Lesezeichen
‹ Alle Einträge

Der NSU-Prozess: ein Selbstzweck? – Das Medienlog vom Montag, 7. Mai 2018

 

Am 6. Mai 2018 jährte sich der NSU-Prozess zum fünften Mal. Für Prozessbeobachter ist diese lange Dauer eher weniger das Problem – schwerer wiegt, dass das Verfahren mitunter nur schwerlich vorankommt und dass noch immer viele Fragen offen sind.

Die Beteiligten würden „zermürbt von der Maschinerie eines Großprozesses, der zum Selbstzweck geworden zu sein scheint“, kommentiert Annette Ramelsberger von der Süddeutschen Zeitung. Sie „verlieren sich in juristischem Kleinklein, sie ächzen unter sinnlosen Befangenheitsanträgen und endlosen Unterbrechungen“.

An jedem Werktag sichten wir für das NSU-Prozess-Blog die Medien und stellen wichtige Berichte, Blogs, Videos und Tweets zusammen. Wir freuen uns über Hinweise via Twitter mit dem Hashtag #nsublog – oder per E-Mail an nsublog@zeit.de.

Gleichwohl gehöre der Prozess zu den Meilensteinen der bundesdeutschen Prozessgeschichte. Seine Bedeutung werde nach all der Kritik noch deutlich: „Er hat den Blick der Gesellschaft dahin gerichtet, wo es wehtut; dorthin, wo die Mehrheit jahrelang nicht hinschauen wollte.“

Die Angehörigen der zehn Mordopfer haben nicht erfahren, wie der NSU seine Todesopfer ausgesucht hat. „Diese quälende Ungewissheit hätte nach Überzeugung aller Nebenkläger vor allem eine beenden können: Beate Zschäpe“, merkt Marcel Fürstenau von der Deutschen Welle an. Doch nicht sie allein sei für diesen blinden Fleck verantwortlich, sondern auch der Verfassungsschutz, wie die Nebenklageanwältin Antonia von der Behrens vorbringt.

Wir bei ZEIT ONLINE haben das Verfahren in Zahlen vermessen: Seine Kosten, seine Teilnehmer, seine Besucher. So kommen im Schnitt 57 Besucher pro Tag in das Verfahren – Beleg für ein weiterhin ausgeprägtes Interesse an der Aufarbeitung der rechtsterroristischen Verbrechen.

„Eigentlich unmittelbar vor dem Abschluss“ stehe der Prozess, schreiben die dpa-Autoren Christoph Trost und Christoph Lemmer. Die derzeit laufenden Plädoyers der Verteidigung sind der letzte Schritt vor dem Urteil. „Kurz nach Pfingsten sollen sämtliche Plädoyers beendet sein – wenn nichts dazwischenkommt“, heißt es.

Im Interview mit dem Münchner Merkur äußert sich der Nebenklageanwalt Yavuz Narin. Er echauffiert sich, die Verteidiger der Angeklagten versuchten, „das Verfahren mit allen Mitteln zu verschleppen und zu torpedieren“. Er rechne allerdings damit, dass Beate Zschäpe zu lebenslanger Haft verurteilt wird.

Das nächste Medienlog erscheint am Dienstag, 8. Mai 2018.