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Zwei neue Spuren im NSU-Prozess – Das Medienlog vom Donnerstag, 27. Oktober 2016

 

Der Fall Peggy Knobloch wird zum Thema im NSU-Prozess. Überraschend stellte Richter Manfred Götzl der Hauptangeklagten Beate Zschäpe am Mittwoch vier Fragen zu dem Mord, in dem eine Spur zum NSU-Mitglied Uwe Böhnhardt gefunden worden war. „Anhand des Falls Peggy will das Oberlandesgericht womöglich die Glaubwürdigkeit Zschäpes überprüfen“, mutmaßt Alf Meier vom Bayerischen Rundfunk. Denkbar sei jedoch auch, dass die Richter dem Vorwurf der Untätigkeit ausweichen wollen.

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Zschäpes Anwalt Hermann Borchert kündigte im Anschluss an, Antworten schriftlich zu formulieren und demnächst zu verlesen. Die Hauptangeklagte sei auf die Fragen vorbereitet gewesen, haben Annette Ramelsberger und Wiebke Ramm von der Süddeutschen Zeitung beobachtet. Sie beschreiben auch den Antrag der Nebenklageanwälte Mehmet Daimagüler und Seda Basay, der Zschäpes Komplizen Uwe Mundlos mit dem Fall in Verbindung bringt. Er könnte demnach Verfasser eines beleidigenden Briefes an Peggys Mutter sein. Über den Prozesstag berichtet auch Karin Truscheit von der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.

Die Fragen an die Angeklagte zeigen, „dass das Gericht einen Zusammenhang zwischen den Komplexen Peggy und NSU nicht für lebensfern hält“, heißt es bei uns auf ZEIT ONLINE. Wie breit das Thema tatsächlich behandelt wird, ist noch nicht absehbar – so dürften die Antworten „keine Überraschung bereithalten“. So ging es in den Fragen auch um einen Computer mit Kinderpornografie in der Zwickauer Wohnung des NSU. Beate Zschäpe könnte glaubwürdig abstreiten, Zugriff auf diesen gehabt zu haben.

Die Thüringer Allgemeine vergleicht die Komplexe NSU und Peggy in einer Grafik und einer Zeitleiste miteinander.

Ein weiterer Komplex des 317. Verhandlungstag war die mutmaßliche Ausspähung einer Berliner Synagoge durch Zschäpe, Mundlos und mehrere Begleiter im Mai 2000. Dazu ließ Zschäpe durch ihre Anwälte ausrichten, sie sei 2000 tatsächlich mit Mundlos und Böhnhardt in Berlin, nicht jedoch bei einer Synagoge gewesen. Als Zeuge sagte ein pensionierter Polizist aus, der Zschäpe und Mundlos damals gesehen haben will. Seine Erinnerungen widersprachen den damaligen Aussagen teilweise.

Für Frank Jansen vom Tagesspiegel ist gleichwohl klar: „Eine Spur der Terrorzelle ‚Nationalsozialistischer Untergrund‘ führt nach Berlin.“ Es bleibe der Verdacht, sie habe sich doch vor dem Gotteshaus aufgehalten zu haben. Auch Gisela Friedrichsen von der Welt meint, die Vermutung, dass Zschäpe sich an Ausspähungen beteiligte, „scheint sich nun belegen zu lassen“.

Das nächste Medienlog erscheint am Freitag, 28. Oktober 2016.