Lesezeichen
‹ Alle Einträge

Starker Auftakt von Zschäpes Verteidiger – Das Medienlog vom Mittwoch, 6. Juni 2018

 

Beate Zschäpe soll freigelassen werden – das forderte ihr Anwalt Wolfgang Heer beim Beginn des Plädoyers der Altverteidiger für die Hauptangeklagte. Mindestens bis Donnerstag wollen er und seine Kollegen Wolfgang Stahl und Anja Sturm ihren Schlussvortrag halten, obwohl Zschäpe ihnen bereits vor Jahren das Misstrauen ausgesprochen hat und kein Wort mehr mit ihnen wechselt.

Heer beantragte, Zschäpe nur wegen Brandstiftung schuldig zu sprechen und alle Anklagepunkte zu den terroristischen Taten des NSU zu verwerfen. „Die einzige Überlebende des sogenannten NSU-Kerntrios dürfte am Dienstag sehr zufrieden gewesen sein mit ihren Pflichtverteidigern“, bilanziert Andreas Förster in der Berliner Zeitung. Heers Vortrag sei „eine starke Einleitung“ gewesen. Seine Argumente könnten „vom Gericht nicht so leicht beiseitegeschoben werden“.

An jedem Werktag sichten wir für das NSU-Prozess-Blog die Medien und stellen wichtige Berichte, Blogs, Videos und Tweets zusammen. Wir freuen uns über Hinweise via Twitter mit dem Hashtag #nsublog – oder per E-Mail an nsublog@zeit.de.

Als deutlich schwächer bewertet Frank Jansen vom Tagesspiegel den Vortrag: „Heer will nun retten, was aus seiner Sicht noch zu retten ist.“ Die Verteidiger „versuchen, das Bestmögliche für die Angeklagte herauszuholen“. Zu erkennen sei, dass die drei „ihre Aufgabe ernst nehmen“, schreiben Annette Ramelsberger und Wiebke Ramm in der Süddeutschen Zeitung. Dennoch würden ihre Worte „das Gericht vermutlich genauso kühl lassen wie alle Befangenheitsanträge und Gegenvorstellungen der Verteidigung in den fünf Jahren zuvor“.

Der Vortrag war „Heers persönliches Best-of“, die logische Zusammenfassung aller Kritikpunkte, die die Altanwälte im Laufe des Prozesses zuvor angebracht hatten, heißt es bei uns auf ZEIT ONLINE. „Es klingt nach echter Empörung, weniger nach rhetorischer Kraftmeierei.“ Dabei rechtfertigte er jedoch auch die eigene Verteidigungsstrategie, die vorsah, dass Zschäpe nicht aussagen, sondern eisern schweigen sollte.

Die Anwälte hätten sich „weiter mit Elan für Zschäpe ins Zeug“ gelegt, kommentiert Marcel Fürstenau von der Deutschen Welle. Ihr Plädoyer erscheine „keinesfalls weltfremd“, weil die Beweislage „zwar erheblich, aber nicht erdrückend“ sei. Andere Teile des Schlussvortrags seien weniger logisch. Mit der Forderung, Zschäpe nur wegen Brandstiftung zu verurteilen und sie sofort freizulassen, würden ihre Vertreter „keinen Erfolg haben“.

Wie sich die anderen Angeklagten im Verfahren von ihren Anwälten haben verteidigen lassen, listet die Süddeutsche in einem Überblick auf.

Das nächste Medienlog erscheint am Donnerstag, 7. Juni 2018.