Insgesamt sechs Befangenheitsanträge der Anwälte von Beate Zschäpe und Ralf Wohlleben gegen die NSU-Richter standen im Raum – und wurden durch gestern ausgeteilte Beschlüsse sämtlich abgelehnt. Weiter offen ist allerdings der Antrag von Zschäpes Verteidigern auf ihre eigene Entlassung. „Wenn das Gericht sich heute mit diesem Antrag befasst hätte, wären wohl Alt- und Neuverteidiger auf offener Bühne aufeinandergetroffen“, mutmaßt Christoph Arnowski vom Bayerischen Rundfunk – dazu sei es jedoch genauso wenig gekommen wie zu inhaltlichen Fortschritten.
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„Das Zerwürfnis zwischen den beiden Verteidigerteams von Zschäpe, das zuletzt hinter den Kulissen für Wirbel gesorgt hatte, war am Mittwoch kein Thema im Gerichtssaal“, schreibt Wiebke Ramm von der Süddeutschen Zeitung. Auf ZEIT ONLINE beschäftigen wir uns mit dem Hintergrund dieses Streits, den Zschäpe selbst ausgelöst hat. „Dass die drei Altverteidiger unverdrossen weitermachten, sich in ihren Zielen nicht beirren ließen, dürfte die Angeklagte geärgert haben“, sodass sich Zschäpe danach sehnte, ein Stück Kontrolle zurückzuerlangen. Das gelang ihr, indem sie mehrere Befangenheitsanträge ihrer Verteidiger eigens zurücknahm. Klar ist demnach: „Die Verweigerung ihres Segens ist nichts anderes als ein Manöver im verteidigungsinternen Führungskampf.“
Wie Annette Ramelsberger von der Süddeutschen Zeitung berichtet, hat sich Zschäpe im Streit unter ihren Verteidigern gestern erneut in einem Brief an das Gericht gewandt und die Entpflichtung ihrer Altverteidiger gefordert – wie es die Anwälte selbst bereits getan hatten.
Bewegung komme indes in die Auseinandersetzung mit der Frage nach dem weiteren Umgang mit dem psychiatrischen Gutachten über Zschäpe: Nach Ostern soll der Bochumer Professor Pedro Faustmann aussagen, der sich methodenkritisch mit dem Gutachten des vom Gericht bestellten Psychiater Henning Saß befasst hat. Beauftragt haben ihn Zschäpes Altanwälte. Ebenfalls geladen werden könnte der Freiburger Psychologe Joachim Bauer, mit dem Zschäpe mittlerweile gesprochen hat – anders als mit Gutachter Saß. Die mögliche Folge: „Zschäpes Seele ist noch für viele Verhandlungstage gut“, bilanziert Autorin Ramelsberger.
Das nächste Medienlog erscheint am Freitag, 31. März 2017.