Fast sieben Jahre lang lebten Beate Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt in der Polenzstraße 2 in Zwickau. Vor den Nachbarn erhielt Zschäpe die Fassade einer harmlosen Wohngemeinschaft aufrecht, während die Männer mordend durchs Land zogen – so der Vorwurf der Bundesanwaltschaft. Wie Zschäpe und ihre Komplizen vor den nichts ahnenden Anwohnern wirkten, fand das Gericht durch die Zeugenaussagen zweier ehemaliger Nachbarn heraus. Auffällig war die Einlassung von Sindy H.: Trotz schwerer Vorwürfe gegen Zschäpe „scheint sich an ihrem Blick auf das damalige Leben in der Polenzstraße nichts Wesentliches geändert zu haben“, beobachtet Björn Hengst auf Spiegel Online. Sprich: Die Fassade wirkt bis heute.
An jedem Werktag sichten wir für das NSU-Prozess-Blog die Medien und stellen wichtige Berichte, Blogs, Videos und Tweets zusammen. Wir freuen uns über Hinweise via Twitter mit dem Hashtag #nsublog – oder per E-Mail an nsublog@zeit.de.
Zschäpe war den Nachbarn unter ihrem Tarnnamen Lisa Dienelt bekannt. Mundlos stellte sie als ihren Freund vor, der angeblich so viel verdiente, dass sie selbst nicht arbeiten musste. Tatsächlich, das ist heute bekannt, finanzierte sich das Trio mit Banküberfällen. Die Legende, die Sindy H. vor Gericht wiedergab, passte damit in die Darstellung der Anklageschrift – auch wenn die Zeugin beteuerte, sie könne sich Zschäpe nicht als Täterin vorstellen. „Vielmehr bestätigen ihre Schilderungen teilweise die Anklage“, schreibt Hengst.
Auch kuriose Details kamen zur Sprache: So verbot Mundlos Zschäpe offenbar, Döner zu essen – eine Regel, die die Hauptangeklagte in dessen Abwesenheit regelmäßig brach. Auch über ihr Sexleben offenbarte sich Zschäpe der Nachbarin, berichtet Eckhart Querner vom Bayerischen Rundfunk.
Der Mitangeklagte Ralf Wohlleben muss nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs in Untersuchungshaft bleiben. So entschieden die Karlsruher Richter bereits im Februar, nun griffen auch Medien das Thema auf. Seine Verteidiger scheiterten mit einer Beschwerde gegen eine vorige Entscheidung des Strafsenats am Münchner Oberlandesgericht. „Damit müssen der Angeklagte und seine Anwälte eine weitere Niederlage hinnehmen“, kommentiert Frank Jansen im Tagesspiegel. Auch für eine mögliche Revision nach dem Urteil stünden die Chancen schlecht. Eine Entlassung verwarfen die Richter, weil sie fürchten, dass Wohlleben flüchtet.
Neue Details zum Fall des toten Neonazis Florian H.: Er hatte den Ermittlern von einer Gruppe berichtet, die mit dem Mord an der Polizistin Michèle Kiesewetter von 2007 in Heilbronn zu tun haben soll. Er beging nach offiziellen Angaben 2013 Selbstmord durch Verbrennen in seinem Auto. Nun wurden im Stuttgarter Untersuchungsausschuss weitere „erstaunliche Mängel in der Polizeiarbeit“ aufgedeckt, wie Jan Friedmann auf Spiegel Online berichtet.
Wie sich herausstellte, lagen im Auto des Toten etliche Gegenstände, die die Polizei anscheinend ignoriert hatte – dazu gehören eine Pistole und eine Machete. Der Gremiumsvorsitzende Wolfgang Drexler kam angesichts dieser Fakten zu einem klaren Schluss: Offenbar sei die Polizei nur den Belegen für einen Suizid von H. nachgegangen.
Das nächste Medienlog erscheint am Montag, 23. März 2015.