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Im Gerichtssaal spielt die Nazi-Musik – Das Medienlog vom Mittwoch, 30. November 2016

 

Auch das gehört zur Aufklärung des NSU-Falls: Im Gericht wurde am Dienstag ein Hetzlied mit dem Titel Türken raus der Band Böhse Onkelz abgespielt. Es wurde neben anderen extremistischen Musikstücken auf dem Computer des Mitangeklagten Ralf Wohlleben gefunden – und wirft daher die Frage auf, ob Wohllebens Eigenbeschreibung als entschlossener, aber friedlicher Nationalist korrekt ist. Das Liedgut stehe „im deutlichen Widerspruch zu Wohllebens Erklärung vor Gericht Ende 2015″, kommentiert Wiebke Ramm von der Süddeutschen Zeitung. Damals hatte er betont, er respektiere andere Völker.

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Wohllebens Verteidiger argumentieren, ihr Mandant habe Ausländer nicht gehasst und daher kein Motiv gehabt, dem NSU-Trio zu helfen. Er ist angeklagt, gemeinsam mit dem ebenfalls vor Gericht stehenden Carsten S. die Pistole Ceska 83 besorgt zu haben, mit der Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt neun Menschen erschossen.

„Wohlleben selbst will sich offenbar als wohlmeinender Patriot verstanden wissen, im seriösen Bereich rechts des konservativen Spektrums“, bilanzieren wir auf ZEIT ONLINE die bisherigen Aussagen des Angeklagten, die nicht deckungsgleich mit seinem Musikgeschmack scheinen. Dieser umfasst ausweislich seiner Sammlung „Hass und Hetze in Reinform“, von Friedfertigkeit und Dialog „weit entfernt“. Denkbar wäre demnach nun eine neue Befragung durch die Richter, die Wohlleben fragen könnten, wie er zum Thema Gewalt steht.

Vielen Vertretern der Nebenklage und Politikern geht die Aufklärung im NSU-Komplex nicht weit genug – vor allem, wenn es um die offenbar reichlich vorhandenen Unterstützer geht, auf die das Trio während seiner Zeit im Untergrund zählen konnte. Sie befürchteten zudem, dass Helfer der Gruppe straffrei ausgehen könnten, wie Stephanie Lahrtz von der Neuen Zürcher Zeitung berichtet. Problematisch sei: „Im Prozess in München wird dieser Aspekt bis jetzt kaum berücksichtigt.“ Die Sympathisanten von damals seien häufig weiter in der rechten Szene aktiv. Daher sei zu befürchten, „dass diese Personen auch derzeit aktiv gegen von ihnen zu Volksfeinden erklärte Menschen vorgehen könnten“.

Das nächste Medienlog erscheint am Donnerstag, 1. Dezember 2016.