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Immer in Kontakt mit dem NSU – Das Medienlog vom Donnerstag, 29. Mai 2014

 

„Ich fahr‘ grad Lisl und Geri wo hin“ – solche SMS schrieben sich die Eheleute André und Susann E. André E. ist heute Angeklagter im NSU-Prozess. Gemeint waren mit „Lisl“ und „Gerri“ offenbar Beate Zschäpe und Uwe Böhnhardt, Mitglieder des NSU. Die E.s und das Trio standen bis zum Auffliegen der Gruppe am 4. November 2011 in engem Kontakt. Belege dafür präsentierten am Mittwoch vier Ermittler, die Handys und Mobilfunkdaten des Paares ausgewertet hatten. Ausgerechnet ab dem 4. November fanden sich keine SMS mehr auf den Mobiltelefonen. „Das Ehepaar E. hat vermutlich fleißig gelöscht“, folgert Frank Jansen im Tagesspiegel aus den Untersuchungsergebnissen.

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André E. steht im Verdacht, Zschäpe nach der ihr vorgeworfenen Brandstiftung am Haus der Terrorzelle in Zwickau zum Bahnhof gefahren zu haben. Dafür sprechen vier Anrufe, die er kurz nach dem Brand von einem Handy erhielt, das Zschäpe genutzt haben soll. Falls die beiden an diesem Tag auch Nachrichten austauschten, so lassen sich diese nun nicht mehr rekonstruieren. Das Fehlen von SMS ab diesem Datum deutet jedoch darauf, dass die E.s strafrechtliche Konsequenzen fürchteten. Zudem sind die Daten ein Hinweis auf die Unterstützung des Paars für das Trio, die „mutmaßlich jahrelang und bis zum Schluss“ währte, schreibt Jansen.

Auf dem Handy von André E. fanden sich überdies reichlich Hinweise auf dessen rechtsextreme Gesinnung, wie Tanjev Schultz in der Süddeutschen Zeitung aufzählt: das Bild einer Brezel in Hakenkreuz-Form, Rechtsrock und ein Video mit einer Art Hitler-Parodie.

Aufsehen erregte in der Verhandlung ein Antrag von Wohllebens Anwältin Nicole Schneiders: Sie forderte, ihren Mandanten aus der Untersuchungshaft zu entlassen, wie unter anderem Oliver Bendixen vom Bayerischen Rundfunk berichtet. Wohlleben sitzt wie Zschäpe seit zweieinhalb Jahren im Gefängnis. Schneiders sagte, das Gericht habe das Beschleunigungsgebot missachtet und bislang zu wenige Zeugen gehört, die Wohlleben entlasten könnten. „Ob es die überhaupt gibt, weiß niemand so recht“, merkt Bendixen an. Der Antrag sei keine Überraschung gewesen. Zuletzt hätten mehrere Zeugen den Mitangeklagten belastet – „damit gibt es wohl wenig Zweifel daran, dass Wohlleben an jedem weiteren Verhandlungstag (…) vorgeführt wird“.

Zu Beginn des Tages sagte eine Angestellte der Sparkasse in Eisenach aus, die Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt am Vormittag des 4. November 2011 überfallen haben sollen. Antje T. „ist offenbar immer noch traumatisiert“, analysiert Jansen im Tagesspiegel. Die Täter waren bei dem Raub brutal vorgegangen, hatten den Filialleiter niedergeschlagen. Durch die Schilderungen der Angestellten werde „das Drama jenes Tages im November noch beklemmender“. Die Mitarbeiter seien ebenso Opfer des NSU wie die Angehörigen der Getöteten.

Das nächste Medienlog erscheint am Montag, 2. Juni 2014.