Bislang folgten alle Plädoyers der Nebenklageanwälte einer klaren Linie: Sie stellten Fehler des Staats heraus und bezeichneten Beate Zschäpe und die anderen Angeklagten als uneingeschränkt schuldig. Am Dienstag durchbrach die Anwältin Angela Wierig dieses Muster und brachte „so manchen Prozessbeobachter zum Staunen“, wie Alf Meier vom Bayerischen Rundfunk berichtet.
Wierig sagte unter anderem, dass die Beweislage zu dem Mitangeklagten Ralf Wohlleben nicht so eindeutig sei wie gemeinhin angenommen. Zudem kritisierte sie die anderen Opfervertreter für ihre These des institutionellen Rassismus. Hinzu kamen Ausführungen zur historischen Verantwortung der Deutschen in Bezug auf den Nationalsozialismus.
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„Es sind unerwartete Sätze“, schreibt dpa-Autor Christoph Lemmer über den Vortrag der Anwältin, die die Schwester des 2001 in Hamburg ermordeten Süleyman Taşköprü vertritt. „Zschäpes Rolle sieht sie dagegen viel schwerwiegender als alle anderen Redner bisher.“ Diese sei nicht nur gleichberechtigtes Mitglied des NSU-Trios gewesen, sondern dessen „Mastermind“.
Danach gerät das Plädoyer der Nebenklagevertreterin zu einer Verteidigungsrede für den Angeklagten Wohlleben. Rechtsanwältin Wierig muss dazu die belastenden Aussagen des Angeklagten Carsten S. in Zweifel ziehen. #nsu
— NSU Watch (@nsuwatch) December 12, 2017
Wierig bringt in einem wilden Ritt u. a. die Schleyer-Entführung und den „Fall Barschel“ gegen den von der Nebenklage erhobenen Vorwurf des institutionellen Rassismus in Stellung. #nsu
— NSU Watch (@nsuwatch) December 12, 2017
Den offenen Fragen im NSU-Komplex widmet sich ein weiterer Text des Bayerischen Rundfunks. Zum größten Teil geht es dabei um die Rolle der Geheimdienste.
Dem Thema „Bildgeschichtliche Verantwortung im NSU-Prozess“ widmet sich der Fotojournalist Kaveh Rostamkhani in einem Blogbeitrag. Er kommt zu dem Urteil, dass die Bebilderung des Verfahrens in den Medien „banal“ sei: „Es ist geradezu bizarr, dass Bilder von Beate Zschäpe die Berichterstattung über diese Phase des Prozesses dominieren, während ihre einzige Handlung an dem gesamten beschriebenen Prozesstag das Öffnen eines Tetrapaks Wasser war.“
Das nächste Medienlog erscheint am Donnerstag, 14. Dezember 2017.