Im NSU-Prozess wurde am Donnerstag ein Ermittler des Bundeskriminalamts befragt, der den Mitangeklagten Carsten S. zweimal vernommen hatte – nicht nur durch das Gericht, sondern auch durch S. selbst. S. hatte gestanden, dem NSU-Trio die Pistole überbracht zu haben, mit der neun Menschen erschossen worden sein sollen. Das Geld dafür habe ihm der ebenfalls angeklagte Ralf Wohlleben gegeben. Dieser bestritt das in seiner Aussage im vergangenen Dezember. Nun ging es um die wichtige Frage, in welchem Zusammenhang S. folgenden, im Protokoll seiner Vernehmung von damals festgehaltenen Satz sagte: „Ich kann mich nicht einmal konkret erinnern, dass ich das Geld von Wohlleben bekommen habe.“
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Der Satz drücke wohl „das Gegenteil dessen aus, woran sich S. nach eigenen Angaben noch heute ohne jeden Zweifel erinnert“, bilanziert Wiebke Ramm auf Spiegel Online.
S. habe den Beamten „fast flehentlich“ befragt — denn die Frage, die vor der rätselhaften Antwort des Verdächtigen gestellt wurde, ist nicht in dem Protokoll festgehalten. Schließlich stellte der Ermittler klar: In dem Gespräch machte S. deutlich, dass er sich lediglich nicht an Details der Geldübergabe erinnerte – aber noch an den Vorgang als solchen.
So hatte S. es auch mehrfach vor Gericht geschildert. „Das was für das Gericht am Ende wohl am meisten zählen wird, ist die Aussage von S. in der Hauptverhandlung“, merkt Julian von Löwis vom Bayerischen Rundfunk an. Die Richter hätten nun die Aufgabe seine Glaubwürdigkeit zu bewerten.
Das nächste Medienlog erscheint am Montag, 4. Juli 2016.