheint die Reihenfolge der juristischen Aufarbeitung einer siebenjährigen Mord- und Anschlagsserie heillos durcheinandergeraten zu sein“.

Noch offen ist, als wie belastbar die Richter die in dieser Zeit vorgetragenen Beweise ansehen. Die Brandstiftung in Zwickau von 2011 gilt derzeit als die Tat, bei denen die Indizien am deutlichsten gegen Zschäpe sprechen – „sie ist auch der einzige Tatvorwurf, den ihre Verteidiger indirekt anerkannt haben“, schreibt die Autorin. In einem weiteren Artikel behandelt die Zeitung die mysteriös anmutenden Todesfälle zweier Menschen aus dem Umfeld des NSU.

Im Tagesspiegel zieht Frank Jansen eine Ein-Jahres-Bilanz des Prozesses. Er beschreibt die bisherigen Erkenntnisse und beschreibt das Verhalten der Zeugen – die sich oft auf Gedächtnislücken beriefen. Seine Prognose: Vor 2015 wird es kein Urteil geben.

Das nächste Medienlog erscheint am Mittwoch, 7. Mai 2014.