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So soll der NSU-Prozess torpediert werden – Das Medienlog vom Freitag, 5. Februar 2016

 

Der bemerkenswerteste Abschnitt des 259. Prozesstags war eine zweistündige Pause: Die hatten sich die Verteidiger des Mitangeklagten Ralf Wohlleben erbeten, um erneut Befangenheitsanträge gegen die NSU-Richter Manfred Götzl und Michaela Odersky zu formulieren. Nach der Pause dann die knappe Mitteilung der Anwälte: Ihr Mandant habe es sich anders überlegt.

„Wieder verstrich ein Verhandlungstag, ohne dass der Prozess spürbar vorangekommen wäre“, meint Gisela Friedrichsen auf Spiegel Online dazu – und vermutet Methode dahinter: Wohlleben und der Hauptangeklagten Beate Zschäpe gehe es darum, in einer Art Torschlusspanik „den Prozess nach Kräften zu torpedieren“.

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An den zahlreichen Anträgen der vergangenen Wochen lasse sich ablesen, dass „die Phase der Sabotage des Verfahrens begonnen“ habe, schreibt Friedrichsen weiter. Sie fragt sich nach dem Sinn dieses Vorgehens: „Sollen der Vorsitzende oder der Senat so lange provoziert werden, bis ihnen ein Fehler unterläuft, der dann eventuell den Prozess gefährdet?“ Es sei zweifelhaft, was die Angeklagten davon hätten, wenn das Verfahren neu aufgerollt würde.

„Durch den wahren Hagel an Befangenheitsanträgen verzögert sich der Prozess immer weiter“, schreibt Annette Ramelsberger von der Süddeutschen Zeitung, zudem werde die Lage im Verfahren zunehmend „unübersichtlicher“.

Zu einem Antrag der Wohlleben-Verteidigung kam es an diesem Prozesstag aber doch noch: Die Anwälte forderten, den früheren Vorsitzenden des NPD-Jugendverbands JN, Sascha Roßmüller, als Zeugen zu laden. Dieser soll über den Mitangeklagten Carsten S. aussagen. S. hatte sich in seiner Aussage zu Prozessbeginn als Befehlsempfänger von Wohlleben beschrieben – Roßmüllers Einlassung soll hingegen zeigen, dass S. damals nicht naiv und unreif war. „Dieser Vorstoß könnte Carsten S.‘ Hoffnung zunichte machen, nach Jugendrecht verurteilt zu werden“, merkt Ramelsberger an.

Eine Zusammenfassung der Redebeiträge des Sitzungstages liefert Christoph Arnowski vom Bayerischen Rundfunk.

Das nächste Medienlog erscheint am Montag, 8. Februar 2016.