Die Bundesanwaltschaft hat am Donnerstag ihr Plädoyer fortgesetzt. Dabei betonten die Anklagevertreter wie am Tag zuvor die Rolle von Beate Zschäpe für den NSU. Sie ist als Mittäterin der Gewaltserie angeklagt.
Die Schlussfolgerungen, vorgetragen von der Oberstaatsanwältin Anette Greger, seien zwar nicht in allen Punkten unstrittig, schreibt Thies Marsen vom Bayerischen Rundfunk – doch es sei spannend, wie die Anklage „die Rolle der Hauptangeklagten herausarbeitet und damit den Tatvorwurf, dass Beate Zschäpe für all die Verbrechen des NSU mitverantwortlich war, nach und nach immer stärker unterfüttert“. Denn den Staatsanwälten gelinge es, „ein sehr nachvollziehbares Bild“ zu zeichnen, dass jemand, der an keinem Tatort war, trotzdem eine entscheidende Rolle in der rechtsextremen Serie spielen konnte.
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Entscheidend war für diese Schlussfolgerung auch, dass Zschäpes mittlerweile tote Komplizen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt die Taten nicht vor ihr verheimlichten, wie die Bundesanwaltschaft aus den Ergebnissen der Beweisaufnahme geschlossen hat. Tatsächlich „teilte Zschäpe mit Mundlos und Böhnhardt nicht nur ihr Leben, sondern auch ihr rassistisches Weltbild“ und trug daheim ihren Teil zu den Morden, Anschlägen und Rauben bei, wie Wiebke Ramm von der Süddeutschen Zeitung resümiert. Die Verteidigung der Hauptangeklagten ist von den detaillierten Ausführungen offenbar alarmiert: Ihr Wahlverteidiger Hermann Borchert will ihnen später ein ausführliches Plädoyer entgegenstellen, habe er angekündigt.
Auch in die Waffenbeschaffung war dem Plädoyer zufolge jedes der drei NSU-Mitglieder eingebunden. So besaß das Trio auch einen Schießapparat für eine Maschinenpistole, der aus einer Holzkiste und einer Zielvorrichtung bestand – ein Aspekt, den Kai Mudra in der Thüringer Allgemeinen hervorhebt.
Details aus der Wohnung der drei sind „ein Blick in das Innenleben des NSU, geronnen aus Zeugenvernehmungen, Dokumenten und anderen Beweisen“, wie wir von ZEIT ONLINE schreiben. Klar wurde im Plädoyer auch, dass während der Zeit im Untergrund keinesfalls jeder für sich wirtschaftete, wie es Zschäpe selbst in ihrer Aussage behauptet hatte. „Stattdessen kümmerte sich jeder um seine Aufgabe“ – im Dienste des terroristischen Kampfes.
„Die Ankläger gehen dieser Erzählung des harmlosen Neonazi-Anhängsels nicht auf den Leim“, analysiert auch Konrad Litschko von der taz. Der Vortrag habe dennoch etwas Befremdliches: „Wie die Bundesanwaltschaft gleichzeitig ihren Drang nach einem Schlussstrich artikuliert.“ Es habe keine anderen Mitglieder der Terrorgruppe gegeben, strafrechtliche Fehler staatlicher Behörden ebenso wenig. Eigentlich aber gelte, „dass wir immer noch nur einen Teil der Wahrheit über den NSU-Terror kennen – wahrscheinlich auch nur einen Teil der Helfer und Mittäter“.
Eine weitere Beschreibung des Prozesstags liefert Julia Jüttner auf Spiegel Online.
Mit dem Prozess im Allgemeinen beschäftigt sich Evelyn Peternel vom österreichischen Kurier. Sie stellt fest, dass das Interesse an dem Verfahren mit der Zeit stark abgeebbt sei. „Denn die meisten Fragen, die sich nach der Enttarnung des Trios im Jahr 2011 stellten, wurden im Laufe des Prozesses gar nicht behandelt.“ Unklar sei noch, ob das Urteil politische Folgen haben werde.
Das nächste Medienlog erscheint am Freitag, 28. Juli 2017.