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Zwei V-Männer im Revierkampf – Das Medienlog vom Donnerstag, 13. November 2014

 

Am Mittwoch sagte der ehemalige bayerische V-Mann Kai D. aus, der in Franken eine einflussreiche Neonazi-Organisation aufgebaut hatte. Damals pflegte er Kontakt zu Tino Brandt, dem Gründer des Thüringer Heimatschutzes, Wegbegleiter des NSU-Trios und ebenfalls Spitzel. Thema war die Radikalisierung der rechten Szene in Thüringen – für die D. seinen früheren Freund Brandt verantwortlich machte. „Beispiele blieb der Mann aus Oberfranken aber schuldig“, beobachtet Tim Aßmann vom Bayerischen Rundfunk.

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D. nannte unter anderem, dass Brandt seine Kameraden angestachelt habe, einen Streifenwagen mit Bierflaschen zu bewerfen und dass einmal jemand aus der Truppe von Schießübungen gesprochen hatte. Ansonsten äußerte er sich überaus wortreich: „Dem Vorsitzenden Richter Manfred Götzl schienen das selbstgerechte Gerede und das ausweichende Antwortverhalten des Zeugen zunehmend auf die Nerven zu gehen“, schreibt Aßmann.

Fraglich ist, wie viel an den Vorwürfen gegen Brandt wahr ist: „Tatsächlich blitzen in den Aussagen beider Männer die Spuren eines heftigen Revierkampfes innerhalb der rechten Szene auf“, analysieren wir auf ZEIT ONLINE. Denn Brandt schickte sich Mitte der neunziger Jahre an, in Franken eine weitere rechtsextreme Organisation aufzubauen – und damit im Einflussgebiet von D. Der Zeuge vermutete den Verfassungsschutz hinter der Initiative. Dafür gibt es jedoch keine Belege.

Dass der Verfassungsschutz Einfluss auf die Szene hatte, ist indes unbestritten: Wie Brandt war D. ein V-Mann, den der Geheimdienst „an Knotenpunkte der militanten rechten Szene geschleust hatte“, schreibt Andreas Förster in der Berliner Zeitung. So habe er versucht, die Bewegung „zu steuern und zu kontrollieren“ – jedoch ohne Erfolg.

Vor D. sagte ein Beamter des Bundeskriminalamts aus. Er hatte sich mit dem Fall des mutmaßlichen NSU-Unterstützers Jan W. beschäftigt, der den Auftrag gehabt haben soll, dem NSU-Trio eine Waffe zu beschaffen. Dabei hatte sich der Beamte jedoch darauf beschränkt, Ermittlungen von Kollegen zusammenzufassen und trug sein Wissen auswendig vor. Die Befragung wurde „zu einem Fest für die Verteidigung“, kommentiert Gisela Friedrichsen auf Spiegel Online. Schließlich musste der Zeuge zugeben, dass er eigene Schlussfolgerungen in seine Aussage hatte einfließen lassen.

Das nächste Medienlog erscheint am Freitag, 14. November 2014.