Der NSU-Prozess ist so gut wie beendet, nur noch das Urteil fehlt. In einer Woche soll es verkündet werden. Am Dienstag sprachen die Angeklagten ihre letzten Worte in dem Verfahren. Besonderen Widerhall fanden die Äußerungen von Beate Zschäpe, die sich in einem fünfminütigen Statement von den Taten und dem Gedankengut des NSU distanzierte, sich bei den Opfern und Hinterbliebenen entschuldigte – und sich wie zuvor als nicht schuldig für die Verbrechen bezeichnete.
„Zschäpes angebliche Loslösung von der rassistischen Ideologie des NSU bleibt ein Lippenbekenntnis“, kommentiert dazu Martín Steinhagen in der Frankfurter Rundschau. Von der rechten Szene habe sie sich nicht erkennbar losgesagt: „Kein Ausstieg ohne Auspacken.“ Dass sie sich nur selektiv geäußert hatte, mache sie unglaubwürdig.
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Zschäpe habe sich „kühl und geschäftsmäßig“ geäußert, selbst, als sie auf eine Frage antwortete, die ihr die Nebenklägerin Ayse Yozgat gestellt hatte, beobachtet Gisela Friedrichsen in der Welt. Relevantes habe sie kaum gesagt: „In fünf Minuten kann man vieles sagen. Aber für die Beantwortung jener Fragen, die für die Angehörigen der NSU-Opfer von existenzieller Bedeutung sind, reichen sie nicht.“
Auf ZEIT ONLINE schreiben wir, Zschäpe wolle in ihren letzten Worten „noch einmal Opfer sein dürfen“ und stilisiere sich entsprechend. Auch liefere sie keine Erklärung, warum sie mit ihren Äußerungen im Prozess so lange gewartet hatte: „Wer etwas zu sagen hat und sich zumindest moralisch schuldig fühlt, wie Zschäpe behauptet, für den gibt es keinen Grund zu warten.“ Die Annahme, sie könne in fünf Minuten das Bild der Öffentlichkeit von sich selbst wenden, sei „Fantasterei“.
Das Opfergebaren sei „unerträglich angesichts der wahren Opfer des NSU“, findet Thomas Krause von stern.de. Der Vortrag sei „ihr Versuch, ein mildes Urteil zu erwirken. Das ist legitim. Aber nicht aufrichtig.“
Bernd Peters vom Kölner Express nennt das Schlusswort ein „Gequatsche von der Ahnungslosigkeit“. Derselben Taktik hätten sich auch die Täter des NS-Regimes bedient.
Im Wortlaut wird Zschäpes Aussage in einer Abschrift der Süddeutschen Zeitung wiedergegeben.
Mehrere Kommentatoren beschäftigen sich bereits mit der Frage, wie es nach dem Urteil im NSU-Prozess weitergehen wird. „Leider ist jetzt schon absehbar, dass es in doppelter Hinsicht keinen Rechtsfrieden bringen wird“, schreibt Christian Gottschalk von den Stuttgarter Nachrichten. Zum einen, weil die Verteidiger alles versuchen würden, um den Richterspruch kassieren zu lassen, zum anderen, weil das Versagen der Behörden nicht aufgearbeitet worden sei. René Heilig vom Neuen Deutschland wähnt gar eine Wiederholung des rechtsextremen Terrors: „Wie lange wird es dauern, bis NSU-Nachfolger ihre Waffen durchladen? Und wer hat dann das letzte Wort?“
Über den Prozesstag berichten auch der Tagesspiegel, die Deutsche Welle und Spiegel Online.
Das nächste Medienlog erscheint am Donnerstag, 5. Juli 2018.