Brutal und rücksichtslos – so beschrieben die am Dienstag geladenen Zeugen des Banküberfalls in Eisenach Böhnhardt und Mundlos und schaffen durch ihre Erinnerungen ein detailliertes Bild der beiden Terroristen. Die Männer raubten am 4. November 2011 eine Sparkasse aus und flohen anschließend auf ihren Fahrrädern. Wenig später waren sie tot. „Ihnen wurde der 15. Raubüberfall zum Verhängnis“, schreibt Per Hinrichs in der Welt.
An jedem Werktag sichten wir für das NSU-Prozess-Blog die Medien und stellen wichtige Berichte, Blogs, Videos und Tweets zusammen. Wir freuen uns über Hinweise via Twitter mit dem Hashtag #nsublog – oder per E-Mail an nsublog@zeit.de.
Bei ihrem 15. und letzten Raubüberfall gingen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt den Bankmitarbeitern und -Kunden zufolge sehr gewalttätig vor. Sie stürmten demnach schreiend und mit den Waffen wedelnd in die Filiale, zudem zerrten sie einen Mann vom Geldautomaten in den Hauptraum. Der Filialleiter sei mit dem Pistolenlauf niedergeschlagen worden. Der damaligen Bankangestellten Nadine W. seien Tränen über das Gesicht gelaufen, während sie schilderte, dass sie ihren Job deswegen aufgegeben habe.
„Wie mag sich die Frau gefühlt haben, als sie wenige Tage nach dem Überfall erfuhr, wer da in die Sparkassenfiliale eingedrungen war“, fragt Gisela Friedrichsen auf Spiegel Online. Ohne Auswirkung, kommentiert Friedrichsen, werde die Erkenntnis nicht geblieben sein, dass die zwei Bankräuber schon mutmaßlich zehn Menschen getötet hatten.
Unterdessen wächst der Druck auf den Verfassungsschutz in Bezug auf die Rolle mehrerer V-Männer bei den NSU-Machenschaften. Die taz berichtet von einer Offensive der Nebenklage-Vertreter: „Mehr als 600 Zeugen benannte die Bundesanwaltschaft im NSU-Prozess – darunter aber nur drei V-Leute.“ Dies, heiße es im Antrag der Nebenkläger, erwecke den Anschein, die Bundesanwaltschaft wolle die V-Personen, den Verfassungsschutz und deren Wissen um den NSU aus dem Verfahren heraushalten. Am Dienstag hätten die Opfer-Vertreter darum einen Antrag gestellt, der im Geheimdienst Unruhe stiften dürfte: Sie wollen mehrere frühere V-Leute aus der rechtsextreme Szene vorladen.
Zunächst solle der frühere Brandenburger V-Mann Carsten S. vorgeladen werden, Ladungsanträge zu sieben weiteren V-Leuten sollen folgen. Carsten S., ein wegen versuchten Mordes verurteilter Neonazi, war in den Neunzigern unter dem Decknamen Piato V-Mann des Brandenburger Verfassungsschutzes. Er hatte dem Geheimdienst von Plänen der untergetauchten Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe berichtet, sich Waffen zu beschaffen.
In der FAZ lobt Ralf Euler den Beschluss des hessischen Landtags, einen Untersuchungsausschuss einzusetzen, der den dem NSU zur Last gelegten Mord an dem türkischstämmigen Internetcafé-Besitzer Halit Yozgat 2006 in Kassel aufarbeiten soll. Tatsächlich, kommentiert Euler, „ist die Liste der Rätsel, Ungereimtheiten und unbeantworteten Fragen noch immer lang.“ So sei etwa immer noch unklar, ob V-Mann Andreas T., der am Tatort in Kassel war, als mutmaßlich Mundlos und Böhnhardt auf Yozgat schossen, tatsächlich nichts von dem Mord mitbekommen hat. T. bestreitet dies. Hinterfragt werden müsse außerdem, warum der damalige Innenminister und heutige Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) 2006 Aussagegenehmigungen für die von T. geführten V-Leute verweigerte und damit die Ermittlungen in einem Kapitalverbrechen erschwerte.
Tanjev Schultz konstatiert diesbezüglich in der Süddeutschen Zeitung: „Die Neonazis des NSU waren umstellt von potenziellen Verrätern. In der Szene tummelten sich Verbindungsleute, die vom Verfassungsschutz Geld für Informationen kassierten. Doch offenbar verriet niemand die Terroristen.“ Bisher hätten die V-Männer kaum eine Rolle im NSU-Prozess gespielt, das aber solle sich nun ändern.
Das nächste Medienlog erscheint am Donnerstag, 22. Mai 2014.