Durch neue Erkenntnisse geriet das NSU-Mitglied Uwe Böhnhardt in Zusammenhang mit dem Mord an dem neunjährigen Bernd Beckmann aus Jena von 1993. Meldungen deuten allerdings darauf hin, dass vielmehr ein früherer Kumpel Böhnhardts etwas mit der Tat zu tun haben könnte: Enrico T., der am Schmuggel der Mordpistole Ceska 83 beteiligt sein soll. Verdächtig gemacht hatte sich T., als er in einer Vernehmung unaufgefordert von dem Fall erzählte und dabei Böhnhardt als Täter ins Spiel brachte. „Plötzlich drückte das alles auf seiner Seele“, kommentieren Annette Ramelsberger und Tanjev Schultz in der Süddeutschen Zeitung. „Man kann das glauben, man muss es aber nicht glauben.“
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Die Vernehmung fand Ende April 2012 statt, ein knappes halbes Jahr nach dem Selbstmord Böhnhardts und seines Komplizen Uwe Mundlos. Die Polizei hatte Böhnhardt als Zeugen angesehen statt als Tatverdächtigen – im Gegensatz zu T. Wollte dieser nun den Verdacht gezielt auf den Toten lenken? Jetzt „könnte es eng für ihn werden“, schreiben Ramelsberger und Schultz.
Ein Bootsmotor, der T. gehörte, wurde nahe dem Fundort der Leiche an der Saale gefunden. Ein weiterer NSU-Zeuge beschuldigte T., er sei pädophil. Zudem fanden die Ermittler heraus, dass er sich häufig in der Nähe von Schulen aufhielt. Als er den Polizisten gegenübersaß, sagte T. hingegen, Böhnhardt habe ihm „etwas in die Schuhe schieben“ wollen.
Auch Per Hinrichs weist in der Welt darauf hin, dass ein Verdacht gegen Böhnhardt einzig auf der Einschätzung von Zeuge T. beruht. „Der lässt sich aber ohne neue Fakten oder Spuren kaum erhärten“, heißt es in dem Beitrag. Umso rätselhafter, dass T. das Thema überhaupt in der Befragung ansprach: „Da lebt also jemand mit seiner Unschuld und will sich unaufgefordert von der Last einer Tat befreien, die er doch nie begangen hat und die gar nicht Thema der Vernehmung werden sollte?“ Wie belastbar T.s Aussage ist, prüft derzeit die Staatsanwaltschaft Gera. Sie nutze „verbesserte Möglichkeiten, Spuren auszuwerten“, teilte ein Sprecher der Behörde mit.
Eine neue Panne der Ermittler deutet sich im Mordfall an dem Nürnberger Ismail Yasar an, der im Juni 2005 erschossen wurde: Die Polizei hatte dessen Vermögen offenbar seiner Ex-Frau statt der eigentlich berechtigten Tochter Dilek übergeben, wie Focus Online unter Berufung auf einen kostenpflichtigen Onlineartikel der Bild berichtet.
Dabei geht es unter anderem um einen Betrag von 23.000 Euro und ein Auto. Die Nürnberger Polizei räumte den Fehler demnach ein, wolle das Geld jedoch nicht erstatten. Der Anwalt der Tochter aus erster Ehe setzte der Behörde nun eine Frist. Die rechtmäßige Erbin sagte dem Bericht zufolge: „Jetzt wundert mich nicht mehr, dass diese Ermittler den Naziterroristen nicht auf die Spur kamen.“
Das nächste Medienlog erscheint am Donnerstag, 19. Juni 2014.