Beate Zschäpe hat ausgesagt – und sich damit gegen den Willen ihrer drei Altverteidiger durchgesetzt, die ihre Aussage verhindern wollten. Das zumindest behauptet die Hauptangeklagte in ihrem Schreiben an Richter Manfred Götzl vom 18. Dezember. Es ist ein weiterer Beleg dafür, wie sehr Anwälte und Mandantin einander misstrauen. „Doch darauf kommt es nicht an. Die drei Verteidiger haben das Verfahren zu sichern“, kommentiert Gisela Friedrichsen auf Spiegel Online.
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Im NSU-Prozess, schreibt Friedrichsen, stelle sich so erneut exemplarisch die Frage nach der Rolle von Pflichtverteidigern. Als solche sitzen die Altanwälte Wolfgang Heer, Wolfgang Stahl und Anja Sturm im Verfahren. „Was ist die Aufgabe eines Verteidigers? Dem Angeklagten seinen Willen zu lassen – oder ihn vor Schaden zu bewahren?“
Mit dem Schreiben will Zschäpe einen erneuten Entlassungsantrag gegen die drei Stammanwälte bekräftigen. Ihr neuer Verteidiger Mathias Grasel hatte ihn direkt nach Zschäpes Aussage vom 9. Dezember gestellt. Auf ihren Vorschlag, auszusagen, bekam sie dem dreiseitigen Brief zufolge als Antwort: „Sind Sie irre, Frau Zschäpe?“ Die Verteidiger hätten Diskussionen über das Thema „im Keim erstickt“ und von „prozessualem Selbstmord“ gesprochen. Während der Aussage habe sie bei Heer, Stahl und Sturm „abfällige Gesten“ beobachtet, die sie als „bewusst schädigend“ wahrgenommen habe.
Tanjev Schultz von der Süddeutschen Zeitung kommentiert, dass sich Zschäpe mit dem Brief „mal wieder als Opfer“ darstelle. Auch bezüglich ihrer Zeit im Untergrund bezeichnete sie sich als Opfer ihrer Komplizen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt. Das verrate etwas über ihren Charakter. Zudem mache sie sich wohl Hoffnungen, die späte Aussage zahle sich noch für sie aus. „Auch deshalb ist es für die Angeklagte so wichtig zu behaupten, sie habe ja stets reden wollen, man habe sie nur nicht gelassen.“
Das nächste Medienlog erscheint am Dienstag, 29. Dezember 2015.