Das psychiatrische Gutachten über Beate Zschäpe muss bis zum nächsten Jahr warten: Zschäpes Anwälte erreichten am letzten Prozesstag dieses Jahres einen Aufschub. Nachdem die Richter den Antrag der Verteidiger auf Abberufung des Sachverständigen Henning Saß ablehnten, stellten diese einen Befangenheitsantrag gegen den gesamten Strafsenat. Nun ruht das Verfahren über die Feiertage. Die Gründe der Ablehnung des Gesuchs gegen den Psychiater „glichen einer kalten Dusche für die Verteidigung“, meint Gisela Friedrichsen von der Welt. Der Expertise des Sachverständigen hätten die Anwälte wenig entgegenzusetzen, daher sei „der Misserfolg vorauszusehen“ gewesen.
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Jahr vier im NSU-Verfahren ende „mit erheblichen Dissonanzen zwischen dem Strafsenat und den Verteidigern Zschäpes“, stellt Marcel Fürstenau von der Deutschen Welle fest. Konrad Litschko von der taz hält das Prozedere des letzten Verhandlungstags für eine „Posse“. Denn: Der Antrag gegen die Richter kam von Zschäpes Altanwälten, mit denen die Angeklagte kein Wort mehr wechselt. Daraufhin beriet sie sich zunächst mit ihren zwei später hinzugekommenen Verteidigern, um sich das Gesuch schließlich zu eigen zu machen.
Für die drei Anwälte, die seit Prozessbeginn an Zschäpes Seite sind, „dürfte sich das fast wie ein Weihnachtswunder angefühlt haben“, merkt Annette Ramelsberger von der Süddeutschen Zeitung an. Nach rund anderthalb Jahren Funkstille gelang so – wenn auch ohne Wortwechsel – eine Kooperation mit der Mandantin.
Eigentlich sei dies jedoch „ein Zeichen der Verzweiflung im Zschäpe-Lager“, meint Ina Krauß vom Bayerischen Rundfunk. Es handle sich um eine der letzten Möglichkeiten, im Prozess noch etwas für Zschäpe zu tun. Bei der Einschätzung durch den Psychiater gehe es um viel. „Kein Wunder, dass ihre Pflichtverteidiger schwere Geschütze auffahren.“ Der Angeklagten drohen lebenslange Haft und durch das Gutachten zudem die Sicherungsverwahrung. Das könnte ein Lebensende im Gefängnis bedeuten.
Über die Bedeutung von psychiatrischen Gutachten und das Problem mit schweigenden Probanden spricht der Kriminalpsychologe Rudolf Egg im Deutschlandradio Kultur.
Das nächste Medienlog erscheint am Freitag, 23. Dezember 2016.