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Szeneanwalt fordert das Gericht heraus – Das Medienlog vom Mittwoch, 9. Juli 2014

 

Für einen bestens vernetzten Szeneanwalt hatte Thomas Jauch aus Sachsen-Anhalt erstaunlich wenig zu sagen: Der Zeuge, der am 124. Verhandlungstag im Prozess auftrat, soll die NSU-Terroristen und zahlreiche andere Rechtsextreme aus Thüringen beraten haben. Doch der Anwalt berief sich immer wieder auf sein Recht zur Aussageverweigerung – und sorgte damit für eine quälend zähe Vernehmung.

„Ein ums andere Mal versucht Richter Manfred Götzl, den Panzer aus Abwehrfloskeln und angeblichen Erinnerungslücken zu knacken“, beschreibt Per Hinrichs von der Welt die Sitzung. Jauch gab nur das Nötigste von sich – so „reiht er sich in den Kreis der Zeugen aus dem rechten Spektrum ein, die den Prozess bislang kaum vorangebracht haben“.

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Gebremst wurde die Verhandlung durch die ständigen Anträge der Verteidiger von Beate Zschäpe und Ralf Wohlleben, die etliche Fragen der Nebenklage per Gerichtsbeschluss kassieren wollten – doch jedes Mal erfolglos. „Statt handhabbarere Aussagen zu gewinnen, haben sich sämtliche Parteien heute einen Schlagabtausch in Sachen Strafprozessordnung geliefert“, bilanziert Mira Barthelmann vom Bayerischen Rundfunk die Sitzung. Jauch sei ein „Zeuge, der von Beginn der Befragung an nichts sagen will, kann oder darf“.

„Dennoch entfaltet sich nach und nach das rechtsextreme Netzwerk, das Jauch besonders in Thüringen zu nutzen wusste“, analysiert ZEIT ONLINE. Jauch bestätigte indirekt eine Vielzahl von Mandantenkontakten aus dem Umfeld des NSU, eingeschlossen der Angeklagten Holger G. und Carsten S. Eindeutig bekannt sei die Gesinnung des Anwalts bei potenziellen Klienten – diese könnten sicher sein, „in Jauch einen Anwalt zu finden, der die Verteidigung eines Rechtsradikalen nicht aus Gewissensgründen ablehnt“.

An dem juristischen Fingerhakeln liest Kai Mudra von der Thüringer Allgemeinen die Einstellung des Strafsenats ab: „Wenn rechtlich zulässig, wird das Gericht einen weiten Spielraum nutzen“, um Hinweise auf Schuld oder Unschuld der Angeklagten zu finden. Schließlich handle es sich beim NSU-Verfahren um einen Indizienprozess.

Ebenfalls als Zeugin geladen war eine Frau aus dem Eisenacher Viertel Stregda, die Beate Zschäpe zwei Tage nach dem Selbstmord von Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt vor ihrem Haus gesehen haben will. Zschäpe hätte demnach den Ort aufgesucht, an dem ihre Kameraden den Tod gefunden hatten. Die Zeugin bemerkte die Frau, weil sie ortsfremd war und eigenartig wirkte. „Diesen kurzen Moment eines Aufmerkens, eines Störgefühls, einer Irritation in Worte zu fassen, fällt der Zeugin nicht leicht“, resümiert Gisela Friedrichsen auf Spiegel Online. Der Besuch könne als Zeichen der Verbundenheit Zschäpes zu den Männern gesehen werden. „Auch so etwas könnte der Senat angesichts einer schweigenden Angeklagten im Sinn der Anklage bewerten.“

Die für Donnerstag geplante Aussage von Zschäpes Großmutter Anneliese A. fällt ersatzlos aus. Wie das Oberlandesgericht mitteilte, meldete sich die Zeugin krank. Da sie angekündigt hatte, als Angehörige die Aussage zu verweigern, wird die 90-Jährige nicht erneut nach München beordert.

Das nächste Medienlog erscheint am Donnerstag, 10. Juli 2014.