Die Bundesanwaltschaft hat in der vergangenen Woche mit ihrem Plädoyer begonnen. Ihr Fazit stößt jedoch auf Widerspruch – insbesondere die These, dass der NSU nur aus den drei Mitgliedern Beate Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt bestand. Gegen diese Ansicht hatten sich die Anwälte der Opfer und Angehörigen stets verwahrt.
Alexander Hoffmann sagte, die Vertreter des Generalbundesanwalts ignorierten die Beweislage. Sein Kollege Yavuz Narin warf ihnen vor, sie hätten „die Beweisaufnahme immer wieder blockiert“. Die Anwältin Seda Basay-Yildiz stört sich insbesondere daran, dass Bundesanwalt Herbert Diemer keine Hinweise auf eine Mitverantwortung des Staats sieht. „Eine solche Argumentation ist für uns nicht nachvollziehbar“, sagte sie heute.de.
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Der Deutschlandfunk befragte den Anwalt Thomas Bliwier. Er ist der Meinung, „dass die Bundesanwaltschaft in ihrem Schlussvortrag den Staat, den Verfassungsschutz von jeder Mitverantwortung freisprechen möchte“. Die Verantwortung staatlicher Stellen sei sehr wohl Thema eines Strafprozesses. Richter Manfred Götzl, der viele Beweisanträge mit entsprechendem Ziel abgelehnt hatte, habe seine Aufgabe dennoch gut gemacht.
Konrad Litschko von der taz hat Yvonne Boulgarides begleitet, die Witwe des 2005 in München erschossenen Theodoros Boulgarides. Das Ergebnis, das auch die NSU-Ombudsfrau Barbara John stützt: Die Hinterbliebenen sind von Ermittlungen und Prozess enttäuscht. Zudem ist das Münchner Verfahren, das bereits seit mehr als vier Jahren andauert, für die Opferangehörigen ermüdend. Sie hoffen auf ein baldiges Ende.
Womit sich der NSU-Prozess beschäftigen muss, ist eine kontroverse Frage. Im Deutschlandfunk erinnert Holger Schmidt an die rechtlich vorgeschriebenen Inhalte: die Frage nach Schuld oder Unschuld der Angeklagten sowie die Strafe. „Alles andere wäre ein politischer Prozess.“ Diesem Anspruch werde auch das Plädoyer gerecht.
Das nächste Medienlog erscheint am Dienstag, 1. August 2017.