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Haftbefehl für Mitangeklagten André E. – Das Medienlog vom Donnerstag, 14. September 2017

 

Richter Manfred Götzl hat am Mittwoch entschieden: Der Mitangeklagte André E. wird in Untersuchungshaft genommen. Damit folgte Götzl dem Antrag der Bundesanwaltschaft, die bei E. Fluchtgefahr sieht. Grund: Die überraschend hohe Forderung von zwölf Jahren Haft unter anderen wegen Beihilfe zum Mord, die Bundesanwalt Herbert Diemer am Vortag gestellt hatte. Laut Anklage hatte E. dreimal Wohnmobile für den NSU gemietet – mit einem davon fuhren Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt zum Kölner Bombenanschlag von 2001.

Die Entscheidung ist ein Ausblick auf das zu erwartende Urteil. „Der NSU-Prozess könnte für André E. bitter ausgehen“, schreibt etwa Konrad Litschko von der taz. Seine Strategie, als einziger Angeklagter bis zum Ende des Prozesses zu schweigen, „könnte nun nach hinten losgehen“.

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Bislang präsentierte sich E. im Prozess stets betont lässig und vom Geschehen unbeeindruckt, beobachtet Julia Jüttner auf Spiegel Online: „Er erschien zu jedem der 382 Verhandlungstage: überpünktlich, mit Sonnenbrille, betont gut gelaunt.“ Künftig betritt er den Gerichtssaal nicht mehr durch den Vordereingang, sondern von den sogenannten Vorführzellen aus.

Auch für den Angeklagten Ralf Wohlleben hatten die Anklagevertreter zwölf Jahre Haft beantragt – er sitzt allerdings schon seit sechs Jahren in Untersuchungshaft. E. steht seine gesamte Haftstrafe, wenn sie verhängt wird, noch bevor. Über den Haftbefehl berichten auch die Süddeutsche Zeitung und der Tagesspiegel.

Hier bei ZEIT ONLINE blickt Kolumnistin Mely Kiyak auf das Plädoyer vom Dienstag zurück. Dabei blickt sie insbesondere auf die Hauptangeklagte Beate Zschäpe, die nach dem Willen der Bundesanwaltschaft lebenslang in Haft und in Sicherungsverwahrung soll: „Wie gerne wüsste man, ob sie tief in ihrem Inneren findet, ob es sich gelohnt hat.“ Die Autorin fragt sich auch: „Wie lebt es sich damit, dass man in seinem Leben ganz woanders stehen könnte, wenn man nicht gemeint hätte, dass man persönlich verantwortlich sei für den ‚Erhalt der deutschen Nation‘, was das vorrangige Motiv der Morde ist.“ Ihr Antrieb sei rätselhaft geblieben – ebenso wie die rechtsextremen Strukturen, durch die der NSU gedeihen konnte.

Das Aufklärungsversprechen, das Bundeskanzlerin Angela Merkel 2012 gegeben hatte, sei nicht eingelöst worden, kommentiert auch Jan Rübel in den Yahoo-Nachrichten. Verantwortlich seien dafür auch die Vertreter der Anklage: „Die Bundesanwaltschaft hat das Licht ausgemacht.“ Zwar sei eine Verdeckungsabsicht des Staats nicht bewiesen, „nur machten sich der Staat und seine Vertreter keine Mühe, den Eindruck der Vertuschung zu zerstreuen“. Zu erwarten sei, dass sich ein Fall ähnlich dem des NSU-Terrors wiederholen kann.

Das nächste Medienlog erscheint am Freitag, 15. September 2017.