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Ein Plädoyer mit wenig Chancen

 

Maximal zehn Jahre: Diese Strafe forderten Beate Zschäpes Vertrauensanwälte Hermann Borchert und Mathias Grasel in ihrem Plädoyer, das am Donnerstag nach drei Tagen zu Ende ging. Demnach ist Zschäpe lediglich der Beteiligung an den Raubüberfällen des NSU und der besonders schweren Brandstiftung am Zwickauer Unterschlupf des Trios schuldig.

Mit Rückblick auf den Prozess bleiben im Gedächtnis vor allem die extrem scharfen Angriffe von Wahlverteidiger Borchert gegen die Bundesanwaltschaft, der er immer wieder eine einseitige, ergebnisgeleitete Beweisauslegung vorwarf. „Mit einer Schimpfkanonade das Ohr eines Gerichts gewinnen zu wollen, ist gewagt“, kommentiert Gisela Friedrichsen in der Welt. Richter Manfred Götzl sei sein Unwillen ob dieser Worte anzusehen gewesen. Aspekte, die seine Darstellung widerlegen können, habe er außen vor gelassen. Auch habe Anwalt Borchert aber keine alternative Sichtweise auf die Beweislage geliefert. Friedrichsen resümiert, dass die Meinung der Anklagebehörde, die lebenslange Haft gefordert hatte, keineswegs abwegig sei.

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Frank Jansen vom Tagesspiegel hält es für unsicher, dass es zu einer milden Strafe kommt. Denn „der Strafsenat unter Vorsitz von Manfred Götzl hat bislang keine Zweifel an der Anklage der Bundesanwaltschaft erkennen lassen“. Davon ließen sich Borchert und Grasel aber nicht beeindrucken: „Ihre Auslegung entspricht ziemlich genau nur den Tatsachen, die sich selbst mit einem Höchstmaß an Kreativität nicht verleugnen lassen, weil die Beweislage eindeutig ist“, heißt es auf ZEIT ONLINE. „Im Vergleich zu dem Terror, der die Bundesrepublik aus den Angeln heben sollte, sind diese Delikte bloß der kleine Rest.“

Der Teil des Plädoyers, den Grasel übernahm, hob sich durch Sachlichkeit deutlich von Borcherts Passagen ab. „Und es sind Worte, die Zweifel schüren an den Ausführungen der Bundesanwaltschaft“, meint Julia Jüttner von Spiegel Online dazu.

Eine Zusammenfassung des Tages liefern auch der Bayerische Rundfunk und die Süddeutsche Zeitung.

Das nächste Medienlog erscheint am Montag, 30. April 2018.